Vergangene Woche ging es auf diesem Platz bereits um Fit- und Fat-Shaming aus weiblicher Perspektive. Freitag-Redakteurin Juliane Löffler hatte da aber bereits kurz angedeutet: Nicht nur Frauen, auch Männer werden täglich mit übersteigerten Körperidealen konfrontiert. Das betrifft selbstverständlich die In-acht-Wochen-zum-Sixpack-Männermagazine, geht aber weit darüber hinaus. Ich weiß, wovon ich spreche. Ich versuche seit Monaten abzunehmen, weil ich wie viele Frauen ständig mit meinem Nicht-Normgewicht konfrontiert werde. Ja, in den Medien, der Werbung und so weiter. Dabei dachte ich, ich hätte mit dem Ende meiner Jugend-Leistungssportzeit als 800-Meter-Läufer diese ganze Körperfettmessungstortur für immer hinter mir gelassen. Von wegen!
Ich habe inzwischen nahezu alles ausprobiert, vom Kalorienzählen über Joggingeinheiten vor dem Frühstück bis zu ermüdenden Saunagängen – von denen sich der abnehmende Mann besser fernzuhalten hat, da die FKK-Zone dem Fat-Shaming Tür und Tor öffnet. Es reichen da ein paar gezielte Blicke der anderen Saunagänger.
Die amerikanische Dating-App OkCupid hat im Profilfragebogen folgenden, für Männer wie Frauen zu beantwortenden Punkt zugelassen: „Wenn ein möglicher Partner übergewichtig wäre, wäre das ein No-Go?“ Antwortmöglichkeit A: „Ja, auch wenn sie oder er ein bisschen kräftiger wäre.“ Fast alle Frauen geben Antwort A an, manche auch Antwort B: „Ja, aber nur wenn sie oder er richtig fett wäre.“ Antwort D, „Nein, ich mag eigentlich stattliche Menschen lieber“, könnte ebenso gut ganz gestrichen werden. Von 100 zufällig angeklickten Profilen hat keine einzige Frau Antwort D eine Chance gegeben.
Eine Reaktion darauf ist, dass es mittlerweile eine große, auch in Deutschland florierende Fitness-Modelszene auf Youtube gibt. Da werden Body-Tipps gegeben und Stars wie Flavio Simonetti massieren die geschundene Männerseele. Er selbst nennt sich „Retter der Dünnen“, also quasi Retter für jene, die es mit dem Abnehmen übertrieben haben. Aber es ist schon klar, was er meint, denn „Retter der Dünnen“ könnte sich ja auch jede Pommesbude aufs fettige Schild schreiben.
Oberkörperfrei verkündet Simonetti da das Selbstoptimierungsmantra: „Als ich das erste Mal Gewichte hob, lachte mich jeder aus. Aber ich wusste: Irgendwann wird sich mein hartes Training auszahlen. Dafür muss ich stets mein Bestes geben. Jede Stunde. Jede Woche. Und jeden Monat. Willst Du mehr? Es liegt an dir. Bist du bereit? Heute ist dein Moment. Deine Chance. Deine Möglichkeit. Las’ dich nicht unterkriegen, von niemand! Wenn dein Körper aufgibt: Schrei lauter!“ Das ist Fit- und Fat-Shaming in einem. Wer sich als Mann nur eine Stunde auf den Fitnessseiten von Youtube rumtreibt, mag danach nie wieder einen Schokoriegel essen. Denn man kriegt es ja nicht so ohne Weiteres aus dem Kopf: Bei OkCupid droht immer Antwort A.
Kommentare 22
tja, also was ist jetzt die botschaft des artikels?
ist der autor ungesund neidisch auf die waschbrettbäuche?
klar, jeder hätte gerne einen, aber die meisten männer die keinen haben respektieren und bewundern die harte arbeit die dahinter steckt ohne sich selbst schlecht zu fühlen.
will der autor denen einreden dass man sich doch schlecht fühlen sollte? oder ist die strategie den waschbrettbauch zugunsten des waschbärbauchs kaputtzureden?
hm, seltsam.....
Ja, richtig, Männer leiden unter sehr ähnlichen Anforderungen. Bei der Partnerwahl ist es aber natürlich so ein Gegenseitig-Ding. Genug dicke Männer und Frauen gäbe es ja.
"Ich habe inzwischen nahezu alles ausprobiert"
Mein Trick, faktisch ohne große Selbstkasteiung abzunehmen: ich esse an Arbeitstagen kein Frühstück und kein Mittagessen. Stattdessen trinke ich die ganze Zeit zuckerfreien (aber Süßstoff-gesüssten) Tee und Kaffe und immer wenn ich gegen Mittag Hunger bekomme, mache ich einen straffen langen Spaziergang. Die Fettverbrennung schaltet sich an und der Hunger verschwindet für den Rest des Tages.
Abends esse ich trotzdem, sonst schaltet der Körper in den Hungermodus und man nimmt so gut wie gar nicht mehr ab. Außerdem braucht man den Genuss als Kompensation für den Arbeitsstress. Am besten man kocht selbst was. Es sollte einem wirklich schmecken, aber maßvoll sein. IdR kommt nach einigen Tagen auch das Sattheitsgefühl nach dem Essen wieder, welches viele Menschen verloren haben. Sollte sich eine Fressattacke ankündigen, helfen einige Gläser fettarme (1,5-er) Milch. Die machen umgehend sehr satt, dämpfen den Appetit und bei Ausscheiden des Calciums wird wohl auch Fett abgebaut.
Hat bei mir bisher immer geholfen. Geht aber nur wenn man abgelenkt ist. Wenn ich einen Tag zu Hause bei den Kindern bin, in der Nähe des Kühlschrankes, mit nervenden Tätigkeiten usw. esse ich auch mehr als ich sollte. Reine Frustkompensation aus der man aus eigener Kraft auch nicht rauskommt. Auch wenn andere einen bekochen, kann das problematisch sein.
Sport hilft hingegen wenig. Da müsste man viel mehr machen, als man als Arbeitstätiger Freizeit hat und wenn es Überwindung kostet, ist er sogar zusätzlicher Demotivator.
"klar, jeder hätte gerne einen, aber die meisten männer die keinen haben respektieren und bewundern die harte arbeit die dahinter steckt ohne sich selbst schlecht zu fühlen."
Die sind zu beneiden. Und wahrscheinlich auch gerade nicht auf Partnersuche. Die Männer die ich kenne, sind idR recht unzufrieden mit ihren Plautzen. Muss ja kein Waschbrettbauch sein, aber wenn das Hemd sich unangenehm wölbt, fühlen sich viele auch nicht mehr wohl. Hat auch nicht jeder nur Bauschspeck, es gibt auch bei Männern eine Pummelvariante.
nun, sicher tendieren menschen in festen partnerschaften eher dazu bei sich selbst fünf gerade sein zu lassen. aber nicht nur dass es in diesem artikel um diese besonderheit nun nicht zu gehen scheint, bzgl. dem ungesunden neid von dem ich spreche spielt es auch keine rolle.
wenn es waschbrettbäuche umsonst gäbe würde jeder einen nehmen, klar. aber da dem so nicht ist, wägen auch singlemänner ab ob es ihnen die mühe wert ist einen zu haben, viele beantworten dies für sich mit "nein". (wie so viele dinge die man gerne können/haben würde wenn die arbeit dahinter nicht wär, denken sie an ein instrument spielen können)
die frage ist ob man wie es der autor andeutet die waschbrett bäuche kaputtreden muss (selbstoptimierungswahn) damit man sich nicht schlechter bzw. weniger attraktiv fühlt (was man de facto ist) ? oder ob man auch als singlemann respektvoll die arbeit dahinter bewundern kann? wenn die "konkurenz" klavier spielen kann und jemand aufs üben keine lust/zeit hat muss dies nicht schlechtreden oder die männer/frauen die dies schätzen verurteilen......
„Nein, ich mag eigentlich stattliche Menschen lieber“
Stattlich zu sein heißt, einen großen, massigen und vor allem kräftigen Körperbau zu haben.
Heißt, der größte Teil des Volumens besteht aus Muskelmasse, von gesunden Fettpolstern überlagert. Stattliche Menschen sind zwar nicht so drahtig wie Hungerhaken, aber sie sind nicht fett.
In seinen besseren Zeiten war Gerard Depardieu ein Beispiel für Stattlichkeit. Seit einigen Jahren ist er aber auch nur noch fett.
Danke, dass Sie erwähnen, dass "nichts essen" kontraproduktiv wirkt, weil der Körper dann den Stoffwechsel auf Sparflamme runterfährt.
Kürzlich habe ich erfahren, dass es zum Beispiel hilfreich sein kann, ab und zu einen "Fastentag" einzulegen, jedoch am nächsten Tag wieder "normal" zu essen, damit die Verbrennungskurve nicht absinkt.
Milch kann ich leider nicht trinken, aber ein Glas Wasser hilft manchmal auch über eine Ess-Attacke :-)
Als Frau in der Jojo-Falle kann ich leider überhaupt keine nützlichen Tipps geben. Außer: Früher, als ich jünger war, war das alles einfacher...
"die frage ist ob man wie es der autor andeutet die waschbrett bäuche kaputtreden muss (selbstoptimierungswahn) damit man sich nicht schlechter bzw. weniger attraktiv fühlt (was man de facto ist) ? oder ob man auch als singlemann respektvoll die arbeit dahinter bewundern kann?"
Ach so hast du das gemeint. Ja, klar, kann man. Waschbrettbäuche sind ja auch bei trainierten schlanken Männern eher die Ausnahme.
"Danke, dass Sie erwähnen, dass "nichts essen" kontraproduktiv wirkt, weil der Körper dann den Stoffwechsel auf Sparflamme runterfährt."
Ja. Meines Erachtens führt das auch zu extrem eingeschränkter Leistungsfähigkeit, man wird schlapp, unkonzentriert und schlecht gelaunt. Das gilt es unbedingt zu vermeiden.
Ich habe eine ganze Weile herumexperimentiert, bis ich diesen Weg hatte. Im Prinzip muss man sich selbst austricksen. Sobald Abnehmen viel Überwindung kostet, ist absehbar, dass man es nicht durchhält und auch das gewünschte Gewicht nicht lange hält.
"Kürzlich habe ich erfahren, dass es zum Beispiel hilfreich sein kann, ab und zu einen "Fastentag" einzulegen, jedoch am nächsten Tag wieder "normal" zu essen, damit die Verbrennungskurve nicht absinkt."
Ja, habe ich auch schon gelesen. Ist ja so ähnlich wie ich es mache, nur halt tageweise. Der Magen schrumpft m.E. auch, man fühlt sich schneller satt und das Esserlebnis steigt. Nichts schmeckt so gut, wie die erste Mahlzeit nach einer Fastenpause :-)
"Milch kann ich leider nicht trinken, aber ein Glas Wasser hilft manchmal auch über eine Ess-Attacke"
Verträgst du sie nicht? Milch wirkt m.E. viel intensiver und länger. Keine Ahnung warum, vielleicht die fein verteilten Fetteinschlüsse oder irgendwelche Hormone. Ich trinke die immer, wenn ich Heißhunger auf Schokolade bekomme und eigentlich satt bin. Komischerweise verschwindet die Lust darauf dann fast komplett, was bei Wasser eher nicht der Fall ist. Ein echter Appetithemmer.
Vielleicht wirkt Sojamilch ja ähnlich?
nicht dass in zukunft auch noch männer auf die hirnverbrannte idee kommen sich aufgrund der waschbrettbäuchigen cover-und werbefiguren der fitnessmagazine/-produkte schlecht zu fühlen und auf die barrikaden zu gehen....
http://www.theguardian.com/media/2015/apr/27/mass-demonstration-planned-over-beach-body-ready-tube-advert
Für mich ist das in erster Linie ein Anspruchproblem. Ich will eine schlanke attraktive Frau, also muss ich auch entsprechendes bieten oder meinen Anspruch halt mindern.
Klar, wohl jeder wäre froh, so auszusehen wie auf den Plakaten. Fast niemand kann das. Ich denke die meisten arrangieren sich irgendwie mit ihren Schwächen.
Die Plakate sehen ja auch nicht so aus, weil uns die Industrie quälen will, sie verstärkt lediglich konsumwirksam den Wunsch, den die Leute ohnehin mit sich herumtragen.
vielleicht ist es diese formulierung was diese sonderliche diskussion umtreibt.
kein instrument spielen können oder keinen waschbrettbauch haben ist keine schwäche, auf der attraktivitätsskala aber ein pluspunkt den sich manche, wenn auch gerade bei musik nicht nur, eben erarbeitet haben, andere eben nicht.
diese pluspunkte muss man nicht überbewerten, es gibt auch noch andere, sie aber schlecht zu reden zeugt von niedriger charakterstärke.....
>>...waschbrettbäuche...<<
Früher mal war so Waschbrettbauch sicher nützlich, wenn grade kein Waschbrett zu Hand war.
Aber heute gibts ja Waschmaschinen...
den witz hat man ja seit ewigkeiten nicht mehr gehört. jetzt noch einen mit "sixpack" und der tag hat kontur....
|| Wer sich als Mann nur eine Stunde auf den Fitnessseiten von Youtube rumtreibt, mag danach nie wieder einen Schokoriegel essen. ||
Och, doch. Einer ist keiner, zwei sind drei. So irgendwie.
Ja, Sojamilch oder auch Hafer- oder Reismilch wirken ganz gut, leider schmeckt mir das nur leicht gesüsst, also mit Honig oder Vanille, und da ist er wieder, der Zucker...
Von 100 zufällig angeklickten Profilen hat keine einzige Frau Antwort D eine Chance gegeben.
Angeklickt auf einer Dating-App. Da haben wir den Salat. Ich habe keine Gewichtsprobleme, weiß nicht, was eine App ist, und bin auf keine Seitensprünge aus.
Also ich vermute ja, mit oder ohne den neuesten Stand der Kommunikationstechnik rudert der größere Teil der Menschheit dauerhaft aneinander vorbei. Also, beziehungstechnisch, meine ich.
Und das Gegenteil davon möchte ich mir auch gar nicht vorstellen.
Ja, versteh ich. Ich bin da wenig sensibel, ich nehme die Aldi-Süßstoff-Variante ala Saccharin. Bin mir aber bewusst, dass die ideologisch verteufelt wird und wissenschaftlich umstritten ist.
Ich bin da, na ja, fatalistisch, ist wohl das richtige Wort.
:-) Noch leben wir ja... :-(
Ich habe auch Stevia als kleine Tabletten, die zerdrücke ich und gebe sie zur Sojamilch oder zu Puddings etc. und dann noch einen "Hauch" braunen Zucker dazu, für den Geschmack.
Aber bei Stevia kann mensch aufgrund der teilweise sythetischen Herstellung oder des Extaktionsverfahrens auch nicht 100%ig sicher sein... Das Leben als Nahrungsaufnehmende/r wird immer mehr zu einem Glücksspiel :o
Geht mir genau so. Der Beitrag erschließt sich mir in seiner vollen Schönheit noch weniger, als der Löfflertext.
Sicher ein Problem der Rezeption, meiner Rezeption, klar. Also irgend wie hat er im Netz YouTube-Videos gesehen und festgestellt, dass auf Dating-Portalen die Schlanken angesagter sind?
Wirklich sehr seltsam
:-)
"Aber bei Stevia kann mensch aufgrund der teilweise sythetischen Herstellung oder des Extaktionsverfahrens auch nicht 100%ig sicher sein... Das Leben als Nahrungsaufnehmende/r wird immer mehr zu einem Glücksspiel"
Zumindest empfindet man es so. In Wirklichkeit war es (zumindest für bewusste Esser, die Fast Food meiden) wahrscheinlich nie sicherer.
Ich denke der Körper hat erstaunliche Fähigkeiten was die Entgiftung kleinerer Mengen Fremdsubstanzen angeht, da ist der moderne Mensch, mit seinem fundiertem Halbwissen, übervorsichtig.
Und der Körper ist sehr anpassungsfähig, wie die Darmforschung gerade herausfindet. Sonst würden wir alle längst nicht mehr leben. Wir wissen ja auch nicht wirklich was z.B. in einem Apfel drin ist, was gibt ihm z.B. das sortentypische Aroma, was sorgt für die entsprechende Farbe und Konsistenz? Alles verschiedene Proteine und Chemikaliencocktails, basierend auf Mutationen und Einkreuzungen, und es gibt hunderte Sorten Obst und Gemüse. Trotzdem halten wir es für gesund (wofür es meines Wissens übrigens keine sehr stichhaltigen Studien gibt).
Hallo Rupert,
musste das dann sein: den Rechtschreibfehler auch noch fett? ;-)
Aber danke für die ausführliche Antwort.
Jedenfalls werde ich heute abend die Abermillionen von emsigen und großartigen Bakterien und Bewohner meiner Darmflora in ein inbrünstiges Abendgebet einschließen :-)