Liebe Gartenfreunde,
das gehört jetzt nicht hierher, aber 1968 hat der Songwriter Jimmy Webb für den Country-Sänger Glen Campbell die Ballade vom „Wichita Lineman“ geschrieben. Schönes Stück. Es erzählt von der Einsamkeit des Streckengehers einer Telefongesellschaft, der auf endlosen Wanderungen die Überlandleitungen entlangläuft. Im Summen der Drähte über ihm hört er die Stimme seiner fernen Liebsten. Und er macht sich Sorgen über das Wetter: „And if it snows that stretch down south won’t ever stand the strain ...“
Und wie es geschneit hat! In Berlin, wie seit Jahren nicht mehr. Ich kehrte am vergangenen Wochenende aus den Feiertagen zurück und erblickte meinen Garten mit Schrecken. Kirschlorbeer und Rhododendren trugen schwer an der Schneelast, niedergedrückt und jämmerlich verkrümmt. Ich wagte kaum, ihnen den Schnee aus dem Geäst zu schütteln, da der Frost die Äste spröde gemacht hatte wie Glas und ich nicht das Wachstum von Monaten und Jahren mit einer ungeschickten Bewegung vernichten wollte. Am schlimmsten aber hat es die Hortensien erwischt. Sieben herrliche Sträucher hatte ich im Herbst gepflanzt, in einer Reihe die Mauer entlang. Nun sind die einen gespalten, die anderen zerquetscht.
Hydrangeae sind bezaubernde Pflanzen von überaus großer Vielfalt. Ich kenne überhaupt nur eine andere Pflanze, die ähnlich reich und lebhaft ist: Das Geranium, das wir hier Storchschnabel nennen. Ich schwöre Ihnen: Wenn Sie nur zwei Pflanzen in Ihrem Garten setzen dürften, dann könnten Sie mit Hortensien und Geranium allein jeden Standort besetzen, jede Anforderung erfüllen und überall die beeindruckendste Wirkung hervorrufen.
Immer die gleichen Bau- und Gartenmarktvarianten
Es zeugt vom mehr oder weniger erbärmlichen Zustand der deutschen Gartenkultur, dass man es bei den Hortensien hierzulande fast ausschließlich mit Varietäten der Sorte macrophylla zu tun bekommt, der klassischen Gartenhortensie also. Und wenn auch diese Sorte selbst an Verschiedenheiten so viel Auswahl bieten mag wie eine ganze Pflanzenfamilie, so greift doch der deutsche Gärtner viel zu oft auf die immer gleichen Bau- und Gartenmarktvarianten Moritzburg, Schneeball, Early Blue oder Annabelle zurück. Warum nur? Es ist ja bezeichnend, dass bei der internationalen Hortensienkonferenz, die im Sommer 2007 im belgischen Gent stattfand, der deutsche Beitrag bescheiden war, um es höflich zu formulieren. Ein Vortrag über Topfpflanzen, das war es schon. Den Rest besorgten die Experten aus Belgien, Holland, England und Amerika. Und auch ich als einigermaßen kundiger Hobbygärtner kenne zwar herausragende Bezugsquellen für Rosen, Zwiebelpflanzen und Stauden aller Art – die ich auf Anfrage gerne weiterempfehle. Aber wo man sich die wunderbaren Hortensien der angelsächsischen Gartenkunst verschaffen kann, ist mir unbekannt.
Ich nenne ein paar Beispiele, die deutschen Namen kenne ich selbst nicht: Dwarf Groundcover Lacecap, eine kleinere, ursprünglich in Südkorea beheimatete Sorte mit fröhlichen rosa Blüten und eigentümlich rostbraunen Blättern. Gentian Dome Mophead, ausdrucksstark, geprägt von einem kräftigen Kontrast der dunkelgrünen Blätter und dem Blau der Blüte. Frillibet Mophead Hydrangea, bezaubernd, die einzelnen Blütenköpfe leuchten wie lauter kleine lila-grüne Sterne. Oder die ehrliche Haworth-Booth Mophead mit kräftig-grünen, gesund-geäderten Blättern und zurückhaltenden, zart lilafarbenen Blüten. Man fand diese Sorte übrigens nach dem Tod im Garten des überaus bedeutenden Züchters und Forschers Michael Haworth-Booth. Sie war bis dahin unbekannt und trug weder Kennzeichnung noch Namen. Also gab man ihr einfach seinen.
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