Wie baut man einen Apfelbaumbogen?

Koch oder Gärtner Der Gärtner kennt das Lied vom schmerzenden Knochen. Doch weil er so wunderbar ist, soll im Herbst ein selbst gefertigter L-förmiger Apfelbaumbogen über der Tür prangen

Liebe Gartenfreunde, heute zum Thema Handwerk, Unterabteilung Spalierbau. Ein spannendes Feld mit vielfältigen Möglichkeiten der Gestaltung und der Verletzung. Fangen wir mit der Verletzung an. Im Garten lernen Sie nicht nur alles Mögliche über Pflanzen und ihr Wachstum, sondern auch über Ihren eigenen Körper und seine Grenzen. Das gilt natürlich ohnehin für Ihr Herz-Kreislauf-System, das sich beim Laubharken oder Rasenmähen bemerkbar macht, oder für Ihren Rücken, der sich nach intensiven Pflanz- oder Jähtarbeiten meldet.

Aber das gilt in besonderer Weise auch für Teile Ihres Körpers, von deren Existenz Sie bislang gar keine Ahnung hatten. Als treue Leser dieser Zeilen wissen Sie, welche Schäden ein Handbeil der Marke Gränsfors am musculus vastus lateralis kurz oberhalb des Knies anrichten kann. Heuer kann ich von den Konsequenzen berichten, die heftige Schläge mit einem Zimmermannshammer von Obi für den os metacarpale secundum haben, also den zweiten Mittelhandknochen: sehr schmerzhaft, womöglich bleibende Schäden, dringend davon abzuraten.

Solche Verletzungen fügt man sich am besten zu, indem man – wie der bedauernswerte Gärtner – mit Hammer und Meißel versucht, den Beton zwischen Gehwegplatten wegzuschlagen, um ein kleines Beet anzulegen. Ich habe das am vergangenen Wochenende an zwei Stellen meiner Terrasse gemacht und dort zwei junge Apfelbäume gepflanzt, rechts und links der Terrassentür. Die Idee ist, die Bäume am Spalier zunächst in die Höhe zu ziehen und dann über der Tür zusammenzuführen: ein Apfelbaumbogen soll so entstehen, durch den man den Garten betritt. Es versteht sich von selbst, dass das vor allem im Spätsommer und im Herbst eine große Freude sein wird.

Spalier aus Draht

Spalierobst ist eine tolle Sache. Offenbar eignen sich Äpfel besonders gut dafür, weil sie den Beschnitt klaglos ertragen. Ich habe in den Weinbaugebieten Süddeutschlands ganze Hecken gesehen, die aus Spalieräpfeln gezogen waren. Das sieht sehr hübsch aus. Und es erfordert Geduld und Pflege.

Das Spalier selber werde ich aus gespanntem Draht fertigen. Man kann Bausätze bestellen, die bereits für die gewünschte Form berechnet sind. Ich habe also zwei mal 25 Meter Drahtseil, 13 Kreuzhalter mit Dübel, zwei Schraubkreuze und zwölf Endhülsen bestellt. Keine Ahnung, wofür man die Hülsen braucht. Das ganze wird L-förmig sein, mit einer Höhe von 3,2 und einer Breite von 3 Metern. Es wird sicher keine Kleinigkeit sein, die Bohrlöcher so regelmäßig zu setzen, dass es nachher keine Asymmetrien gibt. Im Bausatz ist das nicht vorgesehen, aber meiner Erfahrung nach empfiehlt es sich, die Seile mit Schraubspannern unter Zug zu setzen, wie man sie auch auf dem Segelboot für die Wanten benutzt.

Dann muss ich nur noch die Bäumchen einflechten und warten. Es handelt sich übrigens um die Sorten James Grieve und Rubinette. Grieve ist eine schottische Sorte aus dem neunzehnten Jahrhundert und trägt rotgemusterte, frisch-säuerliche Äpfel, die manchmal stippig sind. Schönes Wort. War mir neu. Stippen sind kleine braune Punkte auf der Apfelhaut, die auf Kalziummangel hinweisen. Rubinette ist eine Freie Abblüte. Auch das ein schönes Wort: Freie Abblüten sind Zufallskinder zweier Sorten, hier aus Golden Delicious und Cox Orange. Mit ihren kleinen Früchten ist Rubinette ein ideales Spalierobst. Ich hoffe, dass auch James Grieve mich nicht enttäuscht, der einen langsamen Wuchs haben soll. Aber ich lese eben über diesen Baum noch diesen Satz: „Der Ertrag ist reich und regelmäßig“. Das ist ein Satz voll warmer Ruhe, die sich ein bisschen wie Glück anfühlt.

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Geschrieben von

Jakob Augstein

Journalist und Gärtner in Berlin

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