Die Kanzlerin setzt künftig "auf den Erfindungsgeist von Menschen"

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Zur Regierungserklärung von Angela Merkel

Da haben wir ja noch einmal Glück gehabt, daß die Kanzlerin auch zukünftig auf den Erfindungsgeist von uns Erdlingen vertrauen will und nicht etwa auf die Einfälle einer noch unbekannten Spezies Aliens, der die Green Card für Deutschland schmackhaft gemacht werden könnte. Obwohl mich beim Hören der Regierungserklärung immer wieder das Gefühl beschleichen sollte, sie hätten schon Einzug gehalten, die grüngesichtigen Gnome aus einer entfernten Galaxis, und trieben nun im Hohen Hause ihren Schabernack, hinter den Kulissen ...

Die Kanzlerin hatte zu Beginn ihrer Rede eine "schonungslose Analyse unserer Lage" versprochen, um anschließend zu den Konsequenzen zu gelangen, die "Aufgaben beim Namen (zu) nennen", wie sie blumig zu formulieren wußte, was im Saale Heiterkeit auslöste. Die Analyse blieb sie indes schuldig, bis zuletzt, schwadronierte dafür über die langfristigen Weichenstellungen und kurzfristigen Ansätze zur Krisenbewältigung der neuen "Koalition der Mitte", eine Wortschöpfung, in die sie sich offenbar verliebt hatte.

"Weltweit werden die Karten neu gemischt", stellte Frau Merkel klar, und Deutschland stehe vor der größten Bewährungsprobe wie seit der deutschen Einheit nicht mehr. Wenn es um die Ressourcen der Erde, Know How, erstklassiges Wissenschaftspersonal gehe, müsse Deutschland ganz vorn mitmischen und seine Interessen wahren. "In unserem Land steckt viel", äußerte die omnipotente Regierungschefin sodann in Bezug auf gut ausgebildete Arbeitnehmer und die Innovativkraft von Wissenschaft und Wirtschaft, und "die Bundesrepublik muß alle Arbeitsplätze in Deutschland im Blick haben." Aber was das im Einzelnen bedeuten mag, folgte nur wenige Sätze später: befristete Arbeitsverhältnisse sollen erleichtert, "Beschäftigungsbremsen" gelöst, Instrumente und Programme der Arbeitsagenturen auf Wesentliches reduziert werden. Flächendeckende Mindestlöhne sieht auch die neue Bundesregierung nicht vor, will jedoch sittenwidrige Löhne verbieten. Und die einzuziehende kapitalgedeckte Säule der Pflegeversicherung, die, so die Kanzlerin, den Kreislauf ungerechter Belastung jeweils nachfolgender Generationen durchbrechen soll, werde im Endeffekt ein Mehr an Solidarität zeitigen, statt weniger. Davon, daß der Arbeitnehmer dafür z.B. allein aufkommen muß, war nicht die Rede.

Verschwommen wirkte das Regierungskonzept namens "Wachstumsbeschleunigungsgesetz", auf das die Kanzlerin danach zu sprechen kommen sollte. Man wolle "neues und stärkeres Wachstum" schaffen, aber für einen Erfolg dieses Weges gäbe es keine Garantie. Der Mittelstand solle gefördert und der Bankensektor auf seine "im Kern dienende Funktion" in Bezug auf die Wirtschaft eingeschworen werden. Das löste abermals Heiterkeit in den Reihen der Opposition aus, wie auch das bonmot von der Steuerpolitik, die als Gesellschaftspolitik zu betrachten sei. Denn man wolle das Steuerrecht nunmehr endlich vereinfachen, und sie warb dafür mit dem Slogan "Einfach, niedrig und gerecht."

Zur Klima- und Umweltpolitik war zu hören, daß man "den Weg in das regenerative Energiezeitalter gemeinsam gehen" wolle, und dann folgte die nur wenig innovative Aufzählung der Komponenten des Energiemixes - AKW seien für eine Übergangszeit noch unverzichtbar, ebenso Braunkohlenkraftwerke, und dies, obwohl das Energieangebot derweil so verdichtet ist, daß Windkraftanlagen immer wieder abgeschaltet werden. Die Kobolde aus dem All haben in den Hinterzimmern der Ministerien und des Bundeskanzleramts also offenbar schon kräftig mitgemischt ...

"Jeder kann Deutschland besser machen" schloß die Kanzlerin "das schließt die Opposition mit ein."

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Geschrieben von

jayne

beobachterin des (medien-) alltags

jayne

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