Große Wäsche und die Kategorien Krieges

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Die Erinnerung an Vormittage im Waschhaus, wenn die Weißwäsche im Kessel kochte, es ans Spülen ging - die Holzwanne, in der wir sommers gelegentlich auch im Freien badeten, wurde per Schlauch mit Wasser befüllt, doch was ich dabei im Auge hatte, waren die hellen und die dunklen Flächen auf dem Estrich, die abwechselnd wuchsen, weniger wurden ...

Den hellen Stellen galt die kindliche Sympathie, denn das waren die trockenen, die sich gegen Ende des Waschtags allmählich ausweiteten, miteinander verbanden - das Kind nannte sie "die befreiten Gebiete", war voller Freude, wenn es mehr wurden. Es dachte an "Befreiungskampf", Kampf gegen Kolonisatoren, etwas, das es beim Radiohören aufgeschnappt haben mochte, oder den Losungen abgelauscht, auf Transparenten an der Straße gelesen ...

Die Kategorien des Kriegs waren ihm, waren uns allgegenwärtig und vertraut, wir dachten in ihnen. Unsere Spiele waren geprägt vom Denken in diesen Kategorien - unsere Spiele, obgleich Friedenskinder wir, in einen Frieden hinein geboren, der eher ein Nichtkrieg, sekundiert von Detonationen aus dem Äther -

Und gegenwärtig die Erzählungen Kriegs, Weltkrieg I und II, und die diverser anderer Kriege, die diesen vorangegangen oder gefolgt, Korea, Kuba, Vietnam ... und der Wortbesatz davon geprägt - ja, wir waren besessen von Worten, von Anfang an, die den Kategorien des Kriegs verpflichtet.

Und dieser Wortbesatz erschien uns im Anfang, im allmählichen Begreifen so kryptisch wie die auf uns überkommenen Mauerinschriften und Ruinen, Rudimente einer Vorzeit, von der wir uns kaum einen Begriff machen konnten, von der Bestimmung des einen oder anderen Gebäudes, in dessen Traufe nun Birken wuchsen, sich Gräser festgesetzt und das aus leeren Fensterhöhlen starrte ...

Das Schweigen der Erwachsenen, nach ihrer Bestimmung gefragt, mochte bedeuten: daß da keine erinnerlich ... Den Kategorien des Kriegs entsprachen die des Friedens: man mußte wachsam sein, gewappnet ...

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

jayne

beobachterin des (medien-) alltags

jayne

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden