Diese Worte, die an eine Symbolfigur der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung erinnerten, sollten am Nachmittag des 16. Juni den Auftakt zu einer Kundgebung vor dem Sächsischen Landtag in Dresden bilden, zu der das überparteiliche "Aktionsbündnis Mehr Wert Sachsen" aufgerufen hatte. Ein Bündnis, dem neben DGB, zahlreichen Einzelgewerkschaften und sozialen Initiativen auch SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen angehören. Auslöser ist das von der sächsischen Koalitionsregierung ausgearbeitete Haushaltskonsolidierungskonzept, das rigide Kürzungen vor allem bei den Ausgaben für Soziales vorsieht.
Etwa 10.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten sich auf dem Platz vor dem Landtag versammelt, nachdem sie vorher in einem Sternmarsch durch die Stadt gezogen waren. Studierende, Angestellte, Gewerkschafter, Sozialarbeiterinnen ... aus ganz Sachsen waren dem Aufruf des Bündnisses gefolgt. Vor allem junge Leute dominierten das Gelände, saßen zum Teil auf dem Rasen, und man konnte ob der gelösten Stimmung und Buntheit den Eindruck gewinnen, ein kleines Woodstock-Revival zu erleben.
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Und tatsächlich ging es gestern unter dem Veranstaltungsmotto "Wir sind mehr Wert! Wer heute kürzt, zahlt morgen drauf!" um nichts Geringeres als die Wahrung der Bürgerrechte, die nur dann wirklich zum Tragen kommen, wenn sie auch mit sozialer Gerechtigkeit verbunden sind, der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, an Bildung und Kultur, unabhängig vom Geldbeutel. Doch wie die schwarz-gelbe Koalition auf Bundesebene hat auch die gleichgeartete Regierungskoalition in Sachsen ein Sparpaket verabschiedet, das verheerende Auswirkungen insbesondere im Sozialbereich zeitigen dürfte.
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Das gerade erst eingeführte kostenfreie Vorschuljahr wird wieder abgeschafft, der Schulbau nahezu halbiert und die Zahl der Lehrerinnen und Lehrer weiter reduziert. Das Kulturraumgesetz wird durch zusätzliche Finanzverpflichtungen unterlaufen, das Landeserziehungsgeld abgesenkt. In den Verwaltungen wird weiterer Personalabbau betrieben, u.a. sollen in den nächsten Jahren auch 3.200 Stellen in der Polizeistruktur wegfallen
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Den Kommunen stehen in den beiden nächsten Jahren insgesamt über 600 Millionen Euro weniger investive Zuweisungen zur Verfügung, die zusammen mit Eigenmitteln und so nutzbaren Förderprogrammen Investitionen in Höhe von über anderthalb Milliarden Euro ermöglicht hätten. Deren Wegfall führt zur kommunalen Investitionsbremse mit verheerenden Auswirkungen auf die regionale Wirtschaft. Eine weitere Belastung der kommunalen Ebene ergibt sich aus der 7,5-prozentigen Absenkung der Zuschüsse für die regionalen Zweckverbände, die den öffentlichen Personennahverkehr im Freistaat sichern.
Während im Landtag die Abgeordneten ihre reguläre Sitzung abhielten, zu der zu später Stunde auch eine von der Partei Die Linke beantragte Aktuelle Debatte zum Sparpaket stattfinden sollte, machten die Versammelten auf dem Platz unmißverständlich klar, daß sie sich gegen diese Kürzungsvorhaben an falscher Stelle zur Wehr setzen werden und versprachen einen heißen Herbst.
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Auf das seit Anfang des Jahres vor dem Landtag plazierte Transparent mit der Aussage "Hier bestimmen Sie" bezogen, rief Christian Schönfeld, Direktor der Diakonie Sachsen "Wer hier bestimmt, das sind die Besitzstandswahrer!" Mehrere Redner mahnten an, daß vor Kürzungen auf die Einnahmeseite geblickt und jene zur Kasse gebeten werden müßten, die von der Krise profitiert haben. Laut einer Pressemitteilung der Linksfraktion im Sächsischen Landtag heißt es dazu:
"Auf dieses Podium hätte eigentlich der Ministerpräsident gehört, um sich den Bürgern zu stellen! Und was die FDP angeht: Wenn Herr Zastrow deshalb nicht vor den Landtag kommt, weil er meint, da draußen stünden alles Leute, die ausgeben wollen, aber nichts erwirtschaften, ist das ein unverschämter Umgang mit Menschen, die gesellschaftlich wertvolle Arbeit leisten."
Kommentare 9
Danke für deinen Bericht.
"Der FDP-Politiker Holger Zastrow weigerte sich, vor die Versammelten zu treten, denn da draußen stünden alles Leute, die ausgeben wollen, aber nichts erwirtschaften."
Es ist immer schrecklich schön, wenn Politiker ehrlich sind. Dieser Satz sagt doch alles über die herablassende Einstellung dieses Mannes gegenüber den Menschen, für die er arbeiten soll. Und für seinen Realitätsverlust. Ich warte immer noch auf eine politische Persönlichkeit, die den Mut hat offen und ehrlich zuzugeben, dass Vollbeschäftigung ein Märchen ist und wir die Not aber auch die Chance haben, Arbeit neu zu verteilen und zu einem Gut und nicht zu einem Muss zu machen.
Was mich am allermeisten ärgert, ist, dass ich glaube, dass sie es fast alle wissen. Wenn ich damit richtig liege, dann begeht die politische Klasse gerade vorsätzlichen Mord an der Gesellschaft.
@Jayne
Vielen Dank für Deinen Bericht.
Der Zastrow ist wirklich nicht mehr zu retten. Da seine Werbefirma die "Filmnächte am Elbufer" organisiert, kann ich da schon seit Jahren nicht mehr hingehen. Meine Art des stillen Protests ;-)
"... und versprachen einen heißen Herbst".
Dieses Versprechen höre ich schon gefühlt seit 15 Jahren. Meistens von irgendwelchen Gewerkschaftern, ohne das dieser heiße Herbst je stattfand. Bisher waren wir offensichtlich noch nicht arm genug in unserer Gesellschaft. Mal sehen ob dieser offene Klassenkampf von oben nach unten, den diese Regierung mit ihrem "Sparpaket" eröffnet hat, von denen die schon ganz unten, unten bzw. fast unten sind diesmal angenommen wird und zur Gegenwehr führt. Denn inzwischen geht es für viele Menschen bereits ans "Eingemachte" und die sich stetig weiter bereichernde Klasse und ihre Vertreter in der Politik geben das in einer zynischen Sprache zu Gehör, welche aber auch, schaut man zwischen die Zeilen, eine brutale Offenheit zeitigt, die sprachlos macht. Ich hoffe, es gibt diesmal eine wirkliche Gegenbewegung.
@KalleWirsch: "schrecklich schön" wenn politiker einmal ehrlich sind - zutreffend wie doppelbödig ...
@mahung: ich denke, daß das mit dem "heißen herbst" diesmal nicht nur heiße luft ist, denn es sind nun schon mehr leute aufgewacht, zu den zielen des bündnisses haben sich z.B. auch hochschuldirektoren bekannt, und auch mitarbeiterInnen der diakonie waren gestern dabei, das spektrum wirklich breiter als vor dem ...
@jayne
Danke für den Blog. Bei so viel Fußball-WM auch mal wieder was gegen die ungerechten Sparmaßnahmen :), freut mich besonders!
Das macht auch Mut, dass durchaus Bereitschaft für Demonstrationen da sind. ;)
Das Gleiche gilt für das was Du über den heissen Herbst schreibst.
Ich würde mich freuen, wenn die, die es betrifft, den Mut finden , zu zeigen, dass die nicht alles mit sich machen lassen.
Herzliche Grüße
rr
laut bündnis wird es weitere demos geben, nicht nur in dresden, und in anderen bundesländern beginnen sich die leute auch zu rühren ... herzlich jayne
Liebe jayne,
vielen Dank für den Bericht,
auch die Fotos geben die Stimmung gut wieder!
Ultimatum für Westerwelle
Warnungen schlug der Chef gern achtlos zur Seite. Bis hinein in dieses Jahr. Als längst feststand, dass die finanzielle Lage des Staates in der Krise eine umfangreiche Steuerreform nicht mehr zulassen würde, hatte Westerwelle ein neues Steuerreform-Konzept in Auftrag gegeben, mit dem er noch vor der Nordrhein-Westfalen-Wahl punkten wollte.
Noch ein Steuersenkungskonzept statt realitätsbezogener Abrüstung? Manchen gab es, der diesen Plan wenig hilfreich fand. Gehört wurde keiner.
Nun zur Schwäche der anderen: Sie beginnt an dem Tag des Wahlsieges im vergangenen September, dem Tag des großen Kofferpackens. „Belohnung abholen“ hieß das liberale Motto dieser Zeit, es wurden Ministerposten für Altgediente verteilt und solche für Staatssekretäre, die nie zuvor in ihrem Leben fachlich etwas mit dem zu tun hatten, was jetzt auf sie zukam. Ganze Heerscharen von Mitarbeitern aus der Parteizentrale und der Fraktionsführung zogen in Regierungsämter ein.
Nächstes Jahr stehen in nicht weniger als acht Bundesländern Wahlen an und keiner weiß, warum er sich noch für die FDP entscheiden sollte. Verzweiflung. Wut auf Westerwelle. Diesen Samstag will der Kreisverband Limburg-Weilburg beim hessischen Landesparteitag sogar einen Sonderparteitag im Herbst beantragen. Einziger Tagesordnungspunkt: die Abwahl des Vorsitzenden Guido Westerwelle.
Möglich, dass er diesen Antrag unterstützen wird, ließ der Hessen-Chef der FDP, Jörg-Uwe Hahn, die Spitze in Berlin zunächst wissen.
Und wie reagiert der darauf? Westerwelle lässt per „Bild“-Interview verbreiten, dass er gar nicht daran denke, sein Doppelamt im Außenministerium und an der Parteispitze aufzugeben. Sonst nichts. Verständnisloses Kopfschütteln bei den Parteioberen. Registriert der Mann, was da im Augenblick in seiner Partei abläuft?
Er wird verstehen müssen.
www.tagesspiegel.de/politik/ultimatum-fuer-westerwelle/1861962.html
Merkels Pannen-Maschinist
Die Realität sieht anders aus: Union und FDP verbindet allein der Streit, die Koalition ist in Umfragen im Sinkflug, Kanzlerin Angela Merkel so unbeliebt wie noch nie als Regierungschefin.
Naturgemäß trauen sich viele nur hinter vorgehaltener Hand zu lästern - dafür aber umso schärfer. "Pofallas Arroganz steht in umgekehrtem Verhältnis zu seiner Management-Fähigkeit", ätzt ein Unionsmann. Der Merkel-Vertraute führe sich bisweilen auf wie ein Nebenkanzler, sei fachlich nicht in die Details eingearbeitet, dazu schwierig im persönlichen Umgang.
Aus dem Rumpelstart ist längst Dauerzoff geworden. Von der Gesundheitsreform über die künftige Energiepolitik bis zu den Staatsfinanzen gibt es kein großes politisches Thema, das nicht für Ärger sorgt. Pofalla schafft es einfach nicht, möglichem Streit schon im Vorfeld hinter den Kulissen vorzubeugen.Dazu kommt, dass Pofalla anderen Ministern in herzlicher Abneigung verbunden ist, was dem Klima im Kabinett nicht unbedingt zuträglich ist. Mit Umweltminister Norbert Röttgen stritt er öffentlich über die Laufzeitverlängerungen der Atomkraftwerke. Mit Karl-Theodor zu Guttenberg geriet er jüngst während der Sparklausur aneinander, im Zusammenhang mit einem Gutachten zum Kunduz-Untersuchungsausschuss war gar von einer angeblichen Kanzleramts-Intrige gegen den Verteidigungsminister die Rede. "Ist Merkels Kanzleramtsminister der Heckenschütze in der Koalition?", fragte "Bild am Sonntag".
Die Regierung ließ scharf dementieren. Doch bei der Schwesterpartei ist Pofalla unten durch. Dass aber Pofalla allein die Schuld an der Misere haben soll, will man in der Koalition nicht gelten lassen. "Einige, die sich nicht trauen, die Kanzlerin zu kritisieren, suchen sich jetzt einen Watschenmann", sagt ein CDU-Mann.
www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,701123,00.html
Politiker/innen wie der FDP-Politiker Holger Zastrow stehehn für
"Frechheit siegt. Frechheit siegt, Frechheit siegt und siegt sich in den Insolvenzbetrug.
Was wir brauchen sind, neben Staatsbürgern/innen, die für unseren Staat bürgen, Vermögensbürgen, die für das verfassungsrechtlich verbriefte Forderungseigentum ihrer landlosen, bodenlosen, arbeitslosen Bewohner/innen dieses Landes bürgen.
Das könnten einmal wir selber und vor allem Parteien, Gewerkschaften, Verbände, Kirchen, Stiftungen, Staatsfonds wie in Norwegen sein.