Militarisierung behindert Kampf gegen Corona

Sri Lanka Seit der Wahl von Gotabaya Rajapaksa zum Präsidenten im November 2019 gewinnt das Militär zunehmend an Einfluss - den Anstrengungen gegen Covid-19 steht das im Weg.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Eingebetteter Medieninhalt

Bildunterschrift: "Helden des Heimatlandes: sind wir euch nicht zu ewigem Dank verpflichtet?"

Das erste Amtsjahr von Gotabaya Rajapaksa hat Sri Lankas politische Landschaft drastisch verändert. Noch nie war der südasiatische Inselstaat so militarisiert wie jetzt. Militärs entscheiden heute auf allen Ebenen mit, teilweise ohne verfassungsrechtliche Grundlage und unabhängige Kontrollen. Auch in der Coronakrise trafen bisher Militärs die zentralen Entscheidungen, während medizinische Expert*innen an den Rand gedrängt wurden. Nachdem Sri Lanka das Virus zunächst erfolgreich eindämmen konnte, hat es diesen teuer erkauften Vorsprung durch gravierende Fehlplanung wieder verloren. Heute steht Sri Lanka vor massiven politischen, sozialen und wirtschaftlichen Problemen.

Vorgeschichte

Sri Lanka wurde nach dem Ende des Bürgerkrieges, der von 1983 bis 2009 zwischen der sri lankischen Regierung und den Tamil Tigers um den Norden und Osten Sri Lankas geführt wurde, nie wirklich demilitarisiert. Im Gegenteil: Die Militärausgaben sind seitdem weiter angestiegen und mit etwa 250.000 Armeeangehörigen bei knapp 22 Millionen Staatsangehörigen gehört Sri Lanka zu den 30 Ländern mit der höchsten Militärdichte. Zum Vergleich: Frankreichs Armee umfasst ca. 205.000 Armeeangehörige, bei etwa dreimal mehr Staatsangehörigen als Sri Lanka.

Insbesondere in der Nordprovinz, wo 14 der 21 sri lankischen Regimente positioniert sind, nimmt die Militärpräsenz teilweise groteske Ausmaße an. So kommen im Distrikt „Mullaitivu“, der letzten umkämpften Rebellenhochburg, auf je zwei Zivilpersonen ein/e Soldati*in. 11 Jahre nach dem Ende des bewaffneten Konflikts zählen Überwachung und Militärpräsenz noch immer zu den Mitteln der Wahl in der Friedenserhaltung. Infolgedessen gehören Folter, Vergewaltigung und das Verschwinden kritischer Journalist*innen und Aktivist*innen in der Nordprovinz auch heute noch zur bitteren Realität. Auch in Lokalregierungen mischt das Militär heute mit und ist zudem in alle möglichen nicht militärischen Aktivitäten involviert von dem Betreiben von Hotels, Golfanlagen oder Restaurants, dem Bau von Infrastrukturprojekten bis hin zu regelmäßigen Schulbesuchen zu "Weiterbildungszwecken" von Kindern.

Die Armee spielt auch in der öffentlichen Wahrnehmung der Sri Lanker eine wichtige Rolle. Mittels PR-Kampagnen wurde das Bild einer effizienten Vereinigung von Kriegshelden geschaffen, die Sicherheit und Schutz bringen. In dieser Atmosphäre wird Kritik am Sicherheitsapparat gemeinhin als unpatriotisch empfunden.

Machtwechsel

Die Präsidentschaftswahl vom November 2019 gewann der ehemalige Militär Gotabaya Rajapaksa mit seinem Wahlversprechen, für starke Führung und nationale Sicherheit zu sorgen. Mit Rajapaksa wurde ein Familienclan wieder in die Regierung gewählt, der bereits 2006 bis 2015 regierte. Gotabaya war damals Verteidigungsminister im Kabinett seines Bruders Mahinda Rajapaksa. Mahindas Amtszeit war zunehmend von Autoritarismus, Vetternwirtschaft und schwindenden demokratischen Institutionen geprägt. In den Wahlen 2015 wurden die Rajapaksas von einer demokratisch orientierten Koalition mehrerer Parteien ersetzt. Nach der Verfassungskrise 2018 und den Osteranschlägen 2019 wurde nationale Sicherheit zum wichtigsten Thema überhaupt und die Rajapaksas konnten sich entsprechend profilieren.

Kurz nach der Wahl begann Gotabaya Rajapaksa den Staatsapparat umzukrempeln, indem er neben Familienmitgliedern auch ihm treu ergebene Militärs in Schlüsselpositionen der Regierung und Verwaltung setzte. In der Folge entstand die meist militarisierte Regierung seit Sri Lankas Unabhängigkeit. So gingen etwa leitende Positionen des Gesundheits- und Agrarministeriums sowie die Leitung des Zolls, der Verbraucherschutzbehörde und des Katastrophenschutzzentrums an Militärs, die selbst jedoch noch keinerlei Erfahrung in der Zivilverwaltung hatten. Hinzu kam, dass insgesamt 37 zivile Organisationen wie die Polizei und die Telekommunikationsbehörde dem Verteidigungsministerium unterstellt wurden, das Gotabaya Rajapaksa selbst leitet.

Nach offizieller Aussage sollte die militärische Führung dabei helfen, das Korruptionsproblem der Zivilverwaltung in den Griff zu bekommen. Fragwürdig dürfte bleiben, wie Führung durch Korruptionsverdächtige das Problem der Korruption beheben soll. So wird praktisch allen Rajapaksas Korruption zur Last gelegt. Die zahlreichen Vorwürfe gegen Gotabaya Rajapaksa mussten zuletzt wieder fallen gelassen werden, da er seit der Wahl zum Präsidenten Immunität genießt.

Rajapaksa und seine Regierung machten im vergangenen Jahr auch deutlich, dass selbst verurteilte Kriegsverbrecher Straflosigkeit genießen. Um seine „Kriegshelden vor den Anschuldigungen von außen" zu schützen, veranlasste Rajapaksa, dass Sri Lanka im Februar 2020 von einer UN Menschenrechtsresolution zur Aufklärung von Kriegsverbrechen zurücktrat. Außerdem begnadigte er persönlich zwei von der sri lankischen Justiz bereits zum Tode verurteilte Soldaten, darunter Sunil Ratnayake, der im Jahr 2000 acht tamilische Zivilist*innen davon drei Kinder folterte und tötete.

Im Anschluss an die Präsidentschaftswahl 2019 sollte am 25. April 2020 die Parlamentswahl stattfinden. Am 02. März löste Rajapaksa das Parlament auf. Am 11. März wurden jedoch die ersten Corona Fälle in Colombo gemeldet und die Wahl musste mehrfach verschoben werden. Sie konnte letztlich erst am 08. August nachgeholt werden.

Rajapaksa berief das Parlament in der Zwischenzeit nicht wieder ein, obwohl die Verfassung im Fall einer Krise, in der es nicht zur Wahl kommen kann, genau das von ihm verlangt hätte. Ohne Angabe von Gründen lehnte der Oberste Gerichtshof Petitionen von der Opposition und zivilgesellschaftlichen Organisationen ab, die die Wiedereinberufung des Parlaments forderten. Somit regierte Rajapaksa das Land während der Krise monatelang ohne parlamentarische Kontrolle mittels exekutiven Diktaten und ad hoc Anordnungen, sowie mit der Unterstützung von ihm ernannten Einsatzgruppen.

Die präsidentiellen Einsatzgruppen

Sri Lanka hat als Folge des Krieges und einigen Katastrophen wie etwa dem Tsunami 2004 eine ganze Reihe bewährter Strukturen, die der Bewältigung von Krisensituationen dienen. Trotz dessen entschied der Präsident, auf verfassungsrechtlich mindestens fragwürdiger Grundlage, neue Mechanismen zu schaffen. Diese sogenannten präsidentiellen Einsatzgruppen erhielten weitreichende Mandate, ersetzten ohne weiteres bestehende und demokratisch legitimierte Strukturen wie etwa das Katastrophenschutzzentrum und unterstanden selbst keiner Kontrolle, außer der des Präsidenten.

Dazu gehörte dasNationale Einsatzzentrum zur Verhinderung von Covid-19“ (kurz: NOCPCO), das fortan alle wichtigen Entscheidungen mit Bezug auf die Corona Maßnahmen traf. Die Führung von NOCPCO übernahm der Kommandant der Armee, Generalleutnant Shavendra Silva, dem Kriegsverbrechen und schwere Menschenrechtsverletzungen während des Bürgerkrieges zur Last gelegt werden. Silva, der die Gesellschaft durch diese Gesundheitskrise steuern soll und ihr gegenüber stets als Sprachrohr auftritt, kann dabei selbst keinerlei medizinische Expertise vorweisen sondern lediglich seine engen Verbindungen zum Präsidenten. Yasmin Sooka, Geschäftsführerin der Menschenrechtsorganisation ITJP, kommentierte gegenüber Colombotelegaph:

Sri Lanka hat einen mutmaßlichen Kriegsverbrecher an der Spitze seiner Anstrengungen gegen COVID-19, der im selben Armeeregiment wie der Präsident diente. Das wirft Fragen auf zu Transparenz, Rechenschaftspflicht und Kontrolle. Erfahrene Fachkräfte aus dem öffentlichen Dienst sollten für die Koordinierung komplexer Aufgaben der öffentlichen Gesundheit und Verteilungsfragen zuständig sein, nicht die Armee.“

Nicht alle der fünf neu geschaffenen Einsatzgruppen dienen der Bewältigung der Coronakrise. So soll eine der Einsatzgruppen etwa den Erhalt des buddhistischen Erbes im mehrheitlich nicht-buddhistischen östlichen und nördlichen Teil der Insel sichern. Aber in allen Einsatzgruppen sind Mitglieder des Militärs vertreten. Die „Präsidentielle Einsatzgruppe zum Aufbau eines sicheren Landes und einer disziplinierten, tugendhaften und gesetzmäßigen Gesellschaft“ besteht sogar ausschließlich aus Militärs und Sicherheitskräften der Polizei.

Krieg gegen Corona

Durch die umfassende Entscheidungsgewalt, die dem Militär in staatlichen Strukturen und politischen Prozessen gegeben wurde, und dem Mangel an ziviler Kontrolle nahm die Militär- und Waffenpräsenz im Land während der Coronakrise noch einmal zu. Ob bei der Besetzung von Straßensperren, der Kontrolle von Temperaturchecks, dem Bauen und Bewachen von Quarantänezentren oder der Kontaktverfolgung – überall waren bewaffnete Einheiten des Militärs an vorderster Front gegen das Virus im Einsatz.

Eingebetteter Medieninhalt

Bildunterschrift: Die allgemeine Waffenpräsenz hat während der Coronakrise noch einmal zugenommen

Während von Anfang an klar schien, dass das Militär eine entscheidende Rolle in der Krisenbewältigung spielen kann, hat sich, wie die sri lankische Menschenrechtsanwältin Bhavani Fonseka in einem Beitrag schreibt, ein bisher unbekanntes Ungleichgewicht ergeben, in dem medizinische Expert*innen und die zivile Verwaltung dem Militär untergeordnet wurden.

Das fehlende Planungs- und Einfühlungsvermögen, sowie die mangelhafte Expertise der militärischen Führung führte immer wieder zu folgenreichen Fehlern. Etwa als im April 2020 Einheiten der Navy losgeschickt wurden, um möglicherweise infizierte Suchtkranke in ein Quarantänezentrum zu bringen und der Anblick der Soldaten die Suchtkranken so sehr in Panik versetzte, dass sie probierten wegzurennen. In dem Chaos infizierten sich mehrere der Soldaten, weil sie selbst keine Schutzmasken trugen. Das wurde wiederum erst bemerkt, als diese trotz vorgeschriebener Quarantänezeit in den Urlaub geschickt wurden und das Virus somit ins ganze Land trugen. Was später als Navy-Cluster bekannt wurde und zu mehr als der Hälfte der bis dahin aufgetretenen Infektionen führte, wurde nicht etwa auf die fehlerhafte Planung der Armee oder NOCPCO zurückgeführt. Stattdessen wurde mit dem ersten infizierten Suchtkranken, der seine Freunde angesteckt hatte, ein hervorragender Sündenbock gefunden, über dessen Suchtkrankheit und „den großen Schaden, den er Sri Lanka zugefügt" habe, medial ausführlich berichtet wurde.

Mit dem Militär an vorderster Front und Personen wie Shavendra Silva im Zentrum der medialen Aufmerksamkeit hat sich ein staatlich forciertes Narrativ entwickelt, nach welchem Infizierte wie Feinde behandelt und teilweise öffentlich verunglimpft wurden. Diese Strategie zielt auch darauf ab, interreligiöse und ethnische Konflikte zu schüren, da etwa explizit erwähnt wird, wenn es sich bei Infizierten um Muslime handelt. Das schürt die schwelenden ethnischen Konflikte weiter an und lenkt von Regierungsfehlern ab. Eine Taktik die bereits bekannt ist aus der vorherigen Regierungszeit der Rajapaksas.

Trotz der Fehler gelang es mittels einer zweimonatigen, landesweiten Ausgangssperre sowie den seit März für Personen ohne sri lankische Staatsangehörigkeit geschlossenen Grenzen, die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Neue Infektionen wurden fast nur noch am Flughafen bei heimkehrenden Sri Lankern gemeldet. Die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der langen und umfassenden Ausgangssperre waren jedoch massiv. Erst kürzlich ließ das nationale Statistikamt verlauten, dass das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal des Jahres um 16,3% geschrumpft ist und sprach vom „größten jemals aufgezeichnetem Rückgang in Sri Lankas Geschichte“.

Hochmut kommt vor ...

Die erfolgreiche Eindämmung wurde von der Regierung zum abschließend gewonnenen Kampf gegen Corona erhoben. Vor der Parlamentswahl am 08. August propagierte die Regierung, dass Sri Lanka nach China das zweit beste Land der Welt im Umgang mit der Pandemie sei. Der endgültige Sieg gegen die Bedrohung wurde für Rajapaksa zum zentralen Wahlkampfthema. Neben einer bereits länger schwächelnden Wirtschaft, den politischen und gesellschaftlichen Unruhen der Vorjahre und einer zerstrittenen Opposition war sicherlich auch das ein Grund dafür, dass Rajapaksas Koalition letztendlich eine komfortable Zweidrittelmehrheit in der Parlamentswahl erreichen konnte.

So wurde es Rajapaksa möglich, das Land nachhaltig umzugestalten. Corona verschwand aus dem der Fokus der Regierung. Stattdessen war die Aufmerksamkeit ganz auf die 20. Verfassungsänderung gerichtet, die den Präsidenten de facto zum Alleinherrscher machen sollte. Corona wurde indessen zu einem solchen Randthema, dass selbst Mitglieder der Regierung offen gegen Mindestabstand und Maskenpflicht verstießen.

Führende Mediziner*innen Sri Lankas wie Prof Neelika Malavige, international anerkannte Expertin für das Dengue-Virus und Vorstandsmitglied der Internationalen Gesellschaft für Infektionskrankheiten, oder Dr. Ravindra Ranan-Eliya, Leiter des Instituts für Öffentliche Gesundheit, kritisierten die Strategie der Regierung monatelang als unzureichend und mahnten an, dass sich ohne eine dauerhafte Teststrategie nicht garantieren ließe, dass das Virus nicht mehr oder nicht wieder in der Gesellschaft sei.

Die Regierung und NOCPCO ignorierten die Warnungen der Medzinier*innen. Es wurden keine Vorkehrungen für neuerliche Ausbrüche getroffen. Infrastrukturen wie Quarantänezentren wurden sogar wieder abgebaut oder dem Verfall ausgesetzt. Der Journalist Tisaranee Gunasekara führt in einem Artikel einen Bericht an, der nahelegt, dass das Gesundheitsministerium seit März kein einziges zusätzliches Beatmungsgerät kaufte oder Intensivbett einrichtete. Er kommentiert treffend:

„Es ist eine gefährliche Sache, an die eigene Propaganda zu glauben.“

… dem Fall

Als am 04. Oktober wieder eine Infektion bei einer Mitarbeiterin einer Bekleidungsfabrik in Minuwangoda in der Nähe der Hauptstadt Colombo entdeckt wurde, deutete alles darauf hin, dass das Virus bereits einige Wochen lang unter den Mitarbeitenden herum ging. Die späte Entdeckung, die auf die fehlende Teststrategie und Siegerrhetorik zurückzuführen ist, hatte zur Folge, dass sich das Virus in der dicht besiedelten Region und unter den, in engen Gruppenhäusern wohnenden, Arbeitenden bereits ausgebreitet hatte.

Die militärische Führung reagierte wie gewohnt mit roher Gewalt statt mit medizinischer Voraussicht. Mitten in der Nacht umzingelten Einheiten der Navy die Schlafsäle der Mitarbeitenden der Fabriken. Nur wenige Minuten gaben sie ihnen für das Packen ihrer Sachen. Danach verfrachteten sie sie ohne Schutzmasken in überfüllte Busse und brachten sie in Quarantänezentren, die sich in erbärmlichem sanitärem Zustand befanden. Dabei wurden die Arbeitenden der Fabriken einem unnötigen Risiko ausgesetzt und ihre Menschenwürde mit Füßen getreten. In einem Statement vom 12. Oktober erklärt eine betroffene Person:

Das Militär sagte uns, wir sollten nicht versuchen wegzurennen, denn das Haus war umzingelt. Sie haben uns wie Sträflinge behandelt. So als ob wir eine nationale Gräueltat begangen hätten.“

Diese zweite Welle geriet schnell außer Kontrolle. Nur wenige Tage nach dem Ausbruch waren die Kapazitäten der Quarantänezentren und Krankenhäuser bereits erreicht. Gleichzeitig war die Testkapazität des Landes bei Beginn des zweitens Ausbruchs bei nur etwa einem Fünftel dessen, was laut medizinischen Expert*innen die täglichen Neuinfektionen erfordert hätten.

Auch angesichts der gravierenden Fehlplanung übernahm die Regierung keine Verantwortung. Rajapaksa erklärte in einer Ansprache stattdessen:

Nach der erfolgreichen Eindämmung des Virus haben sowohl die Medien als auch die Menschen alles vergessen und sich der Verantwortung entzogen. Das Ergebnis ist die aktuelle Situation.“

Während also die Medien und Menschen verantwortlich waren für den Ausbruch, wurde Shavendra Silva vom Präsidenten am 28. Dezember 2020 für seine "unfehlbaren Führungseigenschaften und bewährten Fähigkeiten" zum Viersternegeneral befördert, dem höchsten Dienstgrad der sri lankischen Armee. Dabei hat sich die militärische Führung trotz dem Gebot der aktuellen Lage sowie offizieller Versammlungsbeschränkungen offenbar nicht nehmen lassen wollen, eine "glanzvolle militärische Zeremonie" zu Ehren von Silva abzuhalten. Auf Fotos der Feierlichkeiten ist Silva, der Kopf der Anstrengungen gegen Corona, durchgängig ohne Maske zu sehen und letztlich auf einem Gruppenfoto inmitten von dutzenden dicht an dicht stehenden Generälen.

Ausblick

Sri Lanka blickt zurück auf auf ein erstes Jahr der "klugen" und "vorausschauenden", starken Führung von Gotabaya Rajapaksa. Auf Kosten demokratischer Insitutionen haben der Präsident und das Militär ihre Machtpositionen ausbauen können. Viele sehen Sri Lanka heute bereits auf dem Weg in die Militärdiktatur. Das militärisch dominierte Krisenmanagement hat sich in der Coronakrise als desaströs erwiesen, sowie auch die Ignoranz und Arroganz einer Führung, die Expert*innen von Entscheidungsprozessen ausklammert, Kritik systematisch ignoriert und grundsätzlich keine Verantwortung für die eigenen Fehler übernimmt. Trotz wachsender sozialer und wirtschaftlicher Probleme, sowie zunehmender (von der Regierung beförderter) ethnischer Konflikte ist wohl keine Abkehr von diesem Weg zu erwarten.

Sri Lankas Parlament hat am 10. Dezember 2020 den neuen Haushalt für 2021 verabschiedet. Darin wurden die Ausgaben für den Gesundheitssektor gesenkt und für das Militär angehoben. Im nächsten Jahr hat der Gesundheitssektor damit etwa 15% weniger Mittel zur Verfügung, umgerechnet noch 680 Millionen Euro. Gleichzeitig wurden die Militärausgaben weiter angehoben, in diesem Jahr um etwa 14% auf umgerechnet 1,5 Milliarden Euro. Inmitten einer globalen Gesundheitskrise wohlgemerkt. Offenbar bereitet sich das autoritäre Regime bereits darauf vor, dass die Zustimmung der Bevölkerung zukünftig abnimmt und damit Unruhen erwartbar werden. Mit etwas Fantasie ließe sich das sicherlich als "kluge" und "vorausschauende" Führung verstehen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Jeremy Oestreich

Masterstudent Politikwissenschaften. Schreibe hier über Themen, die mich aktuell bewegen.

Jeremy Oestreich

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden