Alle reden von Flugscham, mich hat gerade die Marmeladenscham gepackt. Echt jetzt? Jaha, der Quittenbaum im Kleingarten hängt voll, Birnen habe ich auch noch. Ich könnte tagelang einkochen. Aber ich habe Skrupel. Haben Sie sich schon mal die Debatte über die Ernährung in Zeiten des Klimawandels genau angesehen? Sie macht vor der Küchentür halt. Es geht immer nur darum, woher die Zutaten stammen, wie sie gewachsen und wie sie in die Läden gekommen sind. Aber nicht, was damit am Herd passiert. Ist das nicht zu kurz gegriffen?
Gut, dass das Problem im Einkaufskorb liegt, hat ja schon einiges bewirkt. In dem findet sich immer weniger klimaschädliches Fleisch und immer mehr Gemüse und Getreideprodukte aus nachhaltigem Anbau, was für immer mehr Menschen heißt, dass sie lokal und saisonal sind. Schon mal nicht schlecht. Ein etwas neuerer Trend ist, auch noch möglichst wenig verarbeitete Produkte einzukaufen.
Dieses Motiv hat eigentlich gar nichts mit Klimaschutz zu tun, sondern stammt aus der gesundheitsfixierteren Clean-Eating-Bewegung. Sie wissen schon, das sind die mit den Smoothies, Bowls und: Superfood. Clean-Eating ist so was wie die Vollwertküche der 80er Jahre, heute aber auch das verbindende Element von Zeugs wie Paleo (Essen wie vor Erfindung der Landwirtschaft), Low-Carb (Essen wie vor Erfindung der Nudel) oder glutenfreier Ernährung (Essen wie vor Erfindung des Brotes). Je stärker die Produkte verarbeitet sind, umso mehr sind sie tabu: Fertigsaucen, Nudelsuppe aus der Tüte, Kartoffelbrei zum Anrühren.
Nicht falsch verstehen: Ich finde es sympathisch, wenn mehr Menschen schlicht Möhren kaufen, statt vorgeschälte, geschnetzelte und eingeschweißte Karotten oder vorgekochte Karottensuppe, aus was für einem blöden Grund auch immer. Das erhöht die Chance, dass sie selbst mehr kochen, und das ist wahrscheinlich auch noch klimafreundlicher als in der Fabrik. Dort wird Essen ständig hocherhitzt und schockgefrostet. Schon die Wörter klingen nach Energieverbrauch.
Ernährung in Zeiten des Klimawandels drückt sich aber auch in einer Frage aus, die ein Restaurantkritiker mir vor ein paar Tagen stellte. Wir sprachen über die Edelgastronomie. „Haben Sie in letzter Zeit eigentlich irgendwo noch pusten müssen?“ Nein! Wir waren uns einig: Erhitzungsprozesse spielen heutzutage keine so große Rolle mehr bei der Zubereitung. Immer mehr Leute wollen ihr Steak „medium rare“ statt „medium“, also roher als früher. Fisch darf inzwischen auch glasig gebraten sein, im Sushi sogar roh, oder anders gegart. Mit Säure denaturiert Fischeiweiß genauso wie unter Hitzeeinfluss. Wie etwa beim peruanischen Ceviche. Ich könnte die Liste, wie in der Küche an Hitze gespart wird, seitenweise fortsetzen. Gemüse wird gar nicht mehr gekocht, besser fermentiert. Ein gutes Beispiel ist auch das beliebte pochierte Ei. Es badet höchstens drei Minuten in simmerndem Essigwasser.
Der Herd bleibt nicht nur in der Hochgastronomie so kalt wie möglich. Auch ich habe den Energieverbrauch in der Küche die letzte Zeit ziemlich gedrosselt, wegen des Geschmacks. Bis letzten Februar. Da stand ich vor einem großen Kochtopf, in dem die Orangenmarmelade wild brodelte, das Rezept forderte eine Stunde, und das Ticken des Stromzählers im Kopf, versuchte ich die Anleitung ständig zu betrügen. Es gelang mir nicht. Nun also geht es an die Birnen und Quitten. Ich prophezeie: Kompott wird die neue Marmelade.
Kommentare 3
also folgen wir jamie olivers' road-kill-cuisine energie-sparend
und essen tote kadaver von der straße: un-erhitzt.
also folgen wir jamie olivers' roadkill-cuisine energie-sparend
und essen tote kadaver von der straße: un-erhitzt.
es gibt allerhands nette Tricks, die ich schon seit Jahrzehnten nutze.
Deckel auf den Topf gilt ja schon seit Jahrzehnten, dann verdunstet weniger Wasser und man braucht weniger Hitze nachschieben.
Kartoffeln werden genauso weich, wenn sie in simmerndem Wasser liegen wie in heftig sprudelnden.
Meine Mutter hatte eine Kochkiste, das fing sehr gut für Reis und Kartoffeln: Auf dem Herd zum Kochen bringen, bei Kartoffeln etwas länger, damit sie auch im Inneren heiß werden. Dann den Topf indie gut wärmeisolierte Kiste stellen. Bei meiner Mutter war es eine stabile Holzkiste mit Zeitungspapier in vielen Schichten so ausgekleidet, dass genau der von ihr meistens benutzte Topf hineingepasst hat, Ein Kissen mit Baumwollresten oder Strohfüllung drauf und den Deckel zuklappen.
Kocht prima weiter, brennt nicht an.
Beim Induktionsherd kann man die Töpfe nach dem Ankochen auf kleinster Einstellung stehen lassen, zwei Handtücher drüber, so dass der Topf eingehüllt ist. Das geht ohne Brandlöcher, weil beim Induktionsherd nicht die Platte sich erhitzt, sondern der Topf undwenn im Topf Wasser ist, wird der auch nicht heißer als der Inhalt.
(Achtung, manche Plastikgriffe an den Topfdeckeln halten die Hitze nicht aus und verformen sich.)
So lasse ich beim Einkochen die Marmelade oder das Apfelmus ein paar Minuten im Wasserbad stehen. Bei den heute verwendeten Schraubgläsern (alle Nachbarn haben davon genug, die sie sonst ins Altglas werfen würden) stellt man die danach auf den Kopf, deckt wieder ein paar Tücher drüber, damit sie langsamer auskühlen.
es gibt allerhands nette Tricks, die ich schon seit Jahrzehnten nutze.
Deckel auf den Topf gilt ja schon seit Jahrzehnten, dann verdunstet weniger Wasser und man braucht weniger Hitze nachschieben.
Kartoffeln werden genauso weich, wenn sie in simmerndem Wasser liegen wie in heftig sprudelnden.
Meine Mutter hatte eine Kochkiste, das fing sehr gut für Reis und Kartoffeln: Auf dem Herd zum Kochen bringen, bei Kartoffeln etwas länger, damit sie auch im Inneren heiß werden. Dann den Topf indie gut wärmeisolierte Kiste stellen. Bei meiner Mutter war es eine stabile Holzkiste mit Zeitungspapier in vielen Schichten so ausgekleidet, dass genau der von ihr meistens benutzte Topf hineingepasst hat, Ein Kissen mit Baumwollresten oder Strohfüllung drauf und den Deckel zuklappen.
Kocht prima weiter, brennt nicht an.
Beim Induktionsherd kann man die Töpfe nach dem Ankochen auf kleinster Einstellung stehen lassen, zwei Handtücher drüber, so dass der Topf eingehüllt ist. Das geht ohne Brandlöcher, weil beim Induktionsherd nicht die Platte sich erhitzt, sondern der Topf undwenn im Topf Wasser ist, wird der auch nicht heißer als der Inhalt.
(Achtung, manche Plastikgriffe an den Topfdeckeln halten die Hitze nicht aus und verformen sich.)
So lasse ich beim Einkochen die Marmelade oder das Apfelmus ein paar Minuten im Wasserbad stehen. Bei den heute verwendeten Schraubgläsern (alle Nachbarn haben davon genug, die sie sonst ins Altglas werfen würden) stellt man die danach auf den Kopf, deckt wieder ein paar Tücher drüber, damit sie langsamer auskühlen.