Bella war das, was man wird, wenn man von Kindesbeinen an regelmäßig Pasta frisst. Ich habe sie als eine Seele von Hund kennen gelernt. Verspielt, von sonnigem Gemüt und immer bereit, eine Libelle oder Heuschrecke zu verbellen. Die Hündin, ein massiger Retriever-Mischling, ließ ihren Platz unter den Stufen zum Haus selten aus den Augen.
Sie folgte nicht, als ihre Eigentümer den alten Einsiedlerhof im Friaul verließen, um komfortabler ins darüber gelegene Dorf zu ziehen, und sie nahm jedes Mal freundlich Abschied, wenn ihre neuen Eigentümer, eine junge Familie aus Bayern, nach den Sommerferien wieder gen Alpen fuhren. Warum auch? Für Bella war längst ein Lieferdienst eingerichtet worden. Ihr altes Herrchen brachte ihr jeden Morgen die Reste des Abendessens, und wenn es einmal nicht Spaghetti, Fusilli oder Penne gegeben hatte, dann war eben extra für Bella gekocht worden. Dass die Nudeln al dente waren, darauf legte die Hündin übrigens keinen Wert, nur Tomate, die hatte sie gern an der Pasta, egal ob sie all’amatriciana oder mit Sauce Bolognese kam. Als sie in einem recht hohen Alter starb, da hieß ihr Haus längst Casa Bella.
Aus einem Napf
Sicher kennen Sie auch einige solcher Geschichten von tierischen Vorlieben. Wer hat nicht schon einmal von kuchenbegeisterten Katzen, wurstverliebten Eseln oder popcornmümmelnden Wellensittichen gehört? Warum soll dem Tier nicht schmecken, was auch der Mensch isst? Es ist das Ergebnis einer jahrhundertelangen Koexistenz und wechselseitigen Domestizierung. Je näher Mensch und Tier rücken, umso häufiger essen sie aus einem Napf.
Heutzutage muss man das im übertragenen Sinne verstehen. Schließlich essen auch Menschen kaum noch von einem gemeinsamen Teller. Unsere Ernährungstrends bilden sich aber im Tierfutterregal meist deutlicher ab als anderswo im Supermarkt. Man kann dort feststellen: Convenience-Produkte bestimmen den Speiseplan unserer Haustiere vollkommen: Dose, Schälchen und in zunehmenden Maße Tetra-Pack, der Umwelt zuliebe.
Natürlich ist Bio auch hier sehr angesagt, was immer das bei Tierfutter heißen soll. Die Industrie hat zudem gelernt: Innereien wie Herz und Leber auf der Verpackung zu nennen, ist nicht allzu verkaufsfördernd. Dafür fehlt selten ein Hinweis auf den hohen Gehalt an Omega-3-Fettsäure und fehlende Zusatzstoffe. Neuerdings wird im Katzenfutter auch eine gute Portion Gemüse versprochen – obwohl die Katze, anders als der Mensch, reiner Carnivore ist. Whiskas Co. setzen darauf, dass Herrchen den Vorsatz, sich gesünder zu ernähren, als erstes beim Vierbeiner umsetzt. Das Pendant zu unserem Dental-Kaugummi nennt sich übrigens Kau-Stick.
Jüngster Trend: Seniorenteller
Der jüngste Trend im Tierfutterregal aber ist der Seniorenteller: Die Spezialnahrung etwa für die Katze ab zwölf hat mehr Geschmack, weil im Alter der Geruchssinn abnimmt, und enthält mehr Ballaststoffe – für mehr Vitalität. Ich habe keine Sorge, das wird auch beim Menschen Schule machen. Es dauert nicht mehr lang, bis es den „Seniorentopf auf Pichelsteiner Art“ als Fünf-Minuten-Terrine geben wird.
Klar, es gibt auch Absetzbewegungen von der Industriekost. Aus den USA stammt der Trend, Hund oder Katze ausschließlich mit Rohkost zu füttern, Fleisch inklusive. Den Namen dafür – Barf, im Umgangsenglischen: Erbrechen – haben sich ursprünglich Gegner der Methode ausgedacht. Viele von ihnen haben Hund oder Katze auf vegetarische Kost umgestellt.
Man kann als Tierbesitzer dem Zeitgeist nicht entgehen, auch ich nicht. Ich leiste mir politisch unkorrekte Tiermahlzeiten. Aber wenn es für meine Katzen eine Dose Thunfisch gibt, dann müssen sie teilen.
Dieser Text ist Teil unseres Tierspezials. Was es damit auf sich hat, erfahren Sie durch einen Klick auf den spionierenden Hund
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