Barrierefreie Lebenszeit

Lyrik Kinder lachen sich gesund einen Kringel, Alte vergessen das Lachen, werden offen krank. Kinder halten für alle Fragen der Welt eine Antwort bereit "Wachsen! Wachsen!"

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Kinder lachen sich gesund einen Kringel,
Alte vergessen das Lachen, werden offen krank
Kinder bewegen alle Fragen der Welt in ihrem Herzen und geben stets ein und dieselbe Antwort:"Wachsen! Wachsen!" Alte vergessen unversehens, Antworten schuldig, das Bewegen, die Fragen der Welt

Mein folgendes Gedicht ist dem Gedenken meiner Großmutter, müttlerlicherweseits, Emma Niemann, geborene Hensel (1882- 1970), 1902- 1906 Elementarlehrerin in Rerik/Groherzogtum Mecklenburg- Strelitz, gewidmet.


"Barrierefrei"

Blume, Kindheit Ernte
Jugend welkt barrierefrei,
welkt neuem Lebenssinn Andacht
Trichter Wonne, Trachten Dichtung,

versonnen entgegen

Kinder lachen sich gesund einen Kringel,
Alte vergessen das Lachen, werden offen krank
nach oben, unten, in der Mitten, am Rand
seitwärts links, seitwärts rechts, Tangoschritt
namenloser Schall und Rauch,
Wolkenzügen gleich, über uns,
auf uns zu, auf Wiedersehen dahin

Wieder und wieder wird der Mensch,
unendlich lange Ahnenreihe,
vom Menschen gezeugt,
vom Menschen geboren.
noch bevor er stammelt, sprachlos schreit,
wimmert wachen, tauben Ohren
ist er staunend ganz Sinn im Ohr,
in seiner Mutter Bauch, Gedärm,
Herzschlag bäuchlings
Rhythmus Floh und sanfter Takt,
rauschender Venen Aderhub, wehender Lärm.


Immer wieder widerfährt dem Menschlein,
von der Wiege bis zur Bahre,
von Kindesbeinen,
dass andere, wahre Peiniger, an seiner Seele nagen,
wahre Heiler, ihn ganz mit Milch
und Muttermund Honig nähren,
versippt, verschwagert und verschwägert,
Jahre später Not und Schmerz, Trost,
Glückseligkeit, Freud und Leid,
aller Brüder, Schwestern auf Erden,
gerufen, trägt


Zischenmang Mahnung, Geboten,
Lob und Tadel im Alltagsklang
wird er im Nachherein obendrein gewahr,
die Gefahr, in der er schwebte,
dass seine Lieben ihn beinah fürwahr,
zwischen Messer Gabel, Scheere, Licht,
ist für kleine Kinder nicht,
sich, selbstbekreuzigend,
ihrer Sünden Unschuld gewiss,
um deren Erlösung Willen,
in anheimelnden Bildungs- Villen,
ohne Erbarmen, kurz vor dem Abendmahl,
ans Kreuze geschlagen

Bleibt dann noch gemeinsam barrierefreie Lebenszeit,
werden die Lieben, gefragt, ungefragt, bekennungswütig raunen, frage Ehrich, ich war dagegen,
so halb daneben,
so habe ich es doch wirklich nicht gemeint, noch gewollt

dein störrisch Aberwitz, ausladend hebephrener Jugendwahn
war schon ein arges Kreuz,
an das man dich hätte schlagen können,
denn bedenke, man glaubt es kaum,
wir waren junge Mutter, junger Vater,
wir brauchten nach des Alltagslast
des Feierabends "IM NU" unsere Ruh

Stets und immer finden sich Menschenmünder,
Gott befrachtbar schwer belastbar
Himmelswolkenkuckucksheim
über dem abgrundtief unergründlich verschattet
dunklen Tal menschlicher Sünden zu verkünden.

Fleisch gibt sich auf zwei Beinen,
aufrechter Gelände Gang entlang,
zitternd, bibbernd, witternd, gitterlos gedacht,
von unsichtberer Hand, als körperloser Geist,
ein "Gottseibeiuns" Stelldichein.

Unsichtbar unerbitterlicher Geist hält dagegen,
schlägt, fleischgeworden, heller Wahn
im unheilschwangerem Anzug,
ganz Menschenfeind, auf seinen Nachbarn ein


Immer wieder, an ganz bestimmten Jul- Klapp- Tagen,
begegnet uns unverwandt,
als wäre es der Heiland seines Weges,
beim gespiegelten Neuronen Gedankentanz
im Glanz des Auges eines Gegenüber,
ein weilend suchend zögerlicher Blick,
unser Schalten und Walten im Leben
"Ich bin okay! Du bist okay!"
seelenverwandt zu heilen und zu segnen

Angst, Tränen, Fragen, Klagen,
einen Stilleraum zu geben
stummen Mündern, stillen Blicken
alter Kindertage Augen,
sparsam bedacht, zugewandte Geste,
ohne Worte, beredt Antworten zu spenden.

Joachim Petrick, Hamburg, 26, November 2014

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Joachim Petrick

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