Fixierungsalltag in Pflegeheimen

Freiheitsberaubung Wie kann es sein, ob mit Gurten, Bandagen, Bettgittern, oder Psychopharmaka, dass In Deutschland die Fixierung in der Pflege nach wie vor Alltag ist

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Geht es wirklich, darum, das Leben im Alter, in Hilfeabhängigkeit, um Jahre hindämmernd, gefesselt, fixiert, bandagiert zu verlängern, oder nicht darum, die Jahre mit mehr Lebensqualität zu füllen?

Verrechtlichung der Fixierung von hilfeabhängigen Menschen in Alten- und Pflegeheimen durch Richterentscheide, sei es direkt durch Bandagieren, Festbinden, Vergurten auf Stühlen, in vergitterten Betten, zwängen in Stecktische, sei es ohne Richterentscheid durch die überdosierte Verabreichung von Neuroleptika, die in vielen Fällen mit der Chronifizierung von Depressionen, Verwirrung, Schüben von Demenz einhergehen und dazu noch das Sturzrisiko erhöhen.

Besonders kurz nach Aufnahme neuer Heimbewohner hat sich eine unselige Praxis in vielen Heimen in Deutschland etabliert, noch aktive, mobile Personen, die unruhig wirken, das Streben nach Rückkehr in ihre vorherige Wohnung signalisieren, einer gerontologischen Sonderbehandlung, sprich pharmakologischen Einstellung in einer geschlossenen Abteilung zugeführt werden, damit sie medikamentös gedämpft, ihre neue Situation im Heim emotional besser verkraften und erdulden

Um dann, infolge überdosierter Medikation erhöhter Sturzgefahr ausgesetzt, in den Heimen aus Gründen der Haftung für diese Heimbewohner routinemäßig richterliche Entscheide für eine direkte Fixierung zu veranlassen.

Kommt es zu Stürzen hlfeabhängiger Personen in Heimen, bei Vorliegen richterliche Entscheide für eine Fixierung, werden die Heime mit Haftungsforderungen der Krankenkassen konfrontiert.

Im Fall von Oberschenkelhalsbrüchen geht es da in etwa um eine Summe in Höhe von 8.000 Euro für ein neues Hüftgelenk.

Zwangsläufig geht mit jeder Art dieser Fixierungen, mangels Bewegung, eine irreversible Versteifung der Gliedmaßen und hier insbesondere der Gelenke, der Klumpfussbildung der betroffenen Personen einher.

Aufgrund des unzureichendn Personalstandes in den Heimen, werden zunehmend deutschlandweit unruhige, betreuungsaufwendige Heimbewohner fixiert und dazu, selbst gegen deren Willen, menschenunwürdig, "vorsorglich" Windeln, Pamapas verpasst, auch, wenn diese normaler Weise noch gut allein zur Toilette gehen könnten.

Würde Kindern in Heimen an Fixierungen geschehen, was unseren Alten in Heimen geschieht, es gebe einen nicht mehr verhallenden Aufschrei im herbstbunten Blätterwald.

So gegenwärtigt ein Paar mittleren Alters beim Besuch einer 84- jahrigen Angehörigen, die vor ein paar Wochen, überaus mobil, in ein Heim umgezogen ist, ungläubig, dass diese auf einem Stuhl (Stecktisch) fixiert im Gemeinschaftsraum des Heimes aufgereiht mit ebenso fixierten Personen ohne jedwede Betreuung, Zuwendung, Ansprache sitzt.

Die Heimleitung ist, trotz drängender Aufforderung, weder mündlich noch schriftlich, bereit, mit Verweis auf richterlichen Fixierungsbescheid , die Fixierung der Angehörigen im Heim vorrübergehend während eines Besuches durch Angehörige auszusetzen selbst wenn die Angehörigen schriftlich versichern, während ihres Besuches die ganze Verantwortung zu überehmen.

Wissenschadtliche Datenerhebungen in der Altenhilfe ergeben, dass deutschlandweit bis zu 60 Prozent aller Pflegeheimbewohner fixiert werden, weil sie angeblich oder wirklich unruhig, sturzgefährdet sind.

Ob mit Gurten, Bandagen, Bettgittern, oder Psychopharmaka: In Deutschland ist die Fixierung in der Pflege nach wie vor Alltag,

Menschen ruhig zu stellen, sie zu fixieren. Ans Bett gefesselt kommt es nicht selten zu Verletzungen, Prellungen und gar Todesfällen. Der Skandal dabei, die alltägliche Qual und Quälerei ist kaum dokumentiert.

Dass bis zu 60 Prozent aller Pflegeheimbewohner fixiert werden, ist lt. Expertisen von Experten allein der Tatsache geschuldet, dass diese Heimbewohner unruhig, sturzgefährdet sind. Alle Maßnahmen also dem Schutz der Betroffenen dienen?

Generell erfüllt die Fixierung den objektiven Straftatbestand der Freiheitsberaubung und darf nur angewendet werden, wenn die Betroffenen selbst einwilligen, oder ein Gerichtsbeschluss vorliegt.

Gleichwohl steigt die Zahl der Fixierungen in den Heimen stetig an.

Aus vielen Teilen Deutschlands, voran durch Adelheid von Stösser, Vorsitzende des Pflege-Selbsthilfeverbands e.V., Madeleine Viol, Projektkoordinatorin ReduFix Praxis, Ev. Hochschule Freiburg, Michael Thelen, Leiter des Evangelischen Seniorenzentrums Theresienau kommt seit Jahren die Forderung:

"Mobilisieren statt fixieren. Schluss also mit der menschenverachtenden Freiheitsberaubung von Pflegebedürftigen. Aber: Wie sehen die Alternativen aus? Konzepte jedenfalls gibt es bereits...siehe und höre dazu die heutige Lebenszeit Sendung im Deutschlandfunk:

http://www.deutschlandfunk.de/gesellschaft-die-umstrittene-fixierung-in-pflegeheimen.1176.de.html?dram:article_id=303131
Beitrag vom 14.11.2014

GESELLSCHAFT
Die umstrittene Fixierung in Pflegeheimen

Von Petra Ensminger und Daniela Wiesler (Moderation)

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Geschrieben von

Joachim Petrick

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Joachim Petrick

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