Kam BVG-Rüffel wg Asylrecht aus Brüssel?

Exitenzminimum Deutscher Staat rät, klagewütig, erkannt als "Rechtsbrecher" "Verklagt mich doch!", die Zeit bis dahin, ist personell, materiell, schon einmal, vorab, mein Reingewinn?

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Dieses Mal kein Rüffel aus Brüssel, sondern eine juritische Klatsche ersten Ranges vom Bundesverfassungsgericht (BVG) aus Karlsruhe Richtung Bundesregierung und Richtung alle Parteien durch die parlamentarische Bank in Bund. Land, Kommunen.

Deutscher Staat rät als, klagewütig einschlägig, erkannter "Rechtsbrecher" "Verklagt mich doch!", die Zeit bis dahin, ist personell, materiell, schon einmal, vorab, mein Reingewinn?

Welch eine, unheilschwangere, das Recht verdunkelnde Praxis des politischen Spitzenperonals in Bund, Ländern, Kommunen, juristisch hochgebildet, hochorganisiert, bei jeder, passend unpassend, günstigen Gelegenheit dazu aufgelegt, das Recht der Schwachen, mindernd, zu brechen, das Recht der Starken, nährend, zu mehren.
Gibt es kein berufliches Ethos der Juristen/innen in unseren staatlichen Organen in Bund, Ländern, Kommunen?, die für solche, von langer Hand durch die parlamentarischen Bänke angebahnten juristischen Dauerskandale, wie im vorliegenden Fall der seit dem Jahre 1993 verminderten Sozialhilfe für Asylbewerber/innen, sich selber "Nostra Culpa!" verantwortlich stellend, haftbar zu machen sind?
Karlsruhe - Die staatlichen Hilfen für Asylbewerber/innen sind hinreichend angemessen, dem Niveau der ortsüblichen Sozialhilfe bzw. den Hartz IV Sätzen anzupassen.
Genau diesen Standpunkt vertrat das Karlsruher Bundesverfassungsgericht (BVG) in einem am Mittwoch, den 18. Juli 2012 rechtkräftig verkündeten Urteil. ( Aktenzeichen: 1 BvL 10/10 und 2/11 )
Jetzt wissen es selbst jene, die es längst gewußt, aber mit dem jahrelangen Rechtsbruch von amtswegen zu nicht belastbaren Gunsten von Staatshaushalten, auf die langsamen Mühlen der Gerichte setzend, Kasse machen wollten, dass die bisherigen Leistungen für Asylbewerber, hinten und vorne nicht reichend, dem staatlichen Fürsorgegebot der Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums all seiner Bewohnern/innen gegenünber, ohne Ansehen der Person, Hohn und Spott sprechen.
Nunmehr ist der Gesetzgeber unverzüglich aufgefordert, die Höhe der Zuwendungen für Asylbewerber/innen neu zu berechnen, entschieden die BVG Richter.
Bis dahin gilt eine Übergangsregelung, nach der die meisten der rund 130.000 Asylbewerber und Flüchtlinge ab sofort und zum Teil rückwirkend Leistungen erhalten, die sich an den Sozialleistungen für Deutsche Staatsbürger/innen orientieren.
Das bedeutet, dass die Betroffenen von nun an Leistungen in Höhe von 336- 374 Euro monatlich erhalten.
Davon müssen 130 Euro "für die persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebensbedarfs" in bar ausbezahlt werden. Bislang lag dieser Betrag bei 40 Euro. Die Übergangsregelung gilt rückwirkend ab 2011 für alle noch nicht rechtskräftig ergangenen Bescheide.

Die gesetzlich festgelegten Sozialleistungen für Asylbewerber und Kriegsflüchtlinge sind seit dem Jahre 1993, nach deren parlamentarisch mehrheitlich beschlossenen Herabsetzung gegenüber der allgemein gültigen Sozialhilfe, nicht mehr erhöht worden.
Die Sozialleistungen für Asylbewerber, Kriegs- und Interventionsflüchtlinge liegen bei monatlich 224 Euro und damit um bis zu 47 Prozent unter den Hartz-IV-Regelsätzen - die zurzeit 374 Euro für Erwachsene betragen, die eigentlich als Existenzminimum gelten, dessen realistische Festlegung aber mit Bezug zur gesellschaftlichen Wirklichkeit ( 1.036.-/monatlich pfändungsfreies Einkommen/Person) ebenfalls durch das BVG per Urteil im Jahre 2011 angemahnt wurde.
Der Erste Senat des BVG erklärte nun per Urteil, dass die Höhe der gegenwärtigen Geldleistungen im vorliegenden Fall evident unzureichend sei, weil diese trotz erheblicher Preissteigerungen in Deutschland so lange nicht verändert worden seien.
Deshalb seien die entsprechenden Regelungen mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums unvereinbar, das nicht nur Deutschen, sondern "gleichermaßen" auch allen Ausländern zustehe, die sich in der Bundesrepublik aufhalten. Dieses Grundrecht umfasst neben der "physischen Existenz des Menschen" auch die "Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen" und ein "Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben".
Amnesty International begrüßte das Urteil: "Seit langem war offensichtlich, dass die bisher gewährten Leistungen für ein menschenwürdiges Leben nicht ausreichen. Zudem sind sie diskriminierend", sagte Asylexpertin Diana Engel. Nun müsse die Bundesregierung endlich handeln und dafür sorgen, dass die Betroffenen Leistungen erhielten, die ihr menschenwürdiges Existenzminimum sicherten.
Von dem Urteil sind zurzeit rund 130.000 Asylbewerber und geduldete Ausländer betroffen.
Immerhin immer hin:
Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hatte ausgegebenem Anlass und in Kenntnis der realen Lage der Betroffenen im Vorfeld des zu erwartenden BVG. Urteil erhebliche Zweifel, ob 224 Euro monatlich das Existenzminimum eines Erwachsenen decken und legte das inkriminierte Gesetz deshalb den Karlsruher Verfassungsrichtern zur Prüfung vor.
Konkret ging es um Klagen zweier seit langem in Deutschland lebenden Flüchtlingen. Einer von ihnen, ein Kurde, war 2003 aus dem Irak geflohen. Er wird seither in Deutschland geduldet. Die Klägerin des zweiten Verfahrens, ein elfjähriges Mädchen, wurde sogar in Deutschland geboren. Ihre Mutter war aus Nigeria geflohen. Inzwischen hat das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit.
Die Opposition verweist mit einem anklagenden Finger auf die Bundesregierung.
"Gottseidank", schrieb Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck, "hat das Bundesverfassungsgericht die Bundesregierung mal wieder an ihre menschenrechtlichen Verpflichtungen erinnert".
Seit Bundespräsident Gustav Heinemann (Amtszeit 1969- 1974) wissen wir, wer mit einem Finger seiner Faust, ankalgend, auf einen anderen verweist, weist mit mindestens drei Fingern auf sich selber zurück
Die Tonlage von Volker Beck erstaunt insofern, da Bündnis90/Die Grünen und die SPD, wir erinnern uns, ja immerhin von 1998 bis 2005 gemeinsam eine Regierung gebildet haben.
Warum hatte damals die Rotgrüne Regierungskoalition nicht die gesellschaftspolitisch wegweisende Traute, rechtskonform, die Leistungssätze für Asylbewerber, Kriegs- und Interventionsflüchtlinge zu erhöhen, bzw. den normalen Sozialhilfeleistungen anzupassen?
Volker Beck redet sich, auf Nachfrage dazu, fadenrissig listig heraus:
"2002 gab es zum Beispiel einen Verordnungsentwurf zum Asylbewerberleistungsgesetz, der eine Erhöhung der Leistungsbeiträge vorsah. Dieser wurde vom Bundesrat abgelehnt." Von einer Abschaffung des Gesetzes hätten die Grünen die SPD seinerzeit nicht überzeugen können."
Politische Bereitschaft und Fähigkeit zur parteilichen Kampagnenstärke in einer brennenden Sache hört und fühlt sich anders an.
JP


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Geschrieben von

Joachim Petrick

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Joachim Petrick

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