Tatort "German-Crime Puppenspieler"

TV- Tatortkritik Auch wenn es Regisseur Florian Baxmeyer aus "dunklen" Gründen "Viele Szenen spielen im Halbdunkel nächtlich erleuchteter Stadtszenen Bremens" nicht gelingt, Zutaten,,

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Von "Russischer Puppe" empfohlen: Grüner Tee, Marke "Druschba"

Der Plot zum Tatort "Puppenspiel"

Die Weser soll, neben umweltbelastender Kali- Einlassungen, einmal mehr ausgebaggert werden, die Elbe übrigens auch. Da dies politisch und juristisch von einer NGO in Bremen angefochten ist, kommt es zu einem Hauptverfahren bei einem fünfköpfigen Senat des Bundesverwaltungsgerichtes.

In den Medien ist bereits, lanciert, gezielt durchgesickert, dass zwei der Richter sich für die umweltbelastende Vertiefung der Weser entscheiden, zwei dagegen stimmen werden. Das Zünglein an der Waage ist folglich das Votum von Richter Konrad Bauser.

Bosse des Weser-Ausbagger-Konzerns rücken, robust über ihre Pläne konferierend, ins Bild, wobei es nicht darum geht, nur die Natur der Weser zu schädigen, sondern global aufgestellt, auch in Südamerika undurchsichtige Geschäfte mit dem umweltbelastenden Betreiben von Kohlenerz- Minen forciert anzuteichen.

Unerwartet taucht aus dem Nichts ein Video auf, das Richter Bauser in einem Hotelzimmer in Bremen beim Sex mit einer Minderjährigen zeigt.

Brisanter Stoff, erst Kindesmissbrauch durch Priester, Reformpädagogen, nun durch eine der Höchsten Richter Deutschlands, der in diesem Fall den Richter Bauser erpressbar macht.

Die Minderjährige heißt Mell, lebt obdachlos in Bremen kein Leben, weshalb sie auch kein neues anfangen könnt, auch wenn bei dem Erpressungsversuch des Richters Bauser für sie und ihren siebzehnjährigen Freund Ole 50.000.- € herausgesprungen wären, sie lebt Abenteuer, wie sie selber sagt

Bei der vereinbarten Geldübergabe wird Ole erst niedergeschossen, dann mit zwei Schüssen "hingerichtet", mit einer Spritze postmortal zur Vortäuschung eines mörderischen Drogendelikts im Milieu voller Designerdrogen gepumpt, Mel wird leicht angeschossen, kann aber wundersam dem Profikiller entkommen,

Die Bremer Kommissare Lürsen und Stedefreund glauben zunächst, wie es der Killer inszeniert, an einen Mord im Drogenmilieu, doch dann tauchen durch dieselben DNA-Spuren und dieselbe Tatwaffe Verbindungen zu einer über Jahre während bundesweiten Mordserie in Nürnberg, Leipzig, Hannover, Görlitz, Hamburg, Dortmund, München, Berlin auf.

Kommissarin Lürsens lapidarer Spruch in Anspielung auf den Spruch der bösen Mädchen:.

"Gute Mädchen kommen in den Himmel, böse Mädchen kommen überall hin!"

"Früher wollten alle in den Himmel, heute wollen alle ins Fernsehehn!"

Das Mädchen Mel aus dem Sex Video glaubt hingegen aus belastbaren Gründen an die Schuld von Richter Bauser. Als das Richterkollegium illuster zu einer Dampferfahrt im Rahmen einer, juristisch anberaumten Ortsbegehung, auf der Weser aufbricht, steht Mel am Kai und ruft Richter Bauser zu „Mörder!“

Woraufhin Richter Bauser irritiert und aufgebracht auf dem Weser Dampfer zu seinem Handy greift, eine zögerliche Lady an der Strippe, die sich später als BKA- Mitarbeiterin entpuppt, mit scharfem Kommandoton zum Handeln auffordert "Same Procedere Code- Order- Nummer".

Gibt es autonom agierende Organisationen unbekannter Herkunft aus Deutschland, aus den Regierungsapparate des Bundes, der Länder, oder einem anderen Land, Russland?, die mit scheinbar nie versiegenden finanziellen Quellen ausgestattet, nach Art von V- Leuten, wie im NSU- Mordserien- Fall von 2001- 2011, "Immunität" genießend, jeglicher juristischen Kontrolle entzogen, aus angeblicher Staatsräson per Anruf von höchster Ebene, grenzüberschreitend, Auftragsmorde begehen, oder in diesem Fall dem Richter Bauser noch eine Gegenleistung schuldig sind?

Stedefreund und Postel kommen im Laufe der Ermittlungen einer der Organisationen bedrohlich nahe. Worauf, wie bestellt, einer der vielen Mitarbeiter dieser Organisation als "Bauer im Schachspiel" geopfert, erschossen, als Leiche hinterlegt, in einem Auto ausfindig gemacht wird

. Der sexuelle Missbrauch der Minderjährigen Mell durch den Richter Bauser wird von zwei unabhängigen Kameras in dessen Bremer Hotelzimmer gespeichert.

Richter Konrad Bauser wird erpresst und sucht einen Ausweg.

Die Welt der "Großen Puppen & Player"

Das Bremer Tatort Team will es dieses Mal wissen.

Der Plot verspricht das ganz große Kino.

Die brisanten Zutaten in der Gemengelage von weisungsgebundenem BKA, Polizei als weisungsgebundenes Hilfsorgan der Staatsanwaltschaft, der Innenminister Bremens, des Bundes, die der Gewaltenteilung von Exekutive, Legislative, Judikative nachwievor, wie zu besten Kaisers, des furchtbaren Gefreiten und „Erich wehrt sich am längsten“ Zeiten, in Deutschland Hohn spricht, ein eigensinniges Bremer Kommissaren Team, das sich um Weisungen der intervenierenden und das Kommando der Ermittlungen übernehmenden BKA- Beamtin Sigrid Stange wenig schert, scheinen, vielversprechend, alle zu stimmen.

Tatsächlich wird das Bundesverwaltungsgericht im Mai 2013, abschließend, über den Ausbau der Weser durch Vertiefung verhandeln.

Die organisierten Wutbürger aus ganz Deutschland rücken, lauthals protestierend, ins Bremer Bild

Massive Verweise auf mutmaßlich international geschäftliche Verstrickungen der Akteure vor Ort in Bremen klingen als Protest an und ,machen bundesweit die Runde.

Der Bremer Kommissar Stedefreund kriegt, gerade so eben über dreißig Jahre alt, die Sinnkrise

"Trau Dir selber niemals über dreißig!"

und verkündet seinem Team, mitten im Ermittlungsgetümmel, er habe sich als Ausbilder für Polizeikräfte in Kundus/Afghanistan beworben und sei angenommen worden.

Kommissarin Lürsen will da, mitagierend, nicht nachstehen und offenbart ihre Zerrissenheit zwischen politischer Sympathie für die Gegner der umweltbelastenden Weservertiefung, ihrer Loyalität als Beamtin des Bundeslandes Bremen als Dienstherrn und ihrem dienstlichen Auftrag, unter dem Druck der Gemengelage, mit aller gebotenen Sorgfalt und menschlichen Umsicht wg. mutmaßlich sexuellem Missbrauch von Minderjährigen, finsterer Verstrickungen von Politik, Justiz, BKA, Geheimdiensten unbekannter Provenienz zu ermitteln.

Auch wenn es Regisseur Florian Baxmeyer und seiner Schnittmeisterin Elke Schloo aus "dunklen" Gründen "Viele Szenen spielen im Halbdunkel nächtlich erleuchteter Stadtszenen Bremens" nicht gelingt, alle vielversprechenden Zutaten durch rasche Film Schnittfolgen zu einem aromatisch bekömmlichen Eintopf zu verrühren, schwillt schlussendlich die unbändige Ahnung des Zuschauers an, dass es sich hier um eine wirklich große Erzählung handeln könnte, die nachhaltig zu denken gibt.

Kommissar Leo Uljanoff (l., Antoine Monot Jr.), kommt als Neuzugang im Bremer Ermittlungsteam optisch als bärtig- langfetthaarige Mischung von "Hacker Genius und Schlunz" ins Bild.

. Er ersetzt Stedefreund (Oliver Mommsen) als Kollege von Inga Lürsen (Sabine Postel). Alle drei trauen der BKA-Kollegin Sigrid Strange nicht über den Flur.

Im Tatort "Puppenspiel" wird mit dem Neuzugang Kommissar Leo Uljanoff, beiläufig und doch atmosphärisch bestimmend, auf die Symbolik der Undurchsichtigkeit bei gleichzeitig unverwüstlichen Beständigkeit der immer gleich freundlich russischen Puppe, den Puppen in der Puppe, angespielt.

Aus Russland kommen doch in zeitgenössischen Filmen Westeuropas eigentlich die finsteren Verbrecher Gestalten und sei es als Inkassobüro Moskau, Kiew, die weltweit bis in die höchsten Kreise der Politik, Wirtschaft, des Finanzwesens organisierten Gangster? und nun das, bzw. der russische Kommissar?

Bei der ersten Begegnung macht Kommissar Leo Uljanoff nicht einmal einen Hehl daraus, dass er die Hauptkommissarin Lürsen als kundig ausgelernter Profiler in ihrem beruflichen und privaten Umfeld vorab gleichermaßen ausgeleuchtet hat, als wenn das heutzutage, bar jeder Datenschutz Rechtslage, vor Dienstantritt so üblich ist.

„Liebesgrüße aus Moskau!“, "Big Brother! Schröder/Putin, Gazprom Connection lassen grüßen?"

"Druschba", Freundschaft, verspricht der gebürtige Russe, unverwüstlich freundlich, seltsam umwerfend wie brenzlig auftrumpfend.

Kommissar Leo Uljanoff sorgt sich eingehend um Kommissarin Lürsens Gesundheit: Grüner Tee statt Kaffee, lautet seine dringende Empfehlung nach Mütterchen Russlands Art, Treppe statt Aufzug.

"Diese Mutter-Sohn-Kiste im Job" findet er eigentlich ziemlich passe und wohl nicht nur die Frage, ob er sie "als Mann nervös macht", sondern auch sein forsch übergriffiger Auftritt als Profiler, lösen bei Kollegin Lürsen zunächst, beschwichtigende, Lachanfälle nach Art der „Identifikation mit dem Aggressor“ (Stockholm- Syndrom) aus.

Später ändert sich das, wie der Film im neuen Stil der Zeit zeigt, indem sich Kollegen/innen selbst gegenseitig, kunterbunt, auf- und übereinander, schon einmal durch körperlichen Intim- Einsatz („One- Night Stand“ in der Arbeit, ungeniert beflügelnd, das Private zum Beruflichen, das Berufliche zum Privaten erklärend, gegenseitig befeuern.

„Kommt in den polizeinahen Schützenverein! Da könnt ihr Freunde/innen treffen!“

Das ist klar! Nach diesem Tatort "Puppenspiel" des Bremer Ermittler/innen Teams ist nichts mehr, wie es vorher war.

Ich sage voraus, hier bahnt sich, mit und nach diesem Tatort, in Erwartung des NSU- Prozesses im Juni 2013, wie damals in Drehbüchern skandinavischer Kriminalfilme nach dem unaufgeklärten Mord an dem schwedischen Ministerpräsidenten Olaf Palme im Jahre 1986, die anschwellende Tonlage eines neuen Deutschen Polit- Krimi- Genres an "Schweden Crime war gestern, jetzt gilt German- Crime".

JP



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Geschrieben von

Joachim Petrick

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Joachim Petrick

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