Vom Dschungel- ins Arbeitscamp?

Beschäftigtendaten "Vom Dschungel- ins Arbeitscamp" ist, mit allerlei Prominenz aus Medien, Politik, Kultur, Sport, in "Arbeitscamps" angereichert, auch keine Lösung für Datenschutz.

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Vom "Big- Brother is watching you"(George Orwell Roman "!984") über "Big Boss is watching you" 2013? zur "Schönsten aller Arbeitswelten"(Huxley) ?

Keine bedingungslose Überwachung bei der Arbeit!

Das in Vorlage befindliche Gesetz zum Beschäftigtendatenschutz der schwarzgelben Bundesregierung spricht einerseits seinem Namen Hohn, andererseits bietet es richtig naiv verstanden und angewandt, womöglich zukünftig, ungeahnte Chancen, die Arbeitzswelt, via Internet, transparent zu gestalten: Das Gesetz sieht vor, persönliche Daten von Beschäftigten dem offenen Zugriff von Unternehmen schutzlos preiszugeben.

Noch kann der Bundestag diese unselige Gesetzesvorlage der schwarzgelben Bundesregierung zum Nachteil aller Beschäftigten stoppen.

Bildlich gesprochen:

Wir stellen uns vor, jeder für sich, einer für alle, wir werden an unserem Arbeitsplatz von einer Kamera nicht nur beobachtet sondern, tagaus, tagein wie im "Dschungelcamp" gefilmt.

Wir laufen ziemlich berechtigt, dauerhaft mit dem Gefühl schwanger, unser Chef weiß mehr über uns, erstens, als er sollte, zweitens als wir selber.

Was ist, wenn unser Boss ein betriebsfremdes Nebengeschäft aufbaut, indem er ein Profil unserer Gewohnheiten, good and bad Habits, erstellt und meistbietend an die Werbebranche, Arbeitsagenturen, Personalentwicklungsbüros, ohne Rechenschaftspflicht verhökert?

Und beim nächsten Besuch eines Supermarktes, werden wir, über Kopfhörer persönlich angesprochen, an unsere Kaufgewohnheiten (good and bad Habits) erinnert, bei einem nächsten Vorstellungsgespräch werden wir mit detaillierten Informationen von vorherigen Arbeitgebern konfrontiert.

Wenn das erst einmal zur Gewohnheit in unserer Arbeitswelt wird, verlangen demnächst Arbeitgeber bei Bewerbungsgesprächen die detaillert lückenlose DVD- Vorlage unserer Ausbildungs- und Beschäftigungs- Historie.

Das wäre einerseits so furchtbar, als sollte die George Orwell Welt des "Big Brother is watching you", durch ein "Big Boss is watching you" verdichtet, noch übertroffen werden.

Andererseits argumentieren Befürworter des "Beschäftigtendatenschutzgesetzes", arglos oder listig, mit dem Hinweis, dass dieses Gesetz ja auch, bei richtig umfassender Anwendung, sichern könnte, was viele Verbraucher lange verlangen, dass Arbeitsabläufe, Einhaltung von gesetzlichen Arbeitszeiten, KInder- . Arbeitsplatz- und Brandschutzbestimmungen, Verhalten von Arbeitgebern in industrie und Handel dokumentiert werden.

Wäre das nicht ein Gewinn im Namen der Humanisierung der Arbeitswelt?

Textil- , Computer- , Ipod- , Automobilzuliefererfabriken in Indien, Vietnam und andernsorts in der Welt, die für Kiki, C&A, H&N, Peek&Cloppenburg, Aldi, Lidl, Saturn, Apple, Dell, Nokia, Toshiba, Samsung, IKEA u. u. per Gestattungsproduktion Waren herstellen und liefern, wären durch Verbraucherorganisationen, Gewerkschaften gezwungen, via Internet. jederzeit von jedermann hör- und einsehbar, Transparenz der Arbeits- Pausenzeiten, Arbeitsabläufe, Einhaltung von gesetzlichen Kinder- , Arbeitsplatz- und Brandschutzbestimmungen, filmend, herzustellen und, binnen 24 Stunden, in staatlichen Archiven dokumentiert zu hinterlegen.

Im Stil von Überrumpelung des Parlaments hat die schwarzgelbe Bundesregierung Anfang Januar diesen Jahres 2013 diesen Gesetzesentwurf dem Bundestag vorgelegt.

Der Sturm der Entrüstung von Datenschutzbeauftragten und Gewerkschaften schwillt erfreulich zeitnah an. Der, Eckpunkte setzende, Innenausschuss des Deutschen Bundestages verschob die Beratung - auf kommenden Mittwoch (30. Januar 2013).

Darin sieht die Kampagnenorganisation Campact via Internet ihre Chance zu einem massenhaften Appell:

"Bis dahin wollen wir mindestens 75.000 Menschen hinter unserem Appell versammeln. Helfen Sie mit, das Gesetz zu Fall zu bringen!

Unterzeichnen Sie jetzt unseren Appell!"

"Das neue Gesetz würde zwar geheime Videoüberwachung à la Lidl verbieten, gleichzeitig aber die offene Videoüberwachung am Arbeitsplatz massiv ausweiten. Unternehmen könnten durch Screening alle möglichen Daten ihrer Beschäftigten auf Auffälligkeiten abgleichen: Etwa Stammdaten oder Stempelzeiten, aber auch E-Mails oder Internetzugriffe. Und sie dürften beim bloßen Verdacht einer Straftat solche Beschäftigtendaten sowohl konkreten Personen zuordnen, als auch ohne deren Kenntnis sammeln." (Campact )

Durch diese Gesetzesvorlage werden Befugnisse von privaten und öffentlichen Unternehmen zu Lasten des Schutzes von Beschäftigten ausgeweitet.

Ein Klagerecht für Betriebs- und Personalräte ist in diesem Gesetz nicht vorgesehen. Das erschwert Betriebs- und Personalräten nicht nur, Beschäftigte zu unterstützen, sondern nährt den Boden für unselig gefühlte und wirkliche Komplizenschaften zwischen Betriebsleitungen, Betriebs- und Personalräten.

Da bauen sich dunkle Wolken totalitärer Verhältnisse in der Arbeitswelt auf, wie diese Hannah Arendt in ihrem Buch über den "Totalitarismus", mitten unter Nachbarn, Studenten, Lehrern, Dozenten, Kollegen, Genossen, als Gefühl der Verlassenheit beschreibt

Die Kritikpunkte an dieser schwarzgelben Gesetzesvorlage gewinnen täglich mehr an Gewicht.

Korrekturen wirken da nur schlimmverbessernd.

Der Deutsche Bundestag sollte diesen Gesetzesentwurf in der vorliegenden Form einhellig abweisen.

Ein Beschäftigtendatenschutz, der seinen Namen verdient. liest sich anders.

Campact engagiert sich zusammen mit Partnern, darunter der Verein Digitalcourage und der Deutschen Vereinigung für Datenschutz, dafür ein, Zeit für die eingehende Beratung eines Beschäftigtendatenschutzgesetzes zu gewinnen, das diesen Namen als globale Säule einer transparenteren Arbeitswelt in alle Richtungen und auf allen betrieblichen Ebenen, bis in Betriebsleitungs- und Vorstandssitzungen hinein, verdient.


Die quotenstarke Devise

"Vom Dschungel- ins Arbeitscamp" ist da, mit allerlei Prominenz aus Medien, Politik, Kultur, Sport, Wissenschaft, Kunst, in "Arbeitscamps" angereichert, auch keine, hoffnungsfroh stimmende, Lösung für Beschäftigtendatenschutz, weil die Tranparenz der Regie und Produktion in Dschungelcamps bisher, asymmetrisch unterbelichtet, ungefilmt, außen vor bleibt.
JP

Link für Campact Appell Interessierte:

https://www.campact.de/arbeitnehmerdatenschutz/appell/teilnehmen/

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Geschrieben von

Joachim Petrick

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Joachim Petrick

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