"Was haben die Bibel und der Freitag gemeinsam?"

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"Was haben die Bibel und der Freitag gemeinsam?"

Der Freitag wie die Bibel künden wirksam als Medium des gedruckten Wortes von Geboten statt Verboten.

Der Freitag wie die Bibel wirken Offline!

Es war für mich wieder, wie in den späten siebziger Jahren des Zwanzigsten Jahrhunderts, als Muhammed Ali gegen Joe Frazier oder George Formann, nächtens aus Kinshasa telegen übertragen. unter der Obhut des entsetzlichen Despoten Mobuto gegeneinander boxten.

Ich hatte mir den Wecker für den heutigen Tag, 16. März 21010 auf 3.50 Uhr gestellt, um in 3sat bei der Wiederholung der Sendung "Vis-à-vis" Zuschauer und Zuhörer des Wortgefechts zwischen Jakob Augstein und Frank A. Meyer ab 3.55 Uhr zu sein.

Ab 4.20 Uhr war ich, mit mir kämpfend, tatsächlich wach und Online.

Fragen, die aus der Zeit gefallen:

"Was haben die Bibel und der Freitag gemeinsam?"

Die Bibel und der Freitag wirken im Zeitalter des permanenten Online der Vielfalt, dem Reichtum der Vielstimmigkeit im Glauben, wie in des Gedanken Flugs wie Fluchs als Projekte des Offline.

Worin unterscheiden sich die Bibel und der Freitag in der wöchentlichen Lesepraxis des Kirchen- wie Freitags Jahres?

Die Bibel, anfänglich in einer Online- Welt vermeintlich letzter gesprochener Worte, Wahrheiten konzipiert, die Botschaft vom Wort nach dem letzten Wort zu verkünden, verfiel selber zunehmend in den Status des "unanfechtbar" letzten Wortes, den die Bibel an ihrem Offline Anbeginn sendungsbewußt bekämpft.

Der Freitag dagegen lebt als Offline- Print- Meinungsmedium in der Schriftkultur davon, dass es als gedrucktes Wort, immer nur ein vorläufiges, niemals aber ein letzes,ein erlösendes wie endlösendes Wort als Print geben wird.

Wer liest schon das letzte Wort gerne zweimal?

Wobei Jakob Augstein selber, hier und da, "Vis-à-vis" als Kontrast, gleichnishaft, als sei dies sein letztes Wort, sich als Linker offenbart.

"Was binden die Bibel und der Freitag im Zeitalter des Internets, was andere nicht binden?

Die Bibel wie der Freitag spenden bindend Zeit für das lesende Verweilen bei Aufenthalten in Offline- Orten der Stille.

Sind wir heute im Zeitalter des Internets, des World Wide Web, wieder in vorbiblischen Zeiten angelangt, wo es nicht darum geht, den Mangel an Vielfalt, Reichtum der Vielstimmigkeit im Glauben, an Gedanken in der Welt als wiehernd fliehendes Pferd oder Fluch zu beklagen, sondern im Wege des Übergangs von der schriftlosen zur Schriftkultur mit dem Projekt "Die BIbel" als sichtbarer wie unsichtbarer Hand, Offline an intimen, an Orten der Stille, schwarz auf weiss, geistig die Spreu vom Weizen zu trennen?

Jakob Augstein verweigert seinem Gegenüber einmal mehr, bis zur stirnrunzelnden Schmerzgrenze zurückgenommen, milde gestimmt, den Glanz seiner Augen, gerade wenn dieses Gegenüber ihn debattenfreudig anstrahlt.

Verweigert Jakob Augstein in unerkanntem Heldentum in aller Zurückgenommenheit seine Synchronisation mit der sprechenden Online Kultur des Mainstream von Talkrunden, Presseclubs, Interviews, wie jetzt in dem Vis-à-vis Gespräch mit Frank A. Meyer (s.u. ), weil er sich, ganz und innig, gärtnerisch der Schriftkultur des Offline Prints verschrieben hat?

Dabei lockt Jakob Augstein gerne sein Gegenüber, wie Frank A. Meyer, auf das Glatteis von Haltungen statt inhaltlich gefüllten Meinungen, die es einzunehmen gelte, um dann bei der Frage von Frank A. Meyer nach seiner persönlichen Haltung, die konkrete Antwort schuldig bleibend, sich unterhaltsam windend. ironisierend festzustellen:

"Das ist ja eine schreckliche Frage, wie die Frage an Kinder:

"Was würdest Du tun, wenn Du einen Tag König wärest!""

Dabei hat Jakob Augstein längst in dem Meinungsmedium der Freitag mit angeschlossener Freitag- Community hinterlegt, was er mit Haltung meint, nämlich das Fordern und Fördern einer Empörungskultur, deren Grenzen erst da beginnend enden, wo einst "Der Stürmer" als NS- Medium, auflagenstark, die Empörungs- zur Hetzkultur gewendet.

Jakob Augstein nimmt z. B. empört die programmatische Haltung gegenüber Frank A. Meyer in dieser Sendung Vis-à-vis ein, als wolle er sagen, Inhalte verdammen uns zur Defensive, Empörung dagegen verschafft uns Offensive:

"Warum ist die Banane krumm?

Warum haben wir uns die Freiheit einer geraden Banane im sozialen Dschungel seit den siebziger Jahren des Zwanzigsten Jahrhunderts einfach widerstandlos klauen lassen?"

Warum empören wir uns über Dr. Guido Westerwelles Haltung?
Tun wir das, weil die Medien ihre außenpolitischen personalintensiven Kompetenzen an Recherche, Wissen über geopolitische Zusammenhänge in den Redaktionen abgebaut, lieber kostensenkend auf die Empörungskacke haut, statt Dr. Guido Westerwell in flagranti bei seinen außenpolitischen Unterlassungen an Initiativen im deutschen, im europäischen Namen zu ertappen?

Ist Dr. Guido Westerwelle als auserkoren unerschrockener Medienheld, der alle Speere kühn auf sich zieht, damit im bunten Blätterwald keiner die Blöße bundesdeutscher Außenpolitik sieht, ein Politiker Erfolgs- Modell im prekären schwarz- gelben Gewand?

Jakob Augstein pflegt wie der Bundeskanzler a. D. Helmut Schmidt "auf eine Zigarette" gern den Spagat des jawohl sowohl als nachgereichtem auch.
Da gelten Jakob Augstein einerseits die Medien Stern, Der Spiegel, Die Zeit, SZ, FAZ, taz brilliant wie uneingeschränkt investigativ am Markt aufgestellt, anderseits aber klagt Jakob Augstein mit ansatzlos aufblitzendem Elan über die totale Verstrahlung des Mainstreams der Medien bis in die Parteien, Gewerkschaften, Verbände, Kirchen, politischen Stiftungen hinein, wenn die im Jahre 2000 von einer Reise nach Schanghai zurückgekehrt, nur noch in Ohnmachtsgebärden raunen:
"Was sollen wir nur mit unserer betrieblichen Mitbestimmung u. a. machen, angesichts dessen, was wir dort in China gesehen, was von dort aus China auf uns zukommt?"
und unser System durch die redaktionelle Bank kommentarlos zur Disposition stellen,statt dieses System aus guten Gründen argumentativ kämpferisch wie überzeugend zu verteidigen?

Wo bleibt da die Wut, die Jakob Augstein an anderer Stelle eloquent als gesellschaftlich gestaltende Tugend eingefordert, dass manche schon meinten, Jakob Augstein wolle den Freitag als wöchentlichen Tag der Erscheinung des Zorns im bunten deutschen Blätterwald einführen?

Zum Schluss mag sich Jakob Augstein die Offenbarung seines biblischen Treiben in und mit dem Offline Printmedium der Freitag gegenüber Frank A. Meyer nicht verkneifen, wenn er als letztes Wort verkündet:

"Ich glaube an das Offline Printmedium der Freitag, das ich gekauft habe.

Was die Leser/innen, User/innen, Blogger/innen, Autoren/innen daraus an vorfinanzierter Partizipation machen werden, ist allein deren Sache."

Mehr "Gründungsvater Abraham" war nie aus Jakob Augstein zu vernehmen!, oder?

Warum sagen wir von der Freitags Community nicht einfach ganz vorkatholisch "Papa immobile"

zu Jakob Augstein?

Was bei Rudolf Augstein als intellektuell daherkommendes Alleinstellungsmerkmal eines Medien Genius galt, den geringsten Hauch von Gefolgeschaft gegenüber dem Mainstream, gar einer politschen Farbe vermeidend, sich im Frage und Antwortspiel zurücknehmend, dass am Ende mehr Fragen offen waren, als gestellt wurden, wirkt bei Jakob Augstein eher alleingelassen wie das Pfeifen des rasenden Rolands als grüner Heinrich im stillen Blätterwald.

JP

Wiederholung der 3sat Sendung am 17.03.10, 6.00 Uhr

Vis-à-vis

Jakob Augstein,

der innovative Verleger, befragt von Frank A. Meyer

Erstausstrahlung 3sat, 15.03.10, 23. 20 Uhr

Vis-a-vis

Gesprächsreihe

60 min.

Inhalt

Jakob Augstein wurde 1967 in Hamburg geboren und lebt heute in Berlin. Rudolf Augstein, Begründer des Magazins "Der Spiegel", ist sein gesetzlicher, der Schriftsteller Martin Walser sein leiblicher Vater. Jakob Augstein studierte Politik in Berlin und Paris, bevor er bei der "Süddeutschen Zeitung" arbeitete - zuletzt leitete er dort die Berlin-Seite. 2008 kaufte der Journalist die Wochenzeitung "Der Freitag". Als deren Verleger hat er Auflage wie Redaktion massiv ausgebaut: Blogger gestalten nun den Inhalt des Blattes wesentlich mit. Jakob Augstein ist in "Vis-à-vis" zu Gast bei Frank A. Meyer.

Alternative Sendeplätze

17.03

06:00

3sat

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Joachim Petrick

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Joachim Petrick

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