Freiwillige vor!

Zivildienst Junge Leute ­wollen sich ja engagieren – nur muss die Politik ihnen das auch möglich machen

Unausweichlich folgt in diesem Lande, wenn über die Abschaffung der Wehrpflicht debattiert wird, das Lamento über den dann obsoleten Zivildienst auf dem Fuße. Fällt die Wehrpflicht, kippt logischerweise auch der Zivildienst. Und prompt ertönt – zuletzt von Unionspolitikern wie Roland Koch und Peter Müller ­– die Forderung, anstelle des Wehr- und Zivildiensts eine neuartige, allgemeine Dienstpflicht für junge Männer und Frauen zu kreieren.

Nun schließt nicht nur das Grundgesetz, sondern auch das Völkerrecht aus gutem Grund einen Pflichtdienst aus. Derzeit gibt es nur ein Land, das sich darum nicht schert: die Militärdiktatur in Burma (Myanmar). Regelmäßig fordern die Vereinten Nationen dieses Land auf, die allgemeine Dienstpflicht als systematische Anwendung von Zwangsarbeit aufzuheben.

Doch findet in weiten und gerade auch jüngeren Teilen der Zivilgesellschaft der Gedanke eines freiwilligen, ehrenamtlichen bürgerschaftlichen Engagements ohnehin große Zustimmung. Freilich müssen die politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen stimmen. Und hieran hapert es nicht zuletzt deshalb erheblich, weil immer noch viel zu viele Betonköpfe auf dem ungerechten und überteuerten Wehr- und Zivildienstsystem beharren.

So kann es keineswegs überraschen, dass derzeit jedes Jahr Zehntausende junger Menschen, die sich gerne engagieren möchten, nur deshalb ab­ge­wie­sen werden, weil das Geld für die Pflichtdienste verplempert wird. Kein Wunder, wenn die Entfaltung jener „neuen Kultur selbst­ver­ständ­li­cher Freiwilligkeit“, welche die von der damaligen Familienministerin Renate Schmidt (SPD) ins Leben gerufene Kommission Impulse für die Zivilgesellschaft schon 2004 angeregt hatte, weiterhin auf sich warten lässt.

Ob sich dies mit dem aktuellen Vorschlag eines freiwilligen Zivildienstes der amtierenden Familienministerin Kristina Schröder (CDU) ändern wird, ­erscheint höchst fraglich. Der statusbewussten Ministerin geht es zuvörderst darum, ihre Bundesoberbehörde, das bisherige Bundesamt für den Zivildienst mit rund 1.000 Mitarbeiter sowie 560 Millionen Euro aus ihrem Etat zu retten. 35.000 Freiwillige pro Jahr im Rahmen eines vom Bund getragenen Zivildienstes kämen dafür gerade richtig.

Doch anstatt unsinnige Doppelstrukturen zu schaffen, erscheint es viel sinnvoller, neue Finanzierungswege zu finden, um die bereits bestehenden, von den Ländern getragenen Freiwilligendienste auszubauen. Denn Umfragen zufolge bekunden 18 Prozent eines Jahrgangs – das sind jedes Jahr etwa 140.000 Männer und Frauen – großes Interesse, ein so genanntes Freiwilliges Soziales, Kulturelles oder Ökologisches Jahr abzuleisten. Das Bewusstsein für die Notwendigkeit freiwilligen sozialen Engagements und auch der tatkräftige Wille hierfür sind in der Jugend dieses Landes also durchaus lebendig – die Politik muss nur endlich beginnen, ernsthaft damit umzugehen.

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