Breitensport bleibt verboten

Coronakrise Sportvereine und Gesundheitsexperten schlagen Alarm

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Breitensport bleibt verboten

Foto: Martin Rose/Getty Images

Die Deutschen haben bald wieder die Haare schön, für den Einzelhandel gibt es Stufenpläne für Öffnungen, in Niedersachsen und Schleswig-Holstein dürfen pünktlich zum Valentinstag die Blumenladen und Gartencenter öffnen, nur der Breitensport bleibt auf der Strecke, zum Ärger der Amateursportvereine und Fitnessstudios. Die Bemühungen der Sportminister der Länder, die vor dem Treffen der Kanzlerin mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten am 10. Februar 2021 auf Lockerungen gedrängt haben, waren vergeblich. Mehr als eine Arbeitsgruppe hatte die Bundesregierung dem stark gebeutelten Breitensport nicht zu bieten.

Der Sport hatte während der Pandemie mehr geschlossen als geöffnet, und langsam schwindet in der Bevölkerung das Verständnis dafür, dass der Profisport ungehindert stattfindet, während Hobbysportler sich mit ein paar Übungen zu Hause zufrieden geben müssen und den Rest der Freizeit vor dem TV oder im kuscheligen Bett zu verbringen. Dabei ist der Sport systemrelevant, weil er für Kinder, Erwachsene und Senioren gesundheitsfördernd ist, denn er stärkt das Immunsystem und kann so mit größter Wahrscheinlichkeit schweren Krankheitsverläufen bei einer Corona-Infektion vorbeugen

Lockdown bringt nicht nur wirtschaftliche Schäden

Viele Sportvereine und Fitnessstudios sind wirtschaftlich am Limit, weil sie reihenweise Mitglieder verlieren und staatliche Hilfen noch nicht angekommen sind, so ein Sprecher vom Dart Blog "Dart21". Doch auch die gesundheitlichen Folgen des Sport-Lockdowns werden auf lange Sicht hohe Kosten verursachen.

Leidtragende sind vor allem die jüngsten und die ältesten Mitbürger. Die Kinder, die vor dem Lockdown im Sportverein mit ihren Freunden Fußball oder Handball spielten oder Hip Hop tanzten, verbringen jetzt ihre freie Zeit am PC, Tablet und Smartphone ohne ausreichend Bewegung und soziale Kontakte. Da sind Übergewicht und psychische Erkrankungen vorprogrammiert. Die Kinder und Jugendlichen, die sich in der wichtigsten Zeit ihrer Entwicklung befinden, wieder für den Sport zu gewinnen, wird eine große Herausforderung werden. Trainer und Forscher befürchten, einige Kinder an Smartphone und Spielkonsole zu verlieren.

Senioren, die durch den Sport nicht nur körperlich fit waren, sondern ihn auch als Möglichkeit sahen, noch am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, werden durch die Schließungen der Sporstätten unbeweglicher und antriebsloser. Sie laufen zudem Gefahr, zu vereinsamen. Experten warnen davor, dass viele Menschen durch den Wegfall des Reha-Sports nicht austherapiert werden können und pflegebedürftig werden.

Politik misst mit zweierlei Maß

Zwar ist die Ansteckungsgefahr gerade durch die Virus-Mutationen sehr hoch, und natürlich muss die Politik alles tun, um die Bürger zu schützen. Oft muss der Weg in die Sporthalle oder ins Fitnessstudio mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurück gelegt werden, und dort ist das Risiko einer Ansteckung enorm hoch. Andererseits werden Arbeitgeber nicht ausreichend dazu angehalten, Mitarbeiter ins Home-Office zu schicken. Hier wird mit zweierlei Maß gemessen.

Sport mit Abstand ist möglich, und die Vereine und Fitnessstudios haben schon nach dem ersten Lockdown gut funktionierende Hygiene-Konzepte entwickelt, sodass sie weit davon entfernt waren, zu Corona-Hotspots zu werden. Die wirtschaftlichen, gesundheitlichen und gesellschaftlichen Schäden hingegen, die ein weiteres Verbot des Breitensports hinterlässt, werden uns und die nächsten Generationen noch lange nach der Pandemie beschäftigen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Juliane von Hopfgarten

Meine Themenbereiche umfassen internationale Politik, Wirtschaft sowie Frauenrechte. Unten ein Link zu meinen Beiträgen auf EditionF.

Juliane von Hopfgarten

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