Bundeskanzlerin trifft Menschenrechtler

China Am Donnerstag traf Angela Merkel in der deutschen Botschaft in Bejing mit neun Aktivisten zusammen. Solche Termine haben bei ihr mittlerweile Tradition.

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Die Gefahr, Angela Merkel riskiere mit ihren Menschenrechtsanliegen den "Zorn" der chinesischen Parteiführung, dürfte übertrieben sein: schließlich erhielten Berichten zufolge am Donnerstag abend Ortszeit neun chinesische Aktivisten - Menschenrechtsanwälte, Autoren und Blogger - Zutritt zur deutschen Botschaft. Dafür mussten sie erst einmal an der chinesischen Staatsmacht vorbei, und die musste sie ja nicht durchlassen. Dass es nicht immer so glatt geht, weiß zum Beispiel Mo Shaoping, der im Februar 2012 eingeladen gewesen war.

Die chinesische Parteiführung wird den Termin in der deutschen Botschaft nicht ignorieren. Sie setzt sich sogar indirekt - »medial - mit dem Menschenrechtsthema auseinander, denn das kann sie sich mittlerweile leisten. Die Zeiten, in denen Propaganda in China vornehmlich mit Lautsprechern und dem Holzhammer verbreitet wurde, sind vorbei, auch wenn die Presse nach wie vor zentrale Vorgaben erhält - im makro-propagandistischen Sinne, und gelegentlich ganz konkret.

Eine Diktatur müsse Vakuum bleiben, um zu funktionieren, erklärte 2008 laut "Spiegel" der damalige Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung. Wenn einmal ein Loch drin sei, dann kriege man das ohne Gewalt nicht mehr zu.

Darin dürfte er sich geirrt haben. Dass China kein Vakuum sei, ließ der Schriftsteller (und spätere Kulturminister) Wang Meng einen seiner Protagonisten, einen Parteikader mit wechselvoller Karriere, schon 1980 sagen, im Roman "Schmetterling". Wang hatte Recht.

Aber eine andere Erfahrung, mit der Nooke vor sieben Jahren vom "Spiegel" wiedergegeben wurde, stimmt ganz sicher: das Bewusstsein oder auch nur das Gefühl, nicht vergessen zu werden, gibt Kraft, Rückhalt und Vergewisserung.

Merkels Treffen mit den Menschenrechtlern ist eine relativ geräuschlose Aktion. Sie wird keine große Öffentlichkeit erreichen. Aber an einer - möglicherweise verschwindend kleinen - chinesischen Minderheit wird Merkels Geste nicht spurlos vorbeigehen.

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