Poetisches Achtelfinale

Belgien, Japan Von Dichtern und Fußballern

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Hugo Claus

Dichter

Und in den letzten Zügen entdecken die Dichter jäh
Die beruhigenden Mirakel der Götter, Aphorismen,
Aspirin, Zärtlichkeiten. Zum erstenmal kann ihre Liebste
Etwas von den Lippen ihres Liebsten lesen.

Und bevor die Dichter, lose Winteräpfel,
Von den Pflückern als minderwertig verschmäht
Schließlich doch im November fallen
Wollen sie auf ewig für die Nachbarn verständlich
Fallen. Im Krämerjargon, wie Obst natürlich überreif.

Sie lauschen noch immer verbittert dem Geschmier
Der Zeitung, die ihren Namen stets falsch buchstabiert
Und füllen ihre Kreuzworträtsel aus
Voll Anekdoten, Angst und stolpernder Lieben.

Aber zu spät, zu taub, wird den Dichtern klar
Daß, was düster und platt in ihren Versen war,
Durch Abnutzung, Dauer, nicht heller wird,
Sondern weiter verdirbt. Unergründlich
Bleiben ihr Haus, ihr Wort, der Breitengrad, der Azur.
Ihre sture Dunkelheit bleibt ordinär wie Geld
Und flüchtig wie der Tod.

(1999)

Kazuko Shiraishi

Der Fußballspieler

Er ist Fußballspieler
kickt den Ball kickt jeden Tag den Ball
eines Tages
kickt er die Liebe hoch in die Luft
da bleibt sie oben am Himmel
kommt nicht zurück
alle denken ob das die Sonne ist oder der Mond
oder ein neuer Stern?

in meinem Inneren
gibt es hoch oben am Himmel
einen Ball der nicht herunterfällt
man sieht
wie er zur Flamme wird zur Liebe
und langsam zu einem Stern

(1996)

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Geschrieben von

koslowski

"In Saloniki / weiß ich einen, der mich liest, / und in Bad Nauheim./Das sind schon zwei." (Günter Eich, Zuversicht)

koslowski

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