Hugo Claus
Dichter
…
Und in den letzten Zügen entdecken die Dichter jäh
Die beruhigenden Mirakel der Götter, Aphorismen,
Aspirin, Zärtlichkeiten. Zum erstenmal kann ihre Liebste
Etwas von den Lippen ihres Liebsten lesen.
Und bevor die Dichter, lose Winteräpfel,
Von den Pflückern als minderwertig verschmäht
Schließlich doch im November fallen
Wollen sie auf ewig für die Nachbarn verständlich
Fallen. Im Krämerjargon, wie Obst natürlich überreif.
Sie lauschen noch immer verbittert dem Geschmier
Der Zeitung, die ihren Namen stets falsch buchstabiert
Und füllen ihre Kreuzworträtsel aus
Voll Anekdoten, Angst und stolpernder Lieben.
Aber zu spät, zu taub, wird den Dichtern klar
Daß, was düster und platt in ihren Versen war,
Durch Abnutzung, Dauer, nicht heller wird,
Sondern weiter verdirbt. Unergründlich
Bleiben ihr Haus, ihr Wort, der Breitengrad, der Azur.
Ihre sture Dunkelheit bleibt ordinär wie Geld
Und flüchtig wie der Tod.
(1999)
Kazuko Shiraishi
Der Fußballspieler
Er ist Fußballspieler
kickt den Ball kickt jeden Tag den Ball
eines Tages
kickt er die Liebe hoch in die Luft
da bleibt sie oben am Himmel
kommt nicht zurück
alle denken ob das die Sonne ist oder der Mond
oder ein neuer Stern?
in meinem Inneren
gibt es hoch oben am Himmel
einen Ball der nicht herunterfällt
man sieht
wie er zur Flamme wird zur Liebe
und langsam zu einem Stern
(1996)
Kommentare 12
Lieber koslowski,
danke. Gut ausgesucht. Gerne gelesen. Fachlich bzw. zur Schönheit der Poesie kann ich nur mein Bauchgefühl anbieten, dass zu obenstehenden Lob geführt hat.
❤-licher Gruss
Poor on ruhr
Ich musste eben als unvoreingenommener Zuschauer feststellen, dass ich mich für die Japaner auf dem Spielfeld gefreut habe. Ist das antieuropäisch?
Sehr schön Ihre Auswahl. Und nett, dass Sie hier wieder schreiben.
„zur Schönheit der Poesie“: - die haben beide (Einprägsamkeit der Bilder). Ich sehe leichte Vorteile bei Claus: Selbstreflexion, Bitterkeit des Urteils über die poetischen Produkte der Dichter. Eher konventionell Shiraishi: klingt wie DJ Ötzi. Aber warten wir die zweite Halbzeit ab.
sink positiv: Es ist JEFTA-kompatibel.
Das war beim Stande von 0:1 und 0:2 für die Japaner.
Die Belgier hatten am Ende etwas Glück und haben verdient gewonnen.
JEFTA?
Das TTIP/CETA-Pendant mit Japan. Genauso giftig.
Wird jetzt gerade durchgeknüppelt: EU-Kommission, EU-Parlament, soll nächstes Jahr in Kraft sein.
https://www.lobbycontrol.de/2018/05/jefta-abgekartetes-spiel-zwischen-konzernlobyisten-und-buerokraten/
https://www.campact.de/wasser-jefta/
Danke für die Info. Anhand dieses Beispiels wäre die derzeitige Demokratiefeindlichkeit und marktradikale Ausrichtung der Politik gut erklärbar; und man könnte sinnvolle und mehrheitsfähige Forderungen stellen. Aber während der WM kann man von der Linken wohl kaum etwas erwarten. ;)
Na ja, die Fussballer haben es versemmelt. Da ist halt die CSU eingesprungen und fuchtelt ein bisserl mit dem Zauberstab. Trifft sich zeitlich gerade gut, sie brauchen ja eh einen Aufhänger für die Landtagswahl.
Die schaffen das.
„Die schaffen das.“
Das JEFTA-Abkommen sicher. Aber Stimmenzuwachs bei der Landtagswahl in Bayern eher nicht. Das Theater war ein Flop.
Am Ende doch leichte Vorteile für Claus: die anspruchsvolle Fragestellung, die Vielzahl der eindrücklichen Bilder und die selbstironische Haltung rechtfertigen den knappen Vorsprung vor dem fulminanten, aber doch in seiner Metaphorik etwas eindimensionalen Kollegen.
Respekt übrigens auch für Horst: Wie der gegen eine spöttische Umwelt mit vollem Einsatz die Wende für sich, für seine Partei, für Bayern, Deutschland und Europa erzwingt! Ganz anders als die Dichter bei Claus, die Düsternis und Plattheit ihrer Verse am Ende eingestehen, sieht er seinen unbeirrten Einsatz für Ordnung und Humanität schließlich doch belohnt. Wie auch die belgischen Fußballer, die in der Nachspielzeit doch noch triumphierten.