Früher war der Kaffee poetisch. Zu Nachtschwärmerstunde trank meine Schwester ihn manchmal und ausnahmsweise mit Milch und mit Zucker, ganz selten so ein Moment, wo der Kaffee so schmeckte, ein Schluck nur, geliebte süße Nacht. Und später dann ... wenigstens einmal wollte man mit seinem Geliebten jetzt gleich von Köln nach Paris fahren, wenn es gerade erst hell wurde, es waren ja nur 450 km, einen Espresso trinken, ein Croissant dazu, Gauloises rauchen. Liberté toujours.
Damals - der Unterschied vom café au lait zum Latte Macchiato allenfalls Besserwisserei von seiten der juristischen Fakultät oder von welchen, die sich das Leben der Bohème schon in der Theorie hart erarbeiten mussten.
Vorlesung ausfallen lassen, verflixtes Latinum, mit dem Buch im Café, in Gesellschaft allein sein. Abends beim Portugiesen in der Altstadt wie immer absichtlich mit Unschuldsmiene zwei Espressos im falschen Plural bestellt. Der herzkranke Pedro hatte sowieso keine Maschine. Und so traurig schön die Rückblenden bei Christoph Meckel in Licht; da sitzt das Paar im Straßencafé vielleicht in Italien, irgendwo an einer Serpentine, warm windig ist es, die Tageszeitung flattert, so still und so glücklich, quelle liberté. Erst nach ihrem Tod findet er beim Laub Zusammenharken den Liebesbrief, der nicht an ihn gerichtet war.
„Draußen nur Kännchen“ hieß es in den Neunzigern knapp und in diesem Tonfall, der keine Widerrede duldet. Mutig fragte man da im Ausflugslokal, ob man das Kännchen mit zwei Tassen haben dürfe. Und Jahre lang musste man noch kosmopolitisch gebildet nachfragen, ob der Cappuccino wohl auch mit aufgeschäumter Milch, nicht etwa mit Sprühsahne gemacht würde. Heimat. Ich vermisste manchmal den Filterkaffee von zu Hause. Vater hatte immer mit Mutter gestritten, ob der von Hand aufgebrühte nicht unvergleichlich besser sei als der automatische. Und als rheinländisches Provinzmädchen zu Gast in Berlin hatte ich einmal unheimlich Lust auf genau so eine Tasse ... mir fiel das Wort nicht ein ... Filterkaffee. Ich fragte die herbe Kellnerin im Szenecafé: Haben Sie auch deutschen Kaffee?
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