Der Startschuss für 5G ist gefallen

5G-Netzausbau Sicherheitsfragen beim Netzausbau müssen berücksichtigt werden, aber Europa darf sich von den USA nicht einschüchtern lassen

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5G, so klingt die Verheißung des ultraschnellen Mobilfunknetzes der neuesten Generation. Nachdem um die Lizenzen für die begehrten Frequenzen ein heißer Bieterwettstreit entbrannte, hat Vodafone nun sein 5G-Netzwerk für private Kunden geöffnet.

Wie erwartet haben die drei großen Platzhirsche Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica den Markt hauptsächlich unter sich aufgeteilt. Aber mit United-Internet gab es eine kleine Überraschung, denn damit ist ein vierter Betreiber hinzugekommen, der bisher über kein eigenes Netz verfügte. Das ist gut für den Wettbewerb und sollte eigentlich auch gut für den Kunden sein. Doch hält man sich die Milliardenbeträge vor Augen, die für die Lizenzen geflossen sind bzw. noch fließen werden, darf man auch die Frage stellen, ob dieses Geld nicht im Ausbau der Technik besser angelegt gewesen wäre.

Die Kosten werden auf jeden Fall gewaltig werden. Denn die 5G-Frequenzen bieten zwar eine deutlich höhere Leistung, sind aber auch in Ihrer Reichweite begrenzt. Das bedeutet einfacher gesagt: es braucht mehr Sendemasten für ein geschlossenes Netz – zusätzlich zur teuren und moderneren Hardware. Allerdings würden solche Investitionen große Vorteile bringen.

Die Wirtschaft braucht 5G

Hier hat Vodafone einen kleinen Vorteil gegenüber seinen Konkurrenten. Die Inbetriebnahme der ersten Antennenstandorte ist bereits erfolgt. Und das ist auch bitter notwendig, denn im internationalen Vergleich glänzt Deutschland nicht durch eine Vorreiterrolle. Auch wenn der Abstand (noch?) nicht so groß ist wie etwa beim Breitbandausbau, sollte ein Technologie- und Wirtschaftsriese wie Deutschland einen größeren Ehrgeiz zeigen. Denn um in der ersten Liga weiter mitspielen zu können, darf eine Export-Nation beim 5G-Netz als einem zukünftig entscheidenden Standortfaktor für Unternehmen und Innovation nicht patzen.

Immerhin, was auf der einen Seite, nämlich bei den Netzbetreibern, als hohe Kosten zu Buche schlägt, erscheint auf der anderen Seite, dem Staatssäckel, als unverhofft hohe Einnahme. Schnell wurde von offizieller Seite versichert, dass der Erlös in den Ausbau digitaler Infrastruktur und Modernisierung von Schulen fließen werde. Das wäre eine dringend erforderliche Maßnahme, besonders mit Blick auf die blamable Situation in den weniger besiedelten Regionen des Landes.

Es besteht also keinerlei Veranlassung, es gemächlich anzugehen. Wer aber den Anschluss nicht verlieren möchte, ist gut beraten, mit den besten und günstigsten auf dem Markt zusammenarbeiten. Und hier zeichnet sich ein Dilemma ab. Denn führend in der Materie ist der chinesische Tech-Gigant Huawei.

Das Huawei-Dilemma

Italien, das in der Entwicklung auf diesem Gebiet schon vor Deutschland liegt, ist ebenso Partner der Chinesen wie etwa Spanien. Eine erfolgreiche Zusammenarbeit gibt es aber auch schon hierzulande im bisherigen LTE-Standard. Eigentlich wäre doch alles bestens, wenn da nicht die große Politik wäre.

Huaweis Nähe zur chinesischen Regierung und deren Umgang mit sensiblen Bereichen sowie die internationale Großwetterlage schüren den Verdacht, bei Huawei könnte man noch andere als nur ökonomische Interessen verfolgen. Ein Gedanke, der nicht völlig abwegig ist, immerhin wird in Zukunft über die 5G-Technologie das Internet der Dinge abgewickelt werden.

Es ist nicht überraschend, dass gerade die jetzige US-Administration hier schnell Ihre Maßnahmen ergriffen hat, getreu Ihrer Abschottungspolitik, die sie auf quasi allen Themenfeldern weltweit betreibt. Und in gewohnter Weise übt sie auch Druck auf den Rest der Welt aus, es ihr gleich zu tun. Sprich: wer die Sanktionen gegen Huawei nicht mitträgt, wird auch sanktioniert.

Ist es natürlich richtig, dass die 5G-Infrastruktur auch höchst sensible Bereiche berühren wird und die Gefahren eines Angriffs auf die Systeme durchaus real sind. Deshalb müssen 5G-Netzwerke sicher und gut reguliert sein. Huawei unterliegt jedoch bereits den strengen Datenschutz- und Sicherheitsgesetzen Deutschlands und dies würde auch in Zukunft so bleiben, wenn Huawei-Technologie zum Ausbau der 5G-Infrastruktur verwendet wird.

Dass nun ausgerechnet ein Freund und Bündnispartner wie die USA als Ankläger auftreten, hat aber auch ein „Geschmäckle“. Die Affäre um die NSA und das Abhören von Merkels Handy – vermutlich über Jahre hinweg – sind schließlich noch nicht allzu lange her.

Berlin und Brüssel müssen stark bleiben

Mit China als aufstrebende Weltmacht finden sie Deutschland und die EU immer häufiger zwischen den Stühlen der „Großen“. Um hier nicht zerrieben zu werden, braucht es eine starke eigene Position. Man sollte den internationalen Partnern selbstbewusst und auf Augenhöhe begegnen. Deutschland ist noch nicht hoffnungslos abgehängt, aber die Gefahr besteht. Und auch wenn der Druck aus Washington unbequem sein mag und Chinas Arsenal an Sanktionen wächst, darf man sich in Berlin und Brüssel nicht weg ducken.

In der Tat hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel bisher kategorisch gegen einen Ausschluss von Huawei beim 5G-Netzausbau gestellt, selbst entgegen Drohungen aus Washington, bilaterale Zusammenarbeit als Strafe einzuschränken. Rückenwind kommt dabei aus Frankreich, den Niederlanden und der Europäischen Kommission in Brüssel, wo Digitalkommissar Andrus Ansip den EU-Staaten empfahl, nicht grundsätzlich auf Huawei zu verzichten.

Die Industrie wird es freuen, sprach doch der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) die Warnung aus, dass die EU souverän entscheiden müsse und „sich nicht in den Handelskonflikt zwischen China und den Vereinigten Staaten ziehen lassen“ dürfe.

Neue Regeln braucht das Land

Nun gilt es, eine eigene Strategie zu entwickeln und seine eigenen Kompetenzen zu stärken. Die Verteidigung der freien Wirtschaft und des fairen Wettbewerbs dürfen nicht durch Protektionismus und Abschottung ersetzt werden. Mit Huawei hat man nun mal einen bewährten Partner, der über das benötigte Know-How verfügt und bereitsteht, die anstehenden Aufgaben effizient und günstig anzugehen.

Die Gefahren existieren zwar, aber wer im Teich der Großen Fische mitspielen möchte, wird immer gezwungen sein, sich auch in die tiefen, gefährlichen Gewässer zu begeben. Unerlässliche Elemente einer solchen Strategie sind entsprechende Sicherungen. Es muss belastbare Prüfungen und Standards zum Schutz von Daten und dem Zugang zu sensiblen Bereichen geben. Genehmigungen dürfen nur an Unternehmen vergeben werden, die sich zur Einhaltung dieser Standards und gesetzlichen Vorgaben verpflichten.

Werden diese Voraussetzungen erfüllt, kann man eine Entscheidung treffen – unabhängig und selbstbewusst.

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