Mit Playmobil wär's geiler gewesen

Labaule & Erben Die vom ehemaligen Late-Night-Moderator Harald Schmidt entworfene Serie kommt vor lauter Pointen nicht zum Punkt
Ausgabe 03/2019

Harald Schmidts beste Zeit fiel mit der letzten Blüte des Mediums Zeitung zusammen. Nun hat er die Idee zu einer Fernsehserie geliefert, die Labaule & Erben heißt (zu sehen in der SWR-Mediathek) und von einem Zeitungsverleger handelt, Wolfram Labaule. Der wird nach dem Tod von Vater und Bruder – beide sind mit dem Segway verunglückt – in die Rolle des Geschäftsmanns gedrängt, obwohl er zeit seines Lebens lieber auf einer Luftmatratze Bücher las. Uwe Ochsenknecht spielt diesen Verleger wider Willen, und wie er sich in den Erbstreitigkeiten erst gegen die Mutter durchsetzt, um dann festzustellen, dass es in dieser Branche nichts zu gewinnen gibt – das ist wirklich ein guter Stoff. Schmidts eigene Beschreibung dafür lautete „Guldenburgs mit Internet“, womit die Handlung gut zusammengefasst wäre, die hier wie da mit dem Tod des Patriarchen beginnt und in einem Finale mit erweiterter Familie endet.

Irgendetwas aber stimmt nicht ganz mit Labaule & Erben. Mit einem Mangel an pointierten Szenen hat das nichts zu tun; davon gibt es reichlich. Die Chef-Praktikantin zum Beispiel, Deborah Tamara Lena, stellt dem neuen Verleger in der ersten Folge die Nachwuchsredaktion vor: „Tammi macht ‚Lifestyle‘, Hanna ‚Fashion‘, Ariel und Malte machen ‚Food‘ und Pina und Sarah ‚Körper und Sex‘. Und ich mach’ ‚Geschichte‘, ‚Kultur‘, ‚Politik‘ und ‚Wirtschaft‘.“ Die ganze Welt der jungen Medien in zwei Sätzen. Oder da ist der Fotograf, der aus dem Urlaub in Tunesien Fotos schickt, die er als Bilder vom Krieg in Syrien verkauft – was sich das Autorenteam kaum besser hätte ausdenken können, wenn es die Debatte über die gefälschten Reportagen von Claas Relotius schon gekannt hätte. Der Fotograf kommt ins Büro, erzählt von der Revolution in Sansibar, doch das Weltreporter-Gehabe fällt in sich zusammen, als er mit „Hakuna Matata“ grüßt – einem Satz, der in jedem Reiseführer steht, aber in Ostafrika nie ein Grußwort war.

Nein, das Problem ist nicht, dass es keine Einminüter gäbe, die als Videoauskopplungen bei Facebook funktionieren würden. Das Problem ist, dass man vor lauter Effekt, vor lauter überdrehtem Insta-Story-Jargon, vor lauter Medien-Buzzword-Sätzen, die Christian Lindner so ähnlich schon mal gesagt hat, nicht dazu kommt, sich für die Geschichte zu interessieren. Sie schaut sich von der ersten Minute so, wie sich ein Schmidt-Interview liest: Man ist stets in freudiger Erwartung des nächsten One-Liners, glaubt aber kein Wort. Die Serienhandlung ist ein Setting für eine Pointe nach der anderen über die Medienwelt, in der Start-up-Hansel („Is’ das geil oder is’ das geil?“) abfällig vom „Föttong“ sprechen, über Firmen-Incentives in Boot-Camps, über Preisverleihungsevents mit Hanns-Joachim-Friedrichs-Zitaten und über Verlags-Charity: „Wir unterstützen Waisen-Flüchtlingskinder.“ – „Wie schön, voll toll, wirklich.“

Fast minütlich kriegt man von einem Autorenteam, das zu viele Ideen für sechsmal 45 Minuten hatte, das schrieb, als hätte es zu viele alte Folgen der Harald Schmidt Show gesehen, reingerieben, was dem deutschen Fernsehen fehlt, seit Schmidt es nicht mehr leitet. Und irgendwann wünscht man sich, er hätte seine Serienidee mit Playmobilfiguren umgesetzt, so wie er seinerzeit in seiner Late-Night-Show den Ödipus, Joschka Fischer, die britische Monarchie und die Heldentaten des Herakles erzählt hat – mit ihm selbst als Puppenspieler und auktorialem Erzähler: Labaule & Erben, aber als Sonderausgabe von Schmidts Late-Night-Show. Wär’ das geil oder wär’ das geil?

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