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Eigenanbau Eine Presseschau zum Urteil des Kölner Verwaltungsgerichts. Schwerstkranken darf der Eigenanbau nicht grundsätzlich Untersagt sein, Anträge sind erneut zu prüfen.

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Das Kölner Verwaltungsgericht hat in drei von fünf Klagen für die Kläger entschieden. Sie hatten Anträge auf Genehmigungen zum Eigenanbau gestellt, diese waren ihnen vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vorher nicht erteilt worden.

Nun müssen drei der fünf Fälle vom Bundesinstitut erneut geprüft werden. Eine Genehmigung in diesen Fällen, sowie eine generelle Erlaubnis für Patienten mit Schmerzen, ist das aber so noch lange nicht. Es besteht eine vierwöchige Frist um gegen das Urteil Berufung einzulegen.

Da es heute durch Netz und Print ging, es ist halt Sommerloch, da stürzt man sich auf jeden Happen, mag er auch noch so mager sein, wollen wir die Schlagzeilen nutzen, um ein wenig über das Thema aufzuklären.

Apropos, es geht um Hanf, aber das haben sie sicherlich bereits vermutet. Und vorab die Frage, was ist ein Bundesinstitut?

Eine Presseschau mit Kommentaren:

Der Stern:

"Menschen mit chronischen Schmerzen rauchen Cannabis nicht zum Vergnügen - für sie ist die Droge der einzige Weg, ein erträgliches Leben zu führen. Dennoch war es Schmerzpatienten in Deutschland bislang nicht erlaubt, die Pflanzen selbst anzubauen. Jetzt dürfen sie: Der Eigenanbau von Cannabis zu therapeutischen Zwecken könne in Einzelfällen genehmigt werden,....."

Was ist daran so verwerflich, sollte jemand auch zu seinem Vergnügen eine Droge konsumieren wollen?

Das ist der erklärte Sinn und die kulturelle Grundlage für den legalen Verkauf von Alkohol in Deutschland. Es ist Kulturgut, und das nicht (nur) wegen des Geschmacks.

Vor der Verbreitung der Kartoffel in Mitteleuropa, war Hanfsaam, wie Leinsaam Hauptnahrungsmittel, bis in die 1920er Jahre war das Knasterrauchen in Bayern üblich.

Somit ist Hanf mindestens genau so sehr Kulturgut in Mitteleuropa, wie das Bier.

Im folgenden, nach dem in sich widersprüchlichem Satz, dass "sie jetzt dürfen" und "könne in Einzelfällen genehmigt werden", argumentiert Lydia Klöckner, die Autorin des Stern-Artikels, entlang eines internationalen Vergleichs und den wirtschaftlichen Potentialen, die in einer Legalisierung lägen. Abschliessend stellt Sie fest: "Anstatt in Mini-Schritten von Verbots-Lockerung zu Verbots-Lockerung zu kraxeln, sollten wir uns ein Beispiel an den USA nehmen - und Cannabis einfach komplett legalisieren."

Abgesehen davon, dass hier Parteipolitisch überhaupt nichts passiert ist, sondern nur, dass, durch ein Gericht, eine der trägsten Behörden in Deutschland mal wieder zu mehr Sorgfalt angehalten wurde.

In den U.S.A. hingegen, steht die Bundesgesetzgebung den Gesetzen der Bundesstaaten, die Cannabis freigegeben haben, nach wie vor, konträr gegenüber. Also, auch dort nichts mit kompletter Legalisierung.

Das Argument der wirtschaftlichen Verwertbarkeit von Cannabis ist allerdings mehr als korrekt, nur stellt sich auch die Frage, ob es letzlich nicht gesamtgesellschaftlich gesünder ist, wenn man das Einkommen aus dieser Droge bei den Bauern, Transporteuren und Vertreibern belässt, die es aktuell meist in kleineren Mengen an den Markt bringen, anstatt der Tabakindustrie, geraucht werden beide Drogen ja zumeist gemischt, ein weiteres Pferd in den Stall zu stellen?

Spiegel:

Im Spiegel findet sich hierzu ein Pressespiegel und ein Interview mit Karl Lauterbach von der SPD:

"SPIEGEL ONLINE: Herr Lauterbach: Sie fordern, dass die Kassen die Kosten für Cannabis aus der Apotheke übernehmen. Müssen wir wirklich alle für den therapeutischen Drogenkonsum bezahlen?


Lauterbach: Es geht nur um eine kleine Gruppe, der alle anderen Medikamente und Therapien nicht helfen. Die Krankenkassen wären gut beraten gewesen, wenn sie diese Leistung längst übernommen hätten.

SPIEGEL ONLINE: Kritiker befürchten, dadurch einen unkontrollierten Drogenkonsum in Deutschland loszutreten.

Lauterbach: Das Gegenteil wäre doch der Fall. Statt nun in jedem Einzelfall zu prüfen, ob ein Schwerkranker Cannabis bekommen soll und diesen dann wegen mangelnder Kostenübernahme durch die Kassen auch noch dazu zu zwingen, sein Medikament selbst anzubauen, wäre die Abgabe durch die Apotheke eine sichere Lösung. Kontrollieren ließe sich nicht nur, wer wie viel Cannabis bekommt. Auch die Qualität der Droge selbst wäre sichergestellt."

Herr Lauterbach spricht deutlich aus, was Sinn machen würde. Die Frage bezüglich "unkontrollierten Drogenkonsum" ist allerdings drollig, denn, was ist den bitteschön "unkontrollierter", als ein illegaler Markt, wie er derzeit existiert?

"Zeit Online":

Bei der "Zeit" finden wir ein Interview mit dem Drogenpolitikexperten Mark Kleiman. Er ist Amerikaner und berät dort Regierungen. Er hat durchaus interessante Ansätze, allerdings ist mir diese Aussage unangenehm aufgefallen:

"Kleiman: Cannabis ist nicht harmlos. Vor allem wenn man viel davon konsumiert oder noch sehr jung ist, kann es der Gesundheit schaden. Wenn der Handel mit Cannabis zu einem ganz normalen Geschäft wird, wächst die Zahl der Konsumenten – und damit auch das Risiko, dass Menschen zu Schaden kommen."

Mit den Niederlanden haben wir nun das seit Jahrzehnten liberalste Land bezüglich Drogen weltweit zum Nachbarn. Der Konsum dort liegt niedriger als in Deutschland, ob allerdings möglicherweise die Anzahl der Konsumenten höher ist, und mehr Menschein nur jeweils weniger konsumieren, ist schwierig zu ermitteln, aber nicht undenkbar. Mark A.R. Kleiman weiss auf jeden Fall, wovon er spricht.

"SZ":

Der Artikel in der Süddeutschen hierzu, geht auf die zweifelhafte Wirksamkeit von selbstangebautem Cannabis ein, hier soll wohl der Diskussionsstrang Richtung Dronabinol, der Pillenvariante, hin ausgerichtet werden.

Allerdings wird in einer Zwischenüberschrift dieses hier behauptet:

"Hinter Cannabis-Studien steht keine Pharmaindustrie, da die Pflanzen nicht patentierbar sind"

Hierzu aus dem Wikipedia:

"Das halbsynthetische THC Dronabinol ist in Deutschland und anderen Staaten als verschreibungspflichtiges Betäubungsmittel für die Herstellung von Rezepturarzneimitteln erhältlich. Unter dem Handelsnamen Marinol® ist es in den Vereinigten Staaten zur Behandlung von Anorexie und Kachexie bei HIV und als Antiemetikum im Rahmen einer Krebstherapie zugelassen. Zur Therapie eines zu hohen Augeninnendruckes (Glaukom) ist Marinol® nicht zugelassen."

Aber nun schaut mal auf das kleine (R) über "Marinol"......, TTIP ick hör' Dir trapsen! Lecker Marinolpillen für die europäischen Schmerzpatienten. ist ja auch nur halbsynthetisch, aber vollpatentiert!

Es macht keinen Spass mit euch!

Zu einem anderen Artikel, mit der Überschrift:

"Gefahr in Tüten" den zu verlinken oder daraus zu zitieren ich mich weigere, nur ein Satz als Kommentar dazu:

Bezüglich der dort artikulierten Ängste vor "Haschsucht", denken Sie mal darüber nach, ob viele Menschen in Deutschland und den U.S.A. nur deswegen so exessiv konsumieren, weil Sie von Medienberichten wie den Ihrigen genervt werden?

Abschliessend schreibt Tim Lienemann, hier im Freitag:

"Gegen eine Legalisierung sprechen dabei die noch unzureichend erforschten Folgen (besonders die Langzeitfolgen) von Cannabis-Konsum. Dieses Argument wird gerne in der gesundheitspolitischen Debatte hochgehalten und es ist wahr. Wie lange nach Konsum ist der Konsument nicht im Straßenverkehr zugelassen? Ab welchem Alter darf konsumiert werden? Viele offene Fragen stehen im Raum."

Sein Beitrag stellt viele sinnige Fragen. Die ständige wiederkehrende Behauptung, es gebe zu wenig Forschungsergebnisse, ist zweifelhaft. Hanf ist eine der am besten erforschten Pflanzen überhaupt, aber nicht sämtliche Forschungsergebnisse werden auch veröffentlicht.

(der Titel dieses Beitrags heisst auf Deutsch: Der grüne Garten)

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

knattertom

reisewütiger Mit40er der "D" den Rücken gekehrt hat, um neues zu entdecken. Interessierter Beobachter von aussen so to say...: knattertom@freenet.de

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