Über den Wolken...

Legalize it Holywoodstock im Görlitzer Park, Deutschland gegen Ghana und einen Joint dazu.

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Oliver Becker, seines Zeichens langjähriger deutscher Hanfaktivist, macht Ernst mit seinem Plan, am 21.6. in Berlin im Görlitzer Park, bekannt für seine mehr oder weniger offene Drogenszene, seinen mobilen Coffeeshop das erste Mal in Deutschland zu eröffnen.

Dies kündigte er heute per Videobotschaft aus der Sahara via Facebook an. Dieses Video wurde inzwischen auch auf Vice, von einem kurzen Interview begleitet, veröffentlicht.

An diesem Tag findet bei der Fussball-WM in Brasilien das Spiel Deutschland gegen Ghana statt, zusätzlich kündigt Herr Becker eine Party unter dem Motto "Holywoodstock" im Görlitzer Park an, in deren Rahmen er dann auch seinen kunterbunten Bus zum ersten mobilen Coffeeshop in Deutschland umfunktionieren will. Parallel wirbt Oliver Becker für sein Buch die "LEGALISATOR-Autobiographie", in welchem er nach eigener Aussage einige interressante Hintergrundinformationen zum Cannabisverbot liefern wird.

Vor dem Hintergrund einer von 120 deutschen Strafrechtsprofessoren unterzeichneten Resolution an den Deutschen Bundestag, die bisher wirkungslos blieb, beruft sich Herr Becker auf sein Widerstandsrecht als Bürger gemäß Paragraph 20, Abs. 4.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Inwiefern seine Argumentation rechtlicht standhält, lässt sich schwer abschätzen, kann aber eine interessante Entwicklung sein, denn nach wie vor ist es üblich, dass in Deutschland Menschen für den Umgang mit Cannabis inhaftiert werden, obwohl es keine wissentschaftliche Grundlage für die Annahme gibt, dass Cannabis Menschen schädigt. Ob somit Gefängnisstrafen, für den Umgang mit einer unschädlichen Substanz, als Angriff auf die rechtsstaatliche, verfassungsmäßige Ordnung auszulegen sind, dürfte unter Staats- und Strafrechtlern mit Sicherheit für einige Diskussion sorgen.

In seinem Video klingt Herr Becker sehr überzeugt und erklärt ausserdem, dass er im Fall einer Inhaftierung umgehend in den Hungerstreik treten werde.

Vollkommen unvorbereitet scheint Oliver Becker diese Aktion allerdings nicht anzugehen, denn im Video zeigt er neben einem Plakat mit den Haschischsorten, die er vor hat anzubieten, auch eine Gewerbeanmeldung beim Gewerbeamt in Berlin.

Gegenstand des Gewerbes: Verkauf und Import von marokkanischem Haschisch.

Nach eigener Aussage hat er dieses Gewerbe zwar umgehend wieder abgemeldet, um den Behördenmitarbeiter, der im diese Gewerbeanmeldung ausgestellt hat, vor Sanktionen zu schützen, im Zweifelsfall liesse sich eine solche Gewerbeanmeldung in Deutschland aber auch rückwirkend erneuern.

Hinzu kommt die Situation im Ausfuhrland Marokko, wo es derzeit eine starke Diskussion für eine Legalisierung von Cannabis als Medikament gibt. Herr Becker ist nach eigener Aussage Diabetiker, was bei einem möglichen Hungerstreik sehr gefährliche Auswirkungen haben kann.

Lange Zeit war es um die Frage der Drogenpolitik in Deutschland relativ ruhig, dies möchte Herr Becker mit seiner Aktion nun ändern. Die weltweite Entwicklung, sowohl im Bereich Schattenwirtschaft und organisierte Kriminalität, als auch im wissenschaftlichen Bereich, was die Erforschung der möglichen Anwendbarkeit von Cannabis als Medikament angeht, liefern seinem Plan durchaus handfeste Argumente.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

knattertom

reisewütiger Mit40er der "D" den Rücken gekehrt hat, um neues zu entdecken. Interessierter Beobachter von aussen so to say...: knattertom@freenet.de

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