Die Vanbergs, Mont Pelerin und Nancy MacLean

"Democracy in Chains" Die Vanbergs, Mont Pelerin und das Buch "Democracy in Chains".

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Kennt jemand Georg Vanberg?

Der war bis 2018 Präsident der US- Public Choice Society und ist aktuell Professor für Politikwissenschaften an der Duke University (USA).

Dort lehrt und forscht auch Frau Nancy MacLean, Autorin des Buches „Democracy in Chains“.

Sie ist Historikerin und hat schon mehrere Bücher veröffentlicht.

In dem aktuellen Buch geht es um die Entstehung und den Einfluss einer libertären (Neoliberale im Sinne von Hayek und Mises) Bewegung rund um den Ökonomen James M. Buchanan, dieser war vor allem an der George Mason University (USA) tätig, und mit den Koch Brüdern (US- Milliardären).

James Buchanan war ein Vertreter der Public Choice Theorie, nach welcher kurz gesagt, der politische Handlungsspielraum von demokratisch gewählten Repräsentanten per Verfassungsänderung eingeschränkt werden soll, damit nicht die Mehrheit, oder Koalitionen von Teilgruppen ihre Interessen auf Kosten von Minderheiten durchsetzen können. Und auch die Verfolgung von Eigeninteressen der Repräsentanten selbst soll durch solche Verfassungsbeschränkungen entschärft werden.

Das wirkt ja auf den ersten Blick nicht unvernünftig. Ist gibt ja auch schon in hoffentlich jeder Verfassung demokratischer Staaten Schutzklauseln für Minderheiten vor potentiell schändlichen Bestrebungen der Mehrheit bzw. der gewählten Repräsentanten (da ist dann auch die Mehrheit zu schützen).

Nicht wenige Libertäre sehen aber nun aus unterschiedlicher Intention heraus auch die freie Verfügungsgewalt eines jeden einzelnen über seinen Besitz als schützenswertes Ziel an. Deshalb möchten sie die Mehrheit so weit wie möglich daran hindern, durch staatliche Maßnahmen, wie soziale Sicherheit und vor allem Umverteilung, ihren Besitz in Anspruch zu nehmen.

Und Frau MacLean war nun durch Sichten von Unterlagen, welche anscheinend bis dahin noch nicht wissenschaftlich ausgewertet wurden, aus dem Vermächtnis von Herrn Buchanan zu der Überzeugung gelangt, dass es eine finanzstarke und einflussreiche libertäre Bewegung um James Buchanan, die Koch- Brüder und zumindest Teile der Mont Pelerin Society (Genf, Schweiz) gab und auch ohne Herrn Buchanan weiterhin gibt, welche genau diese Libertäre- Grundhaltung teilen.

Und da diese Bewegung nicht auf transparentem, direktem Weg die Mehrheit für ihre Ziele begeistern konnte würde sie es nun verschleiert versuchen.

Und in dieser Situation hat sich Frau MacLean dafür entschieden, ihre Fakten- basierte Überzeugung das hier etwas wirklich schlechtes von historischem Ausmaß im Gange ist, schnellstmöglich der Öffentlichkeit in Buchform mitzuteilen, wohl wissend, dass Sie sich wegen der kürze der Zeit wissenschaftlich angreifbar machen könnte und auch ihre Karriere aufs Spiel setzten könnte.

Alleine dies Verdient schon größtmöglichen Respekt und ist als vorbildhaft zu bezeichnen.

Wenn man zu solch einer Überzeugung gelangt, auch noch basierend auf bis dahin ungesichteten Unterlagen, ist es wichtig dies möglichst schnell öffentlich kundzutun. Damit solche Dinge öffentlich diskutiert werden können.

Und zumindest ich teile jetzt ihre Sorge, dass Sie hier eine Bewegung im Gange war und auch noch ist, welche ein schlechtes, ideologisches und unsoziales Ziel verdeckt verfolgt.

Womit wir wieder bei Herrn Georg Vanberg wären.

Der hatte sich über den Stil des Buches und die Darstellung von Herrn Buchanan in MacLean‘ s Buch beschwert und dann geschrieben, dass die wahren Ziele von Herrn Buchanan unter anderem diese gewesen seien (Zitat aus der Washington Post:https://www.washingtonpost.com/news/volokh-conspiracy/wp/2017/07/14/duke-professor-georg-vanberg-on-democracy-in-chains/):

„If a social institution improves the welfare of individuals as they see it, it should be possible to secure individuals’ agreement to it. Conceptually, at least, unanimity rule therefore becomes the proper criterion for evaluating social institutions. Only those institutions that can secure the agreement of all individuals affected by them are legitimate. As Buchanan put it, “if politics in the large, defined to encompass the whole structure of governance, is modeled as a the cooperative effort of individuals to further or advance their own interests and values, which only they, as individuals, know, it is evident that all persons must be brought into agreement” (Buchanan 1986/2001: 220f.). In short, the very foundation of Buchanan’s project is the principle that political arrangements should make all individuals better off, and do so by their own assessment. „

Also kurz gesagt, schreibt er, dass nur solche politischen Vereinbarung für alle gelten sollen dürfen, denen jeder aus freier Überzeugung zustimmt. Also ein Einstimmigkeitsprinzip.

Das ist aber auch gleichbedeutend mit der Aussage, dass jeder nur die Verfassungsregeln, wie Besteuerung, akzeptieren müssen sollte, welche er auch selbst für angemessen hält. Zumindest solange er sich solch eine Uneinigkeit leisten könnte.

Nur hat Herr Georg Vanberg dies etwas verdeckter zum Ausdruck gebracht.

Also hat er die Überzeugungen von Frau MacLean in diesem Punkt nur untermauert.

Der Vater von Herrn Georg Vanberg ist übrigens Herr Viktor Vanberg (https://de.wikipedia.org/wiki/Viktor_Vanberg)

Der hatte mit Herrn Buchanan zusammen an der George Mason University geforscht, ist oder war Mitglied der Mont Pelerin Society, ist Mitglied des Walter Eucken Instituts in Freiburg und vertritt in seinem Buch „Wettbewerb und Regelordnung“ die selbe Ansicht.

Wenn man bedenkt wie einflussreich die Mitglieder dieses Instituts sind
(Lars Feld, Nils Goldschmidt, Michael Wohlgemuth) und welche inhaltlichen Positionen die vertreten, würde ich mir wünschen, dass auch einmal in Deutschland jemand prüft, wer hierzulande, aus welcher Intention auch immer heraus, versucht Einfluss auf die Politik und öffentliche Meinung zu nehmen, offen oder verdeckt, um Verfassungsbeschränkungen zu verankern. Von dem Vorschlag unseres Wirtschaftsministers eine Sozialabgabenbremse einzuführen hat zum Beispiel wohl noch kaum einer etwas gehört.

Aber auch die EU Wirtschaftsverfassung und auch die WTO- Verträge sollte man unter diesen Gesichtspunkten nochmal ganz genau prüfen. Ganz zu schweigen von TTIP und Co.

Denn in der EU- Wirtschaftsverfassung sind ja gerade alle kollektiven sozialpolitischen Entscheidungen von der Zustimmung aller abhängig, da dafür zunächst diese Verfassung angepasst werden müsste. Einen gemeinsamen sozialpolitische Handlungsspielraum gibt es nämlich aktuell nicht. Nur den Zwang für alle Mitgliedstaaten sich gegenseitig wirtschaftliche und individuelle Freiheiten zu gewähren, unabhängig von den sozialen Kosten.

Demokratie braucht Transparenz, die nötige Handlungsfreiheit und Beschränkungen zum Schutz des Wohlergehens jeden einzelnen Menschen nicht zum Schutz von absoluter wirtschaftlicher Freiheit. (Und eventuell am besten noch irgendwann einmal einen individuellen Notausstiegsknopf, bei fairer Ressourcenteilung. Seine politischen absoluten Mindestüberzeugungen sollte man auch nicht der Mehrheitsentscheidung überlassen.
Wenn einem das Wohlergehen jeden einzelnen wichtig ist muss man dann bei Bedarf und unter Berücksichtung der Kosten eben intervenieren …; aber das ist eine andere Geschichte. )

Und der Markt braucht soziale Sicherheit und Mindeststands.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

KSLP

Sozial. Sicher. Standhaft. Je nach innen und außen. Und relativ konservativ. :)

KSLP

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