Strategische Solidarität vs. strategische Solidarität

Ampel- Koalitionsvertrag Solidarität bei Strategien vs. (nur) solidarisch aus strategischen Gründen

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Manchmal macht Groß- und Kleinschreibung schon einen recht großen Unterschied. Wenn man alles groß schreibt legt man das Gewicht mehr gleichrangig auf beide Wortteile und lässt mehr offen welches Wort hier welchem als Spezifizierung dienen soll. Und man macht deutlich, dass man eine „Standardmetapher“ zum besten gibt. Also eine Formulierung, die schon von anderen verwendet wurde und die international schon in „Aktiven Staatenlenker“- Kreisen mehr oder weniger anerkannt ist und für etwas bestimmtes steht. Mir war die Formulierung „Strategische Solidarität“ nun noch nicht bekannt. Die hatte ich nun erstmals im Koalitionsvertrags(-entwurf) der Ampelparteien gelesen.
Und zwar in der Form „strategische Solidarität“.

Wenn man nach dieser Formulierung im Internet sucht, stößt man auf einZitatvon Nato- GeneralsekretärJens Stoltenberg. Der hätte laut dem Zitat bei der virtuellen Sicherheitskonferenz dieses Jahr für „strategische Solidarität“ geworben und gesagt, dass er sich für eine stärkere strategische Zusammenarbeit der Nato- Staaten einsetzen will. Also der Fokus scheint bei ihm mehr auf gemeinsame Strategien und Solidarität bei den Strategien gelegen zu haben. Und selbst wenn man bei ihm den Fokus mehr auf die „Solidarität aus einem Grund“, legt, ist es eben nochmal etwas anderes ob man das als Nato- Generalsekretär, also als Vertreter aller betroffenen Staaten sagt, oder als Vertreter eines einzelnen Staates. Also die Formulierung war schon vor der Erklärung des Regierungswillens der Ampel in der Welt. Gut zu Wissen.

Dann kommt diese „Formulierung“ im Koalitionsvertrag gleich viel entspannter rüber und nicht wie der finale Tropfen der das Fass endgültig zum überlaufen bringt. Genauso wirkte das aber auf mich als ich den Koalitionsvertrag Mittwoch Abend mal überflogen hatte. Als Einschränkung des Willens zur internationalen Solidarität der Ampel nur auf demokratische Staaten mit gleichen Werten, welche eigentlich im Detail?, und nur bedingt durch den Systemwettbewerb mit autoritären Staaten. Sobald der nicht mehr problematisch ist, also „Fukuyamas Ende der Geschichte“ nochmal „gefühlt“ erreicht würde, wäre es auch mit der Solidarität wieder vorbei? Es ist ja nicht so als wäre nicht genau das, das was aktuell eigentlich das Problem ist. Ohne Druck von Außen, eine gemeinsame potentielle Gefahr, für deren Abwehr im V-Fall man sich gegenseitig braucht, ging es mit der gegenseitigen fairen Zusammenarbeit meiner Meinung nach in der „freien Welt“ direkt schnell wieder zurück. Erst durch die unmittelbare Zusammenbruchsgefahr durch die Corona- Pandemie wurde man wieder solidarischer. Aber aus dem Willen dies als zeitlichen Sonderfall zu betrachten machen zu viele ja nicht nicht mal wirklich ein Geheimnis. „Man“ weiß ja wo man steht und welche Karten man hat. Allerdings ist der Optimus bezüglich der zukünftigen Ruhe dann meist schon bemerkenswert und eher erschreckend.

Wenn man schon zwischen fair und solidarisch unterscheidet, kommt der Bestimmung des konkreten Anwendungsfalls und der genaueren Definition dieser beiden Begriffe eben eine große Bedeutung zu. „Fair“ kommt im Koalitionsvertrag als Bedingung für den „regelbasierten freien Markt“ vor. Allerdings ohne weiters darauf einzugehen wie man „fair“ definieren will. Passend zur „Regelbasiertheit“ bei welcher man auch nicht näher beschreibt, welche Regeln man nun denn meint oder zumindest noch für tolerierbar hält und wie diese zustande kommen sollen. Mit universell moralischem Anspruch oder einfach so, dass jeder versucht das Maximum für sich selbst raus zu schlagen? Und so nur Regeln zustande kommen wenn alle Staaten einverstanden sind? Immerhin heißt es für Staaten mit Importbedarf, dass sie sich an die Regeln dort dann halten müssen, wenn sie Produktionsfaktoren aus diesem Wirtschaftsraum benötigen oder dort zumindest zum Ausgleich was verkaufen wollen. Ohne hinreichend soziale, ökologische, Sicherheits- und Zukunftsorientierte Ausgleichs-, Priorisierungs- und Regulierungsregeln wird in einem freien Markt aber kaum jeder zumindest nachhaltig seinen Mindestbedarf decken können. Das provoziert und legitimiert ab einem bestimmten Punkt dann aber auch wieder Ausgleichskriege, welche dann leider aber selten wirklich mit universell moralischem Selbstanspruch ablaufen und auf legitime Ziele beschränkt bleiben. Und zum Ziel der Fairheit: Ein nicht aktiv ausgeglichener freier Markt im Sinne eines Zwangs zur gemeinsamen Gewährung der wirtschaftlichen Freiheiten führt praktisch immer zu einem destruktiven Standortwettbewerb, in dem die Staaten mit den aktuell wirtschaftlichsten Standorten, zumal noch von Natur aus oder historisch gewachsen einen Vorteil haben. Die beweglichen Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital gehen eben zum unbeweglichen Boden, den Standorten. Und die Steuer- und Sozialabgabenzahler mit ihnen. Nur die anteiligen Schulden bleiben zu Hause. Ist das Gerecht? Ist das fair? Ich denke nicht. Der freie automatisch ausgeglichene Markt ohne aktiven Ausgleich, sei es freiwillig oder erst durch Pflicht bis Zwang ist eine Erfindung oder neudeutsch eine „Erzählung“ von denen die zumindest meinen so zu profitieren. Wenn man vom unausgeglichenem Außenbeitrag lebt, verbraucht man das Ausland aber und das ist nicht mal nachhaltig zu eigen Vorteil. Man saugt es leer oder lässt es sich „echt“ verschulden. Das ist eine Strategie für Saboteure. Ein nachhaltiger Handel zum eigenen unfairen Vorteil wäre, wenn die anderen mehr für einen arbeiten als man für die. Der Handel aber dennoch nach dem Prinzip „Ware gegen Ware“ oder besser „Arbeit gegen Arbeit“ ausgeglichen wäre. Wenn die nur bei einem Einkaufen verarmen sie oder sie häufen ohne Ende echte Schulden an. Diese Staaten exportieren einfach mehr Arbeit als sie sich leisten können. Die müssten mehr bei sich produzieren, das ist im freien Standortwettbewerb aber nicht wirtschaftlich. Das schadet aber aus Gesamtsicht zu vielen innerhalb der Wirtschaftsunion. Da braucht man daher einen aktiven regionalen Ausgleich. Von dem steht im Koalitionsvertrag aber nicht. Wenigstens wollen zumindest die Grünen noch lernen, dass ist nämlich aktuell so wie es ist einfach nur inkonsequent und nutzt nur denen die Europa am Boden sehen wollen. Dann kapieren die das vielleicht noch und können das dann den anderen Amplern die nicht sabotieren wollen, sei es für „Einen“ oder „Keinen“, dann noch beibringen. Der „Mehr Arbeitsfetischismus“ der aktuellen SPD- Spitze und das extra „Bau- Ministerium“ lässt da befürchten, dass man das mit dem zu unfairen und auch unstabilen unausgeglichenem Standortwettbewerb noch nicht wirklich verstanden hat aber wenigsten hoffentlich will. Ohne regionalen Ausgleich entstehen nämlich höchstens noch „wertgleiche“ Regionen, nach Definition der Ampel bedeutet das dann nur noch gleiche Mindestlevel überall. Das schafft aber Abhängigkeiten und Machtungleichgewichte. Dann sind solche Regionen irgendwann auf Solidarität angewiesen. Und wenn man dann noch im Koalitionsvertrag von strategischer Solidarität spricht. Ist es noch wichtiger klar zu machen, dass man damit keine nur bedingte Solidarität vertraglich ankündigen wollte. Sondern eben Solidarität bei der Abwehrstrategie. Den Vertrag hatte wohl noch keiner, sagen wir mal netter Weise aus dem das „Glas ist halbleer“- Lager gelesen bei dem die internationale Solidarität zumindest unbewusst besonders hoch priorisiert wäre und dem der Kontext der „strategische Solidarität“ – Aussage nicht schon von der Arbeit her vertraut wäre. Für die SPD sollte/muss nicht nur im internen Ringen vom Sozialen- Flügel mit dem „Arbeit“- Flügel gelten: zu viel Arbeit ist nicht gut. Und zumindest Deutschland hat aktuell relativ zu viel Arbeit.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

KSLP

Sozial. Sicher. Standhaft. Je nach innen und außen. Und relativ konservativ. :)

KSLP

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