"Les Misérables" von Frank Castorf am BE

Theater-Kritik Mit Spannung wurde Frank Castorfs erste Inszenierung seit 1996 am Berliner Ensemble nach seinem Aus an der Volksbühne erwartet.

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Nach der Pause überraschte Castorf mit einer Stummfilm-Sequenz, bevor sich seine Schauspieler in ausführlichen medizinischen Fachsimpeleien über Hustenanfälle und Tröpfcheninfektion ergingen. Dies gab ihnen auch Gelegenheit, ausführlich Werbung für Bad Sodener Hustenpastillen zu machen, die aber leider nicht zu dem Sitznachbarn durchgereicht wurden, der sein Umfeld vor allem vor der Pause mit heftigen Hustenattacken erfreute.

Natürlich wurde zwischendurch auch Victor Hugo gespielt: Castorf bediente sich bei Motiven seines 1500-Seiten-Wälzers „Les Misérables/Die Elenden“, die er selbstverständlich mit Fremdtexten verschnitt. Naheliegend war, Hugos Plädoyer für die „Vereinigten Staaten von Europa“, das er bei einem Pariser Friedenskongress hielt, zu verwenden. Weniger bekannt ist, dass sich Hugo auch intensiv mit Kolonialismus und Befreiungskampf beschäftigte: dies führte Castorf zu Heiner Müllers „Der Auftrag“, zum Spanisch-Amerikanischen Bürgerkrieg und dem anschließenden Pachtvertrag über Guantánamo Bay und zu Guillermo Cabrera Infantes „Drei traurige Tiger“ (1959) über die kubanische Revolution.

Im besten Fall entstehen aus solchen Überschreibungen bei Castorf „oszilliernde Metamorphosen“, die „Doppel- und Mehrfachcodierungen“ einladen, wie Frank Raddatz im Programmheft schwärmte. Diesmal wurde daraus leider ein zäher Brei. Erst nach Mitternacht und deutlich über sechs Stunden wurde das Publikum entlassen.

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