"Zud" - Porträt einer Nomadenfamilie

filmPOLSKA Filmkritik: In "Zud" begleitet die Kamera den elfjährigen Sukbhat und seine Familie in der mongolischen Steppe. Als das Geld knapp wird, muss der Junge über Nacht erwachsen werden

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Eine karge Landschaft, geprägt von Hügeln in der Ferne, einem staubigen Boden und den Viehherden der Nomaden, die sich in diesem Teil der Erde ein Zuhause geschaffen haben. Das Leben in der mongolischen Steppe ist hart. Mehrmals im Jahr kommt der Zud; ein Kälteeinbruch mit Sturm und Schnee, der viele Familien an ihre Grenzen bringt. Besonders das Viehsterben in Folge der extremen Kälte führt schnell zur Existenzbedrohung, denn die Tiere sind hier Lebensgrundlage.

Als der Zud unerwartet über den elfjährigen Sukbhat und seine Familie einbricht und viele ihrer Ziegen und Schafe erfrieren, steht sein Vater vor einer schwierigen Situation. Er hat Schulden und muss zu Geld kommen. Die Mutter muss sich um den kleinen Sohn kümmern, er selbst ist mit den Tieren beschäftigt. Plötzlich liegt es am älteren Sohn, Sukbhat, Geld für die Familie aufzubringen. Da im Dorf regelmäßige Pferderennen stattfinden, bei denen man viel Geld gewinnen kann, zwingt der Vater den Jungen, ein wildes Pferd einzureiten. Alle Hoffnung liegt nun auf ihm.

Das Spielfilmdebüt von Marta Minorowicz erinnert an die Dokumentarfilme, mit denen sie berühmt geworden ist. Dass sie nun einen Spielfilm gedreht hat, überraschte bereits auf der diesjährigen Berlinale. Die ruhigen Bilder, welche die Charaktere in ihrem ganz alltäglichen Ablauf zeigen, könnten ebenso gut eine Dokumentation sein. Die Schauspieler sind Laien und teilweise auch im richtigen Leben miteinander verwandt. Warum Minorowicz sich dennoch für die Spielfilmvariante entschieden hat, ist nicht ganz klar. Gelegentlich fragt man sich, ob eine Dokumentation nicht doch die schönere Lösung gewesen wäre.

Es passiert nicht viel hier draußen, das Leben ist von Arbeit geprägt, das Zusammenleben mit den Tieren steht im Vordergrund. Der Vater schert die Schafe und versucht, das Fell zu verkaufen, Sukbhat trainiert sein Pferd und spielt mit seinem gleichaltrigen Freund, schließlich ist er trotz der Bürde, die ihm auferlegt ist, noch immer ein ganz normaler Junge, der sich kichernd über die Mädchen in seiner Klasse amüsiert. Zur Schule gehen kann Sukbhat ohne Geld aber nicht mehr. Die Mutter wäscht die Kinder und kocht, über der Steppe weht leise der Wind. Man muss sich einlassen auf die Stille, die mit diesem Leben und damit auch mit diesem Film einhergeht. Das kann sicherlich nicht jeder. Die intensivsten Szenen sind dann doch die wenigen mit Dialog, dann, wenn Vater und Sohn gemeinsam das Pferd trainieren und ihre Beziehung zueinander deutlich wird. Vor allem aber ist „Zud“ etwas fürs Auge. Ein Film, den man nur in der richtigen Stimmung anschauen sollte.

Termine:

Montag, 25.4. 20:30 Uhr, Bundesplatz Kino (zu Gast: Marta Minorowicz)

Dienstag, 26.4. 20:00 Uhr, FSK (zu Gast: Marta Minorowicz)

Dieser Beitrag entstand im Rahmen des 3. deutsch-polnischen Programms für junge Filmkritiker/innen und –journalist/innen der 11. Ausgabe von filmPOLSKA.

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