Sofi Oksanen: „Putins Krieg gegen die Frauen“ – Über hundertzehn Stichwunden

Frauenhass Die finnisch-estnische Schriftstellerin Sofi Oksanen analysiert in ihrem Essay „Putins Krieg gegen die Frauen“ die Misogynie in Russland als stabilisierendes System
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 08/2024
Sofi Oksanen versteht Frauenhass als Praxis der Veralltäglichung von Herrschaft
Sofi Oksanen versteht Frauenhass als Praxis der Veralltäglichung von Herrschaft

Foto: Paolo Pellegrin/Magnum Photos/Agentur Focus

Man hört jetzt häufiger von solchen Vorgängen in Russland: Die Studentin Vera Pechtelewa wollte an einem Januarabend vor vier Jahren ein paar Sachen aus der Wohnung ihres Ex-Freundes in Kemerowo holen, sie hatten sich getrennt. Die Stadt liegt im Kusnezker Kohlebecken, Koks wird hier produziert, es gibt chemische Industrie, Lebensmittel-Großbetriebe, über eine halbe Million Einwohner. Als Nachbarn Schreie aus der Wohnung hören, rufen sie die Polizei. Weil die nicht kommt, brechen die Nachbarn nach drei Stunden die Wohnung auf. Vera Pechtelewa ist tot, die Nachbarn finden den Ex-Freund neben ihr im Badezimmer, blutverschmiert. Er trinkt Wodka. Untersuchungen des Gerichts zählen über 110 Stichwunden, die er Pechtelewa zugefügt hat.

Die Polizisten i