"Kriegsfähig" (Breuer)? Es bedarf zeitenwendigerer Befähigungen

Zweierlei Aufrüsten Andere Gedanken, auf die einen die NATO-Russland-Drohkulisse bringen kann

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

In seiner Funktion als Generalinspekteur der Bundeswehr hat der seit März 2023 amtierende Carsten Breuer geäußert, dass Deutschland kriegstüchtig werden müsse, und zwar möglichst innerhalb von fünf Jahren. Dies sei erforderlich, da von Russland unter Putin ein "militärisches Bedrohungspotenzial" gegenüber der NATO ausgehe. Die so angezeigte Möglichkeit eines Krieges müsse genügen, um sich entsprechend zu wappnen.

Realpolitisch maßgebende Kümmernisse

Breuer macht sich Sorgen wegen einer absehbaren Gefahr, auf die man momentan noch nicht hinlänglich vorbereitet sei. Wie die Ukraine, die sich seit zwei Jahren russischen Rückeroberungsabsichten zu erwehren hat, waren auch die Staaten des Baltikums Sowjetrepubliken, die aus der Sicht Putins wieder 'heim ins Reich' zu holen seien, allerdings mit dem Unterschied, dass sie mittlerweile NATO-Mitglieder geworden sind und es dann zu einem kriegerischen Konflikt Russlands mit dem gesamten westlichen Militärbündnis käme. Um dem vorzubeugen, ist (nicht nur) nach Breuer eine angemessen massive Aufrüstung des Nordatlantikpakts dringend ratsam. Der potentielle unmittelbare Kriegsgegner soll wirksam abgeschreckt werden, so dass ein womöglich nuklearer Waffengang nicht nötig sein würde.

Andererseits ist es fast eine Regel der Krieg-und-Friedens-Geschichte, dass einmal produzierte Waffensysteme auch früher oder später eingesetzt werden. Hier gehört Gorbatschow gewiss zu den sehr seltenen Ausnahmen: den "Kalten Krieg" ließ er dadurch nicht total "heiß" werden; stattdessen zeigte er sich einzigartig nachgiebig, indem er die UdSSR für den Weltmarkt und die Warschauer-Pakt-Staaten für die NATO-Osterweiterung mehr oder weniger zögerlich öffnete.

Eine grundlegendere Überlegung

Wer auch immer in einem Staat oder Staatenbund 'am Ruder' sein mag: Ist es nicht höchst unvernünftig, staatstragende Instanzen – welcher Staatsform auch immer – über Krieg und Frieden und damit über Leben und Tod von großen Menschenmengen entscheiden zu lassen? Sind solche Massenmenschen über ihre Kindheit hinaus Unmündige in gesamtgesellschaftlichen Angelegenheiten, so dass sie allenfalls darüber abstimmen, welche sich aufdrängende Gruppe politisch Machtwilliger über das Schicksal des ganzen Rests der Sterblichen nach "höherem" Gutdünken herrschen soll? Entsteht nicht in diesem Zusammenhang der fundamentale Konfliktherd, nämlich der zwischen vielerlei Menschen mit eigenen Angelegenheiten und den in diese mannigfaltigen Angelegenheiten sich mächtig einmischenden Amtspersonen? So dass daraufhin erst Konflikte zwischen benachbarten "Gemeinwesen", im Klartext: Gewaltherrschaften, möglich werden, die im "Ernstfall" das eine und andere Fußvolk für ihren Machterhalt ins Schlachtfeld schicken? Und bedarf es insofern nicht vor allem einer immensen geistigen Aufrüstung, sprich: Emanzipation, der stets weitgehend und gegebenenfalls tödlich zu Menschenmaterial erniedrigten Menschen?

Ein erster Schritt auf diesem Weg der Befreiung ist das Abstandnehmen vom Militarismus, womit man sich bereits in Stellung gegen die 'einheimisch' Herrschenden bringt. Die auf diese Weise zugleich für überflüssig erklärte Rüstungsindustrie zeigt sich dann als besonders gemeingefährlicher Repräsentant der kapitalistischen Wirtschaftsweise, der so entschieden wie pazifistisch begegnet sein kann und will.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Leo Allmann

M.A. Philosophie

Lesefreudiges Nachkriegskind

Leo Allmann

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden