Beim Friseur und anderswo

Flüchtlingspolitik Eine Plauderei zwischen Haircut und Föhn über Hairstyling und Fashion, über das Leben, über die Herkunft, über Flüchtlinge und Integration.

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Mit den Friseusen und Friseuren verhält es sich folgendermaßen: Die einen bedienen einen schlicht, freundlich-unbeteiligt und ordentlich. Die anderen aber nehmen einen in Besitz und es wird erheblich kommuniziert: Fragen nach dem Woher und Wohin, nach dem Sinn von Frisuren und dem Leben überhaupt kommen auf. So einer war der junge Mann, der mir die Tage endlich die Haare geschnitten hat. Ich wollte das alles möglichst unaufwendig – nach langen Monaten des bescheidenen Wildwuchses – ein bisschen Ordnung auf dem Kopf und alles ein wenig kürzer halt.

Heute muss man abstufen

Schnell hatte er mir erklärt, dass man die Haare heute schon ein bisschen abgestuft haben muss – das sähe doch sonst so altmodisch aus. Ich zögerte, weil meine Haare bei der Länge und dieser abgestuften Vorstellung schnell einen Merkel-Look ergeben und bei der Devotion, die ich ihr - so ist mein Ruf - entgegenbringe, könnte das zu Missverständnissen führen, so als sei ich ihr mit Haut und vor allem Haar verfallen.

Dem ist nicht so, aber der junge Mann erklärte mir nach allerlei Fragen über mich und meine persönlichen Verhältnisse und der Information, dass er aus Brasilien stammt und schon vier Jahre in Deutschland ist, dass er im Moment „so einen Hals“ hätte wegen der deutschen Politik.

Er verstünde das alles überhaupt nicht. Die kämen, bekämen Geld und müssten nix tun. Er selbst müsse ja auch sein Geld verdienen. Um das zu beweisen, fuhr er mir heftig mit dem Kamm ordnend durch das nasse Haar. Und dann die Sache mit Köln. Auf Köln hatte ich jetzt keine Lust, meine Gedanken schweiften ab.....

Alltagsnarrative aller Art

Es gibt ja inzwischen nicht nur "Köln", es gibt Geschichten - Alltagsnarrative, die durchs Netz wabern. Auch traurige, wie das Narrativ vom toten Flüchtling vor dem Lageso in Berlin. Übrigens eines von den Gerüchten, die ganz hervorragend das reale Leiden und Warten und Frieren der Flüchtlinge vor dem Landesamt verdecken.

Außenpolitische Verwicklungen

Und dann die Sache mit der vergewaltigten kleinen Russlanddeutschen. Kurze Zeit lang musste man die Sorge haben, dass jetzt die Russen in Berlin-Marzahn einmarschieren, um die Russlanddeutschen zu retten, so harsch war die Reaktion von Außenminiser Lawrow.

Hier ein Beitrag aus der Süddeutschen – Es gab keine Vergewaltigung, aber das beendet die Kampagne leider noch nicht.

Und dann Vorfälle in einem Kindergarten in Nordrhein Westfalen. Ein kleiner Junge – aus Syrien – hat wohl ein kleines Mädchen angefasst (am Arm) und es gab viel viel Ärger. Hysterie. Böse Gerüchte nach harmlosem Vorfall

Und dann die Vorfälle in einem Zwicker Schwimmbad: Migranten scheißen und onanieren ins Schwimmbecken

Wer ein bisschen recherchiert, findet, dass es schon mal solche Krawall-Meldungen gab über Teenager, die sich so verhalten, und die nicht unter die Flüchtlingsflut fallen. Irgendwo entdeckt und erneut aufs Krawall-Ketten-Karussell gesetzt, sind sie wieder wie neu die Geschichten vom Kacken ins Schwimmbad

Braune Fluten hat es schon früher gegeben – in Frankreich. Nein, es geht nicht um Nazis, überhaupt nicht. Aber, im Schwimmbad spielte sich schon 1963 der Kampf der Kulturen ab. Man wird schnell fündig, wenn man nachsieht. Der Spiegel hat damals die sinnig-entlarvende Überschrift gewählt. Es ging um die Algerier, die nach dem Krieg nach Frankreich kamen. Auch sie bedrohten die französische Weiblichkeit in den Wellen des Hallenbades.

Tatsachen - die wie Gerüchte klingen

Die größte Tragik liegt in jenen Tatsachen, die wie Gerüchte klingen, aber leider keine sind. In Berlin wurde im Spätsommer das Flüchtlingskind Mohamed von einem Mann aus Brandenburg sexuell missbraucht und ermordet Der Mord an Mohamed – fast schon vergessen. Auch in diesem Fall hatten sie zuallererst die Mutter verschärft befragt, was an die Praktiken im Zusammenhang mit den NSU-Ermittlungen erinnert.

Kinder verschwinden in Europa. Sie gehören zu den alleinreisenden Minderjährigen und man vermutet, dass sie von kriminellen Banden versklavt werden. Gerüchte? Tatsachen? Manche Kinder – so die Berichte – mögen bei Verwandten leben ohne sich registriert zu haben. Andere sind verschollen...wer forscht ihnen nach.

Das neueste Gerücht hat die Bundeskanzlerin selbst ausgestreut. Die Syrer verlassen nach dem Krieg Deutschland wieder. Man kann nur lachen und fordern: Rückkehr aber erst, wenn sie voll integriert sind.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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