Betreuungs-Demokratie

Politische Kultur Ich weiß überhaupt nicht, warum sich alle so aufregen ums Betreuungsgeld. Das gabs’s und gibt’s doch schon immer.

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Die Parteien kriegen Betreuungsgeld von allen möglichen Seiten. Helmut Kohl hat damals – weil es eine Frage der Ehre war – nicht verraten, von wem die CDU einst in so hohem Maße monetär betreut wurde. Klar sind Parteienfinanzierungen am Ende auch Betreuungsgeld, der „Pflege“ der politischen Landschaft gewidmet.

Zum Beispiel hat der Glücksspielautomatenhersteller Gauselmann gerade eingeräumt, die FDP mit Geld betreut zu haben. Welcher Art die Betreuung war, die er dafür erhielt, ist nicht ganz klar, aber am Ende kommt - ganz ohne Glückspiel - ganz automatisch immer Geld raus, Gewinn. So war das auch beim Gaststätten- und Hotelgewerbe.

Betreuungsgeldfragen gehen aber nicht nur die Parteien an, sie sind mit der gesamten Politik fest verbunden.

Unzählige Lobbygruppen haben ihre Stützpunkte in Berlin. Und die bieten - in dieser oder jener Form - Betreuung an. Sie bieten Expertenwissen und betreuen damit politische Entscheidungsprozesse und am Ende münzt sich das alle um in Geld für die politische Klientel, die sie betreuen. Das ist so was von lieb und fürsorglich – es ist die reine Betreuungsdemokratie.

Der gegenwärtige Streit ums Betreuungsgeld wird begleitet von entsetzten Aufschreien – das sei politisches Geschacher. Auf einmal soll das Betreuungsgeld gar nicht zum Kinder Betreuen dienen, sondern die privaten Rentenversicherer betreuen, denn das Geld kann man für die Rentenfinanzierung im Alter verwenden. Na, herrlich. Damit Kinder-Betreuung wenigstens noch vorkommt, wurde eine Pflichtuntersuchung für die lieben Kleinen, die zu Hause bleiben müssen, angedacht. Vielleicht sind die ja mehr gefährdet.

Man sollte alle politischen Aktionen in Betreuungsgeldaktionen umtaufen. Betreust Du mich, betreu ich Dich und am Ende wird das alles abgerechnet. Na, in was? In Geld natürlich wie alle Transaktionen sich am Ende in dieser Gesellschaft umwandeln. Betreuungsgeld wäre der perfekte Euphemismus. Das wäre gut, denn dann ist er verbraucht für jene, die wirklich Solidarität und Unterstützung brauchen – für deren Anliegen braucht man einen besseren Begriff.

Frage: Ist nicht auch der Wehretat reines Betreuungsgeld für Soldaten und Ausrüstungen, zum Schutze der Demokratie?

Betreuungsgeld – der Begriff passt auf die gesamte politische Kultur in diesem Lande. Nur aufs reale „Betreuungsgeld“ passt es nicht – das kann man getrost umtaufen in: Politischer Quark.

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Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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