Ines Geipels merkwürdige Biographie

Doping in Ost und West Es ist ja unbestritten, dass es in der DDR Doping gegeben hat. Manche sagen auch Staatsdoping . In der BRD hielt sich der Staat raus, aber gedopt wurde dennoch. Eine Aktivistin gerät jetzt immer mehr ins Kreuzfeuer der Kritik.

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Jedenfalls wurden die Doping-Praktiken in der DDR ziemlich umfänglich aufgedeckt. Dem widmeten sich neben dem sehr bekannten westdeutschen Professor Werner Franke auch Aktivisten der DDR, wie Henner Misersky, einstiger Leistungssportler und Skilanglauftrainer, Mitbegründer der Doping-Opferhilfe (DOH). Er hat sich schon in der DDR ziemlich energisch gegen Doping ausgesprochen und seine Kinder aus dem Sportkader genommen, weil sie männliche Hormone bekommen sollten. Seine Sport - und Trainerkarriere in der DDR war dadurch unterbrochen und behindert.

Eloquent und prominent

Viel bekannter und prominenter als sie alle aber war die Mitbegründerin der DOH, Ines Geipel, die lange Zeit - überall wo es um dieses Thema ging - auf den Polstern der Talkshow saß und über ihr Leben als Leistungssportlerin in der DDR sprach. Und immer, wenn sie sprach, hatte man das Gefühl, sie bedient höchst gefällig und eilfertig das Bild, das sich das Publikum - vor allem im Westdeutschland - nicht nur vom Doping im Sport, sondern insgesamt von den Verhältnissen in der DDR machen sollten. So half sie nebenbei auch kräftig mit, die Doping-Praktiken in der Bundesrepublik fast unsichtbar zu machen.

Sie dämonisierte und dramatisierte nicht nur den Sport, sondern auch ihr eigenes sowohl sportliches als auch privates Leben. Eine Blinddarmoperation, die mit Komplikationen verlief, stilisierte sie zu einem Angriff der Stasi auf sich. Sie habe die Teilung des Landes in ihrem Bauch ausgetragen, erklärte sie einmal bei einer Talkshow.

Selbstherrlichkeiten, Undurchsichtigkeiten

Zwischen ihr und den anderen Mitbegründern der DOH kam es bald zu Spannungen. Geipel stand im Vordergrund, erhielt allerlei Orden und Ehrenzeichen und galt als Heldin, aber ihr Verhalten im Verein war selbstherrlich. Spannungen entstanden bald auch angesichts finanzieller Undurchsichtigkeiten und Förderungen.

Professor Franke verabschiedete sich aus der Doping Opfer Hilfe, es wurde ihm zu dubios. Henner Miserksky aber begann ein bisschen nachzuforschen: Seit dem Jahr 2018 berichtete die regionale Presse in Norddeutschland darüber, aber es blieb lange in dieser Region.

https://www.nordkurier.de/sportnachrichten/neue-vorwuerfe-gegen-ines-geipel-und-die-doh-1533738811.htm

Bis sich Der Spiegel vor einiger Zeit damit befasste.

Die Autoren verwiesen auf die seltsame Tatsachen, die eine gewisse Ines Schmidt betrafen, die jetzt Ines Geipel heißt. Diese Ines Schmidt war keineswegs das sportliche Wunder, als das sich immer darstellte. Es fiel auf, dass diese Ines Schmidt damals durchaus nichts gegen Anabolika hatte, aber auch als mittelmäßige Sportlerin alle Förderung bekam, während die Ines Geipel von heute behauptet, gegen ihr Wissen gedopt worden zu sein.

Meist lief sie hinterher

Zitat aus dem Spiegel:

“Tatsache ist, dass Geipel den besten DDR-Sprinterinnen meist hinterherlief, bei internationalen Wettkämpfen wie Europa- und Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen war sie nie am Start. Ihre besten Resultate erreichte sie 1983, als sie in der DDR-Jahresbestenliste über 100 und 200 Meter jeweils den sechsten Platz belegte, mit pharmazeutischer Hilfe.”

Dieser Tage hat der MDR eine ziemlich umfängliche Dokumentation Doping und Dichtung gesendet, in der die Vorwurfe gegen Geipel - nach einer Gerichtsentscheidung, die Misersky das Recht gibt, seine Auffassungen weiter zu vertreten - endlich mal beleuchtet werden. Es bleibt wenig von der Heldin Schmidt/Geipel. Sie hatte nie Nachteile in der DDR - im Gegensatz zu Miserksky und war bis zuletzt Mitglied der SED. ist nie aufgefallen durch irgendwelche kritisches Verhalten.

“Insgesamt ging es um sieben Behauptungen Miserskys, gegen die Geipel juristisch vorging. Demnach dürfe Misersky unter anderem nicht mehr behaupten, dass Geipel sich aus propagandistischen Gründen 22 Jahre später aus dieser Staffel – die 4x100 Meter-Staffel des SC Motor Jena lief damals Weltrekord für Vereinsstaffeln – habe streichen lassen, dass es für sie aufgrund ihrer Leistungen im Olympiajahr 1984 illusorisch gewesen sei, nominiert zu werden, dass sie aus politischen Gründen aus dem damaligen DDR-Leistungssport verbannt worden sei. Außerdem hatte Misersky es erstaunlich genannt, dass Geipel 1985 einen angeblich hochbegehrten Studienplatz für Germanistik in Jena bekommen habe.”


Misersky gewann in allen Punkten.

Es ist schon seltsam. Oft erreichen diese übereifrigen und gefälligen Aktivistinnen genau das Gegenteil. Geipel hat die Aufmerksamkeit, die ihr eine Weile zuteil wurde, vielfältig genutzt. Sie hat skandalisiert statt analysiert und ist damit auf den Wellen des Zeitgeistes prima gesurft. Jetzt schreibt sie ihrerseits Beiträge, die von alten Kadern handeln, die sich gegen sie verschworen hätten usw. Aber es ist schon so. Auf Geipel blickten - schon zu ihren Hochzeiten - viele Leute mit Befremden. Sie soll in diesem Jahr den Erich Loest Preis erhalten, aber die Frage ist schon, ob das angemessen ist angesichtes einer dermaßen hingebogenen Biographie.

Allerdings ist das Ganze auch ein Beispiel wie kritiklos Journalistinnen und Journalisten der Erzählung Geipels gefolgt sind. Es passte in die Tendenzen zur absoluten Skandalisierung und Polarisierung. Aber jetzt sollte Zeit für mehr Besonnenheit sein. Die Dokumentation des MDR beginnt darum auch mit der Feststellung: "Gedopt wurde in Ost und West".

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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