Minister-Countdown

Rücktritte Wäre das hier eine Comedy-Show würde ich um die Ecke linsen und fragen: "Isser schon weg"? Und fast alle wüssten, ich meine den armen Thomas de Maiziere.

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Ich weiß nicht, wie weit der jetzt schon gediehen ist mit seinem Entscheidungsprozess. Aber ich finde, Thomas de Maiziere steht in einer Tradition, die tief in die bundesdeutsche Historie zurückreicht: Er verteidigt nicht sein Land, sondern allerlei anderen Kram.

Komiker Olaf Schubert hat in der heute-show alle Verteidigungsminister belobigt, weil uns niemand bisher überfallen habe. Da überfällt mich nun wieder die Frage, ob diese Männer, die einem Apparat wie dem Verteidigungsministerium vorstehen, sich nicht ständig im Verteidigungszustand befinden und zwar gegenüber ihrem eigenen Laden und dann gegenüber der Öffentlichkeit. Das ist doch kein Job so was. Das ist Knochenarbeit.

Man kann alle Epochen durchnehmen. Ich mache mal einen Countdown mit den letzten zehn Amtsträgern.

10. Hans Apel, SPD, 1978 - 1982

Ein strammer "Seeheimer", rechts in der SPD verortet und vernetzt. Was hat der denn nun eigentlich gekonnt? Zum einen habe er fast seine ganze Zeit als Verteidigungsminister dafür benötigt, die SPD links der Seeheimer auf den Kurs des NATO-Doppelbeschlusses zu bringen, sagen die Beobachter.

Und schon wieder
zu viel Geld

Dann wollte der - ach, was kommt mir das bekannt vor - in seinem Ministerium mehr Controlling einführen. Wegen der ausufernden Kosten für den Tornado z. B. Alles schon da gewesen. Glücklos agiert meinte der Spiegel damals und schrieb: Dabei war es vor allem die Opposition gewesen, die im Tornado-Untersuchungsausschuss in dem hartnäckigen Bemühen, Apel zu kippen, klarer denn je zutage gefördert hatte, wie sich Sachverstand in einer monströsen Bürokratie zu organisierter Verantwortungslosigkeit verflüchtigt.

Das können die beim anstehenden nächsten Untersuchungsausschuss genau so wieder nehmen.

9. Manfred Wörner, CDU, 1982- 1988

Er war „dran“, als diese unglückselige Kießling-Affäre aktuell war. Die angebliche Homosexualität eines Vier-Sterne-Generals wurde als Sicherheitsrisiko eingestuft und Manfred Wörner entließ ihn daraufhin umgehend. Später konnte Kießling nachweisen, dass die Beschuldigungen gegen ihn fabriziert worden sind und er wurde wieder in den Dienst versetzt. Es gibt Stimmen, die behaupten, die Stasi hätte bei den Beschuldigungen ihre Hand im Spiel gehabt. Ich glaube das nicht, denn die Stasi wollte einen knackigen „Klassengegner“ und keinen schwulen Feind. Die waren da sehr konservativ, die "Genossen“

Wie hieß dann noch dieser Zwischenclown?

8. Rupert Scholz, CDU, 1988 - 1989

Dem sah man bei jeder Gelegenheit, da er die Truppe abschritt, einen dezidierten Unwillen an. Mantel unordentlich aufgeknöpft, Schlips schief, als käme er vom Skatabend.

Der hatte überhaupt keine Lust zu diesem Kram, er war ja eigentlich Verfassungsrechtler: Rupert "Schlurfi" Scholz. Der war gerade im Amt, als diese schreckliche Rammstein-Geschichte geschah. Dann wollte er den Wehrdienst verlängern und dann kostete mal wieder ein Fluggerät zuviel. Der Jäger 90. Damals auch in aller Munde. Scholz selbst eine Fehlbesetzung, in der Not wahrscheinlich ausgekungelt.

7. Gerhard Stoltenberg, CDU, 1989 - 1992

Der hat nun wieder zugelassen oder nicht gewusst, dass Panzer in die Türkei geliefert worden sind, die dort eigentlich nicht hingehörten. Also Rücktritt.

6. Volker Rühe, CDU, 1992-1998

Der hatte ganz offensichtlich die nötige Härte. Es war auch eine Zeit, das es zu neuen Ufern ging. Hurrahurrahurra.

Das "out of area"-Urteil" des Bundesverfassungsgerichtes, die Ausweitung der Kampfzonen in andere Regionen. Das ist sein Erbe. Andere brauchten es dann nur noch anzutreten. FDP und Grüne waren sehr erleichtert. Die konnten das nahtlos fortführen und sahen dabei noch ne Weile unschuldig aus.

Immerhin aber forderte Volker Rühe - nicht mehr im Amt - Juli 2011 einen von der schwarz-gelben Bundesregierung befürworteten Verkauf von 200 Leopard-2-Panzern an Saudi-Arabien nicht zu tätigen. Das war doch auch gut.

5. Rudolf Scharping, SPD, 1998 - 2002

Scharping fiel ins Planschbecken des Boulevards, weil er auch mal eine Homestory mit seiner damaligen Freundin wollte. Die Empörung spritzte auf, denn plötzlich fiel den gefechtsfeldfernen Beobachtern an der medialen Heimatfront auf, dass in diesen ernsten Zeiten nicht gebadet werden sollte und schon gar nicht im Gemeinschaftspool. Plumps ging er selbst gleich mit baden. Jetzt führt er die Radfahrerlobby an.

4. Peter Struck, SPD, 2002-2005

Das änderte sich mit Struck, der ist ein Motorradfahrer. Viele scherzten - in Anlehnung die berüchtigte "Ruckrede" eines vormaligen Bundespräsidenten - es gehe kein Ruck, aber ein Struck durchs Land. Es hätte aber heißen müssen, ein Struck fährt durchs Land und zwar mit Helm.

Struck bescherte uns den Spruch von der Demokratie, die wir auch am Hindukusch verteidigen müssen. Vielleicht, weil sie hierzulande immer mehr schwindet.

Vielleicht wollte er dort auch nur eine ordentliche Piste bauen. Ist ja ein reizvolles Land für Motorsportler.

Das Verhängnis nahte in Form von

3. Franz Josef Jung CDU, 2005-2009

Der war in seinem Amte unter anderem auch recht fromm.

So wallfahrtete er Soldaten hinterher, die gemeinsam mit Militärbischof Mixa vor Lourdes campierten. Ob die den Ort erstürmen wollten oder nur beten, weiß man nicht. Auf jeden Fall war beten angebracht, denn der Jung wurde immer mal wieder hin- und hergeschoben und verladen. Am Ende ins Arbeitsministerium, das er aber nach 33 Tagen wieder verließ, obwohl er dort noch gar nichts angestellt hatte.

Das war ein doppelter Fallrückzieher, er hatte als Verteidigungsminister in der Kunduz-Affäre auch nicht so richtig viel zur Aufklärung beigetragen. Und sich dabei nicht übernommen, aber dann wenigstens die Verantwortung für die Informationspolitik.

Na, da sind wir schon bei

2. Theo von und zu, CDU, (2009-2011),

der nicht nach Lodz wollte, sondern in Afghanistan Talkshows veranstalten und das mit Gattin und Gefolge.

Zu Guttenberg - ein Joker aus Angela Merkels Figurenlager. Nicht lange gehalten. Viel BILD und wenig Aufklärung und noch ein Plagiat dazu. Ich erinnere mich gern, wie ich bei dieser Gelegenheit meine alten braunen Turnschuhe loswurde. Richtig kämpferisch war ich damals. Hätte das Ministerium gleich übernehmen können. Ha.

Na, und jetzt...

1. Thomas de Maiziere, CDU (2009-???)

Was soll er tun? Ich bin für Behalten, denn, wenn die immer alle so schnell ihren Hut nehmen müssen, kommt nie eine Ordnung ins Verteidigungsgeschäft.

Es kann natürlich auch sein, dass dieser Apparat gar nicht Schuld ist, sondern die Bundesverteidigungsminister alle solche Pfeifen sind, dass die gar nicht merken, was da ihre Staatssekretäre hinter ihrem Rücken oder, vor ihnen schleiertänzelnd, alles aufführen.

Anmerkung: Es gibt bei der Bundeswehr so einen inoffiziellen Ausdruck: Knackigkeitsgrenze. Die Knackigkeitsgrenzen wurden mehrfach neu definiert. Sie liegen aber alle in den Jahren um die 50. Scharping z. B. wollte seine Militärs, die jenseits dieser Knackigkeitsgrenze liegen, vorzeitig in den Ruhestand schicken. Wenn man es so sieht, war zu Guttenberg der einzige Verteidigungsminister, der innerhalb seiner eigenen Knackigkeitsgrenze amtierte. Die anderen waren schon alle Matsch, als sie antraten. Ich bin auch schon lange jenseits der Knackigkeitsgrenze. Also ich komme auch nicht infrage. Obwohl: Rein gendermäßig wäre da jetzt doch auch mal ne Frau dran. Ich behaupte aber: Den Job macht sie nicht lange. Niemand macht den lange.

Ich danke google und Wikipedia für die schnelle Recherche.
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Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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