Pankower Promitalk I

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Es gibt in Pankow massenhaft Promis und ich bin ein bisschen promigeil. Und jetzt kann ich dieses kleine Laster auch ausleben, denn früher waren die Promis nicht so richtig populär und lebten fern von den Einwohnern.
Diese Politpromis wohnten damals im ehemaligen „Städtchen“ – direkt am Schloss Niederschönhausen - das ja einmal Gästehaus der Regierung war und Pankoff der Mittelpunkt der Soffjetzone.

Damit nicht vergessen wird, wie die Promis einst lebten, haben sie im Torhäuschen des Schlosses Niederschönhausen, eine Ausstellung gemacht. Die jetzt dort residierende Bundesakademie für Sicherheitspolitik hat da die einstigen Residenten mittels Fotos und allerlei Videoinstallationen ordentlich entlarvt und historisch eingeordnet – eine Unrechtsstaatsbesichtigung mit richtigen Unrechtsstaats-Personal. Mitten im Torhäuschen.

„Die Pankower Machthaber“ heißt die Ausstellung.

Da sieht man zum Beispiel, wie Volkspolizisten Fahrzeuge kontrollieren, die ins Schloss fahren wollen. (Durften die das eigentlich?) Oder man sieht auf einem Bild Walter Ulbricht, Nikita Chruschtschow und Wilhelm Pieck da sitzen und Wein trinken – diese Prasser.

Auf der Wiese vor den Gebäuden der Akademie warnen zwei Schilder. „Militärischer Sicherheitsbereich, Vorsicht Schusswaffengebrauch“. Ich dachte lange Zeit, das sei ien Scherz, aber es ist wohl ernst gemeint.
Auf jeden Fall sind die Machthaber später fast alle nach Wandlitz abgerückt. In den Häuschen rund ums Schloss Schönhausen wohnten nur noch einige alte unprominente Genossinnen oder pensionierte Funktionäre, wie es Monika Maron in ihrem Buch „Stille Zeile sechs“ beschreibt. Auch die alte Lotte Ulbricht wohnte dort bis zu ihrem Tod vor einigen Jahren.

Jetzt kann man da prima spazieren gehen - und trifft neue Promis. Viele Neumieter - manche mit süddeutschem Dialekt oder auch leicht rheinischem – sind eingezogen. Zum Beispiel Yasmin Tabatabai, die Schauspielerin,. Die hat das einstige Haus von Otto Grotewohl (früher DDR-Ministerpräsident) gekauft und setzt es so nach und nach instand. Oder Devid Striesow, auch ein Schauspieler, der in modernen Filmen – wie „Yella“die Hauptrollen spielt, geisterte dort mal herum – sehr verwegen aussehend und in Begleitung zweier kräftiger Doggen. Sah aus, als hätte er Angst vor anderen Passanten. Vielleicht nur vor Bernd Michael Lade, der im Tatort Leipzig immer den Hifi von Peter Sodann spielte. Der hat mit Striesows früherer Freundin Maria Simon jetzt in Pankow eine ehemalige Kleinkirche bezogen und baut daran herum. Auch diese Familie hat einen Hund, der sofort losbellt, wenn Leute vorbeikommen.

Es gibt auch richtige alteingesessene Promis in Pankow, die wohnen auf der anderen Seite vom Schlosspark – am Amalienpark.
Einmal ging vor mir eine ältere Dame, schon recht vorsichtig auf dem sehr huckeligen Pflaster der Breiten Straße. Aus irgendeinem Grunde drehte sie sich nach mir um - da war es Christa Wolf. Ihren Mann habe ich schon oft auf dem Markt beim Einkaufen gesehen. Oder der Andreas Schmidt-Schaller , der eine Hauptrolle bei SOKO Leipzig hat, wohnt dort und bringt seine Tochter hin und wieder in die nahe Schule.

Wir selbst sind ja Neu-Pankower, wir sind vor den alternativen Jungunternehmern im Prenzlauer Berg geflohen. Hier in Pankow sind sie etwas gesetzter die Promis – vielleicht spukt noch das repressive-dämpfende Erbe der alten Staatsmacht herum und bremst. Das muss man noch aufarbeiten, dieses Phänomen.

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Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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