„Das Lokal so von sämtlichen Seiten geseh’n, sieht so aus, als hätt’ es viel Pleiten geseh’n.“ Ein verrücktes Wiener Lied war das, weshalb ich es mir - aufgrund eines Talent-Webfehlers - sofort und für alle Zeiten merkte. Es war auf jeden Fall besser als die später vom gleichen Sänger besungene „Kleine Kneipe in unserer Straße“ Dann gab’s noch eine andere Schmonzette „Springe mein Liebchen, ach springe, rasch auf die Schaukel nur“. Meine Mutter mochte das.
Eine Stimme für
jeden Lebensabschnitt
Ich war noch ein Kind, aber später hörte ich die gleiche Stimme. Diesmal im Duett mit Caterina Valente. „Eventuell, eventuell...“.
Peter Alexander - eine Stimme also, die sich jedem Lebensabschnitt wieder zugesellte, sang in „Liebe Tanz und tausend Schlager“ einem Film, den der DDR-Filmvertrieb zur Erheiterung der Menschen eingekauft hatte.
Einmal – Jahre später - sah ich ihn in der westdeutschen äußerst klamottig-flachen Verfilmungder „Fledermaus“ , aber er gefiel mir trotzdem. Die ganze westdeutsche Welt wirkte so fern von allem, was unser Leben hin und wieder so schwer, geschichtsbelastet und schicksalsbeladen machte. Die waren damit fertig im Westen, die waren an nichts mehr schuld und kümmerten sich nur noch ums Entertainment.
In der Studentenzeit, als ich bei Freunden mit gutem Westempfang ,die „Peter Alexander Show“ guckte, war ich begeistert. Auch bei uns war man - sogar hin und wieder erfolgreich - lebensfroher geworden und genoss gern Klamauk und Showbiz. Im Westen hingegen, der uns irgendwie immer „eine Umdrehung“ voraus war, erhoben sich just zu der Zeit die kritischen Stimmen, welche diese Heile-Welt Ablenkungs-Maschinerie anprangerten, die den Fernsehzuschauern da serviert wurde um sie von den Widersprüchen der realen Welt mit ihren Kämpfen abzulenken. Das war uns egal. Wir konnten nicht jede Mode mitmachen.
Überzeugender Protagonist
des Unterhaltungsbetriebes
Wie auch immer man über die Bundesrepublik und ihr Unterhaltungs-Fernsehen denkt, Peter Alexander war einer der authentischsten und überzeugendsten Protagonisten dieses ganzen Betriebes. Ein Vollprofi, aber ein Vollprofi ohne Zynismus. Manchmal dachte ich, wenn ich mal wieder den Paul Hörbiger in einer Rolle in einem absolut süßlichen Heimatfilm gesehen hatte, dass die Schauspieler hinterher alle in der Kantine einen Schnaps trinken müssen gegen den Schmerz, den die „Herausforderungen" ihrer Rolle bereitet hatten. Aber bei Alexander dachte ich das nicht. Der sang halt öffentlich nur das, was etwas einbrachte, so erzählt man von ihm. Er verkniff sich die Attitüde des Verkannten, eigentlich zu „Höherem“ Berufenen, aber lieferte handwerklich grundsolide Sachen ab. Im Gegensatz zu vielen seiner Schlager war seine Sendung recht originell.
Es gab keinen Show-Guest, mit der oder dem zusammen er nicht ein Duett sang, einen verrückten Sketch aufführte und überhaupt viel parodierte, wie den Hans Moser, den er kongenial nachmachen konnte.
In der Peter-Alexander-Show konnten die Gäste auch ein Schubertlied singen, wenn sie’s konnten oder ein Chanson, das nicht zum Alltagsrepertoire gehörten. Heute halten sie eine CD in die Kamera und füttern dazu ein paar Takte an.
Peter der Große Alexander - ein Talent, das sich an den Zeitgeist schmiegte oder - man denkt an seine geschäftstüchtige Frau – sich widerspruchslos anschmiegen ließ.
Seine Ausbildung bekam er amberühmten Max Reinhard Seminar in Wien und zwar von der Pike auf. Er hätte mit anderem Lebenslauf – ein guter Operettentenor sein können. Eine ausgebildete, kultivierte Stimme. musikalische Fähigkeiten, die er selten voll ausspielte.
Er aber entschied sich für eine einzige Rolle: Die des „Peter Alexander“ und das sein Leben lang, wie Schauspiel-Kollegin Cornelia Froboess feststellte. Er sei in Wirklichkeit ein musikalisch feinfühliger Melancholiker gewesen, wenn er am Klavier Jazz und Blues improvisierte habe man das auch gespürt.
Darum war er mir sympathisch trotz der unsäglichen Interpretation von Tom Jones “Delilah“ der „Kleinen Kneipe in unserer Straße“ oder - ganz besonders schlimm - „Hier ist ein Mensch“: Sein Name: Peter Alexander Ferdinand Neumayer
Kommentare 20
Ich habe zwar keine Ahnung, wer Peter Alexander ist, aber die Anspielung auf Peter der Große ist alles anderes als schmeichelhaft. Peter der Große war ein ausgeprägter Psychopath, der sowohl seiner unmittelbarer Umgebung (also Familie, Hof ets.) als auch Russland im Allgemeinen unzählige Schaden eingerichtet hat. Die Folgen davon hat Russland bis heute auszuleben. Die moderne Regierungen, gegen die die kommunistisch gestimmte Bürger protestieren, sind im Vergleich mit dem Peter der Große nur weiße und flaumige Häschen.
..... bei Wikipedia steht sogar schon das Todesdatum:
de.wikipedia.org/wiki/Peter_Alexander
Liebe Magda,
"Mut ist auf Urlaub" schreibst Du in Deinem Profil?
Nein, Du bist sehr mutig, das sieht man auch an Deinem Nachruf!
Herzlichst
archie
Peter Alexander muss man nicht kennen, aber wenn er nun mal heute gestorben ist und ich mit ihm einen Teil meines Lebens zu tun hatte, habe ich ihn hier gewürdigt. Er war am Ende ein sehr einsamer alter Mann.
Peter der Große war sicherlich eine höchst widersprüchliche Figur. Alexander der Große vorher auch. Naja und dazwischen war eben viele Jahrhunderte Entertainment.
Nee, lieber archinaut. In einer Zeitung, die David Hasselhoff würdigt, darf ich mal einen ordentlichen Nachruf vorlegen, nicht wahr?
www.freitag.de/alltag/1106-a-z?searchterm=David+hasselhoff
Ach und ein Video fehlt auch noch zum Pläsiere wo der Alexander den Moser nachmacht
Ein sehr ehrenhafter und fairer Nachruf.
Mir selbst war der Herr Peter Alexander Ferdinand Neumayer schon in meiner Schlagerphase, die in meinem 12. Lebensjahr endete, ein Graus. Ich habe ihn immer in einen Topf geworfen mit dem '100 Mann und ein Befehl-Eine Handvoll Reis-AntiGammler'-Freddy Quinn.
In den 60er Jahren war Peter Alexander, für den die Eltern schwärmten, für mich das Symbol einer Musik, die ich verachtete - Jazz, Bob Dylan und die Rolling Stones waren die Zukunft. In den 70ern traf ich eine junge Frau, die ich trotz ihrer Leidenschaft für P.A. heiratete. Unsere Kinder entwickelten zu meinem Leidwesen den Musikgeschmack ihrer Mutter.
.... Danke, liebe Magda,
für Nachruf und für dieses Video, er singt:
"muss in meinem früheren Leben
der Presley g'wesen sein...."
Schön getroffen von Dir...:
"Er verkniff sich die Attitüde des Verkannten, eigentlich zu „Höherem“ Berufenen, aber lieferte handwerklich grundsolide Sachen ab. "
@ goedzak - P.A. war ja auch in vielem grauslich, aber das eben auf hohem Niveau. Der konnte - wie man so sagt - seinen Kram. Und zwar perfekt. Und - irgendwo war der ehrlich.
@ koslowski - Jaja, Schicksale gibts. Immer vererben sich solche schlimmen Sachen.
Übrigens: Beim Freitag haben sie lange mal diskutieren lassen, ob man bei unterschiedlicher politischer Meinung trotzdem sich lieben kann, ober unterschiedliche Geschmäcker als Konfliktstoff wurde noch nicht nachgedacht.
Es tut mir Leid, es war nicht so gemeint. Ich kenne Peter Alexander tatsächlich nicht, wie auch viele andere deutsche Vertreter der modernen Kultur, was aber nicht an Ignoranz liegt, sondern nur daran, dass ich in einem anderen mentalen Raum aufgewachsen bin und meine Gefühle an andere Strukturen gebunden sind. Ich kann mir vorstellen, dass Dir Peter Alexander genau so wichtig ist, wie mir z.B. Vladimir Vysotsky etc, wichtig sind.
Auf Peter der Große reagiere ich automatisch, weil ich den Typ nicht mag. Seine Große ist an die Schrecken gebunden, die er in die Welt gesetzt hat. Und seine über alle Maßen dumme und brutale Art, die westliche Kultur in Russland einzupflanzen - selbst wenn man dafür die nationale russische Kultur vollständig vernichten musste - führte dazu, dass die russische Nation keine Überlebenskraft mehr hatte und aus den Krämpfen der Agonie nicht mehr raus kam... was die Ereignisse unter Stalins Herrschaft bewiesen haben.
Vor-68 liegt, gut verdrängt, im Dunkeln, aber ich denke mal, mir hat da, neben Peter Kraus und Heinz Erhardt, auch Peter Alexander ganz gut gefallen. Spätestens aber ab 68 war da eine Grundabneigung, die den Blick auf sein professionelles Können trübte.
Das aber hat er, im Rückblick, wohl ohne jeden Zweifel besessen. Und selbst während der Grundabneigung ließ es sich nie vollständig verleugnen. Und die Ausssage "Er hätte mit anderem Lebenslauf – ein guter Operettentenor sein können" würde ich dahingehend relativieren, dass er doch genau das war. Nur eben zeitgemäß, während wir "Operette" gerne als in den 20ern eigefroren betrachten und sie konservieren, statt sie fortzuentwickeln. Das aber hat Alexander wohl getan, nicht als verfälschendes "Regie"-Theater, sondern als reale Weiterentwicklung in Film und Show.
Interessant an den Nachrufen finde ich aber den Verweis auf die Person Alexander, die neben der Marke Alexander offenbar nie in die Öffentlichkeit drang. Und ich frage mich, ob dieser Mann vielleicht als Muttis Liebling in einem obsoleten, oberflächlichen Wertekorsett festhing, das er versilberte anstatt es kreativ zu durchbrechen und auf diese Weise ein wirklich ganz Großer zu werden.
Vielleicht war der Widerspruch zwischen seinem Potential und dem, was der Zeitgeist tolerierte für ihn einfach zu groß. Und so definierte er seine Rolle als einen, der das, womit Größere gelegentlich aneckten zu Häppchen zurecht machte, die auch für den Spießer genießbar waren. Ein Seiltänzer zwischen verschiedenen Ebenen des Kulturbetriebs sozusagen, der sich selbst ein Leben lang verfehlte.
Wenn ich versuche, mir vorzustellen, wer oder was er "wirklich" war, befällt mich Melancholie.....l
"Ich kann mir vorstellen, dass Dir Peter Alexander genau so wichtig ist, wie mir z.B. Vladimir Vysotsky etc, wichtig sind."
Um Himmelswillen. Mit Vysotsky - da würde ich andere Leute auf gleiche Stufe stellen. Muss ich drüber nachdenken. Aber dieser Peter Alexander steht für eine bestimmte Zeit - im Westen mehr als im Osten. Mehr ist da nicht. Der war ein mopsfidler Entertainer, kein nachdenklicher, an den Zeiten leidender Künstler.
Wir sollten uns zur Sachlichkeit bequemen. Peter Alexander ist nicht Peter der Große, der durchaus für sein Land beträchtliche Fortschritte erziehlt hat, dass hier nur mal nebenbei.
Jeder Künstler zu seiner Zeit und hier scheint mir, dass Peter Alexander gut in die damalige Zeit passte. Es gab auch viele andere Künstler, für die das auch galt.
Die Zeit hat sich verändert und nun treten andere an ihrer Stelle, die man mögen kann oder eben nicht.
Jeder dieser Künstler hatte damals und eben heute seine Fans und genau das sollte man respektieren. Wer von denen nun gut oder schlecht (ein Graus) war und ist, entscheidet grundsätzlich das Publikum. Daran sollten auch wir uns halten.
danke für die persönlich gefasste Würdigung. Als Berufs-(Klassik)-Musiker hab ich die jahrzehntelange Häme, ja sogar die Personifizierung des schlechten Geschmacks und der Kommerzialisierung der eigentlich hehren musica in persona P.A. von den allermeisten meiner Kollegen anhören müssen. Obwohl ihnen beim Thema "gekonnt" dann schon nichts mehr einfiel. Sogar die TAZ - die ich natürlich trotzdem weiterlesen werde - konnte meiner Kritik an der "seichten" Unterhaltung (so hatten sie dort P.A. im Nachruf beschrieben) als Relikt der bis weit in die 70er braun gefärbten Musikwissenschaft nicht recht folgen und zensierte meinen Beitrag dazu. Aber es sind ja auch andere Medien, die sich auf den Ernstfall: den Zusammenbruch ihrer schönen ideologischen Vorurteile, noch nicht recht vorbereitet haben. P.A. war schon lange im selbstgewählten Exil fern unserer "heilen Kultur-Community" - aber vielleicht zwingt er uns mit seinem Abschied doch noch in eine Rehabilitation eines Genres, das von den meisten geliebt, von den meisten aber auch verleugnet wird, wenn man dazu Stellung nehmen soll. Und wenn es nur für historisches, d.h. 50/60er Jahre Musikmachen gelingt, gleicht es doch einer Umkehrung der Werte. Um die Musikwissenschaft mache ich mir keine Sorgen. Die kommt schon nach...
@Krem-Browning
Ich habe zwar keine Ahnung, wer Peter Alexander ist, aber die Anspielung auf Peter der Große ist alles anderes als schmeichelhaft. Peter der Große war ein ausgeprägter Psychopath, der sowohl seiner unmittelbarer Umgebung (also Familie, Hof ets.) als auch Russland im Allgemeinen unzählige Schaden eingerichtet hat.
So ist das mit Leuten, welche die Mit- oder Nachwelt mit dem Spitznamen "...der Große" behängt. Wilde, gefährliche Bestien. Wir haben in Deutschland ja unseren Friedrich den Großen, das frankophile Flötenmonster, sein Vater hätte ihn damals zusammen mit Katte enthaupten lassen sollen, er wäre uns dann als der rebellische Prinz im Gedächtnis geblieben.
Das Schlimme an Leuten wie Friedrich II. von Preußen ist nicht so sehr ihr Leben (schlimm genug) sondern ihr Nachwirken. Von Kant ist ein Schleimbrief an seinen König erhalten, indem es von allerunterthänigster Devotion nur so wimmelt. Wir müssen Kant diesen Brief nachsehen, er wollte leben und er wollte als Philosophieprofessor leben, er wußte, daß er es mit einem Tier zu tun hatte, das er zu besänftigen hatte, da er anderenfalls gnadenlos zerfleischt werden würde.
Schlimm sind die Nachgeborenen, welche diese Leute loben und preisen, obwohl sie nichts mehr von ihnen zu befürchten haben.
Das folgende Lieder der Prinzen ersetzt eine ganze Bibliothek über Moral und Ethik.
www.myvideo.de/watch/6064121/Die_Prinzen_Du_musst_ein_Schwein_sein
Ciao
Wolfram
@ wb- Ihr Kommentar freut mich sehr. Denn - bei aller wohlfeilen Kritik an der "seichten" Unterhaltungsindustrie - am Ende war der Peter Alexander einer, der sie ernst genommen hat, der handwerklich alles gegeben hat. Es muss ein ernsthafter Mensch gewesen sein, der das betrieben hat.
Es ehrt ihn nebenher auch, dass er nicht getingelt hat bis zum Umfallen, sondern irgendwann - ins "Exil" gegangen ist.
Übrigens: Eine ähnliche Debatte wurde früher auch immer um diese ABBA-Truppe losgetreten. Jetzt sind sie freilich etabliert. Und warum? Weil sie gute, solide Musik machen. NIcht mehr und nicht weniger.
Gruß
@goedzak
Auch ehrenwerter und fairer Kommentar. ;) Echt errlich gemeint und so sollte auch immer sein. ;)
@Magda
Ich fand ihn auch sympathisch. Er gehört zu meinen ersten Fernseherlebnissen, auch wenn ich heute die meisten seiner Sachen viel kritischer sehe als in meiner Kindheit.
Auch im ÖRF wurde er gewürdgt. Dort bezeichnete man ihn als den dringend benötigten "Trost der deutschen Trümmerfrauen". Die Österreicher meinten , dass er auch mit dazu beigetragen hat, dass die Deutschen nach dem 2ten Weltkrieg wieder ihre Sprache lieben lernten? ;)
por
@Krem -Brownig
"Ich habe zwar keine Ahnung, wer Peter Alexander ist,..." Irgendwie erfrischend, aber wenn ich das lese fange ich auch an mich ziemlich alt zu fühlen. Schnüff. ;)
Nunu... ich bin auch volljährig. ;) :) Sogar meine Tochter wird es bald... in ein Paar Jahren.