"Das Frühjahr kommt, wach auf Du Christ
es schmilzt der Schnee, die Toten ruhn
und was noch nicht gestorben ist
das macht sich auf die Socken nun"
(Bert Brecht - Mutter Courage)
Ich war vor einiger Zeit in Bernau bei Berlin. Abgesehen davon, dass es einen Wippchen von Bernau gibt - wirklicher Name Julius Stettenhein - den legendären satirischen Kriegsreporter, der alle Schlachten von Bernau aus, wo er zu Hause war, ersonnen, gelenkt und siegreich geschlagen und damit den Krieg ordentlich veralbert, hat, ist die kleine, vor Berlins Toren gelegene Stadt halt ein hübsch gestaltetes märkisches Örtchen mit historischen Winkeln.
Der dicke Turm der Marienkirche ist vom Bahnhof aus zu sehen. Die wuchtige Stadtmauer verkündet Entschlossenheit und Wehrhaftigkeit. Auch kann man das "Henkerhaus" besuchen, in dem "holterdifolter" die allerkreativsten Befragungs- und Strafprozeduren ausgestellt sind. Gut zum Gruseln. Daneben auch ein Denkmal für die Opfer der Hexenverfolgungen im Mittelalter. 16 Hinrichtungen gab es in jener Zeit. Martialisch, brachial ist so allerlei dort in Bernau.
Aber, es gibt auch ein wunderbares Denkmal neueren Datums an der Stadtmauer.
Das Denkmal für den Unbekannten Verweigerer
Auf der Bronzeplatte darunter ist zu lesen.
„Gewidmet allen Deserteuren und Verweigerern,
deren Heimat die Mutter Erde ist,
die im Feind den Menschenbruder erkennen,
die statt auf Generäle auf den Befehl ihres Gewissens hören,
die nicht an Ideologien, sondern am Leben hängen,
deren Angst kleiner als ihre Liebe ist.
Die Geschichte dieses Denkmals kann man hier nachlesen.
Gar nicht seltsam, dass mir dieser Ausflug jetzt in den Sinn kommt. Ich werde demnächst mal wieder hinreisen. Und ich werde mich - nicht erst dort - fragen: Ist ein ehemaliger Pfarrer, der sich einst für "Schwerter zu Pflugscharen" eingesetzt hat und jetzt den Mentalitätswandel zu mehr deutscher "Entschlossenheit" mit verbalen Geklingel einläuten will, ein deutscher Christ oder ein "Deutscher Christ"?
Kommentare 28
Tja, damals war der Gauck der Fuchs, der den Igel überreden wollte, seine Stacheln abzulegen. Irgendwann stimmte der Igel schließlich zu, wurde gefressen, und der Fuchs wurde zum Leitwolf ernannt.
Liebe Magda,
die Frage am Ende ist spitze so wie Dein ganzes Blog.
Gauck erklärt Deutschland seine neue Vertantwortlichkeit für Frieden in der Welt zu sorgen "nicht trotz sondern wegen seiner Vergangenheit." sagt er so oder so ähnlich.
Da hat doch der unbekannte Verweigerer und nicht der neoliberale Staatspriester meinen Respekt.
Wenn sie doch so ehrlich wären, zuzugeben, dass Deutschland seine Handelsinteressen in aller Welt auch militärstrategisch schützen möchte, so ist das Neo-Kolonialismus und nicht richtig, wäre aber noch nachvollziebar, aber Gauck´s Moral wirkt auf mich eher abstossend., auch wenn icht dagegen moralisieren möchte.
Gegen so einen Mann helfen nur logische Argumente , die man z.B in "konkret" oder in "Der Freitag finden" kann.
Da weiss man doch an einem Obama , der "Nö" sagt, "wir müssen weiter abhören ,um uns zu schützen", doch, was man hat. Das ist auch nicht gut aber wenigstens reeller als Gauck´s Moral!
Viele Grüße
poor on ruhr
"An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen".
Sie reden vom Frieden und bereiten dem Krieg den Weg. Wie ist das auf Christen bezogen erklärbar, zumal er keine Ausnahme ist.
Ausgerechnet die sogenannten christliche Nationen haben die grausamsten Kriege geführt und größten Verbrechen der bekannten Menschheitsgeschichte begangen.
In den USA wird heute noch "Little Boy" als baugleiche Version der Hiroshima-Bombe im Museum ausgestellt und quasi den Schulklassen als Monument amerikanischer Stärke und Gerechtigkeit vorgestellt. Gleichzeitig verstehen sich die USA als eine Art berufene Nation vor Gott, die eine besondere Verantwortung in der Welt habe.
Kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass das Christentum eine inhärente, verborgene Gewaltkomponente hat? Stichworte: (abgeleitete) Autorität = Gehorsam = Gewalt.
Lieber Pleifel,
Ihr Zitat: "An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen"
Sehr genau getroffen. Und dies gilt für alle: die Großen und die Kleinen, die Reichen und die Armen, die Mächtigen und Ohnmächtigen ..
Der Krieg ist in jedem Menschen anwesend. Sehen Sie sich um .. sehen Sie genau hin .. bzw. hinein ..
Die USA hat genau so wenig das Mandat des Weltrichters als irgend ein anderes Reich auf dieser Erde. Aber sie ist am "Drücker" .. momentan .. und ich bezweifle, daß das kommende neue Weltreich "besser" sein wird ..
Alles auf diesem Erdenrund muß in die große Krise .. das wird unfaßbar hart werden .. für jeden .. aber dann kommt das Ende und damit das Ende des Wahnsinns .. die Lösung ..
https://www.youtube.com/watch?v=Z4rBDUJTnNU
https://www.youtube.com/watch?v=xgJM_VVDs7s
https://www.youtube.com/watch?v=O-zDfW5p4h4
;-)
Grüße zur Nacht
AD
Schöner, nachdenklicher Beitrag, Danke.
Der derzeitige Bundespräsident ist m.E. ein kreuzgefährlicher Demagoge und gerissener Populist, ein verrückt gewordener, größenwahnsinniger deutscher Kleinbürger, getrieben von dumpfestem Antikommunismus, von Rachsucht und von maßloser Eitelkeit. Für das, was er in München vom Stapel ließ, müsste Köhler vor 5 Jahren noch zurücktreten. Gauck aber wird heute dafür vom Großteil der Edelfedern gefeiert. Wo führt das hin?..
müsste musste Köhler
Das Denkmal für den Unbekannten Verweigerer steht als Symbol für die Bedeutung jedes Einzelnen und den Weg, den man geht, wenn man das Richtige, das Wahre erkannt hat.
Der Weg zum Frieden lässt sich nur auf dem inneren Weg erreichen, wenn die Einsicht da ist (was Sie als Krieg in jedem Menschen bezeichnen), dass wir unseren Geist von allem Ballast der Religionen, Traditionen und Autoritäten frei machen müssen. Wenn wir dass erreichen, wird sich die Gesellschaft von selbst verändern.
So verstanden ist die "große Krise" eine persönliche.
wer dem neoliberalismus frönt, muß irgendwann auch die dicke berta in position bringen, sonst wird das nichts, und auf fb las ich heute morgen bezüglich gauck die losung "pflugscharen zu schwertern" ...
Ein Denkmal für den Unbekannten Verweigerer ist ein großer Lichtblick und es fehlt an einer starken Tradition, in die es sich wie selbstverständlich einfügt. Es ist auch nicht üblich, daß man darüber informiert ist.
Dieweil formiert sich in München bereitwillig eine Die-Reihen-fest-geschlossen-Front, mit der die Übernahme/Beitritt der Ukraine vorbereitet wird, ein Boxchampion als Galionsfigur und begleitendes Getöse des hiesigen Mainstream. Na super.
>>…und sich zum Volkssturm meldet.<<
Sich nicht. Aber Dich.
>>Für das, was er in München vom Stapel ließ, musste Köhler vor 5 Jahren noch zurücktreten.<<
Na ja, der Gauck drückt das Gleiche natürlich sehr viel eloquenter aus als der in nicht vorformulierten Reden etwas ungeschickte Köhler. Als gelernter Prediger ist das für den Gauck sicher kein Problem. Drum bleibt er im Amt und kann seine marktkonforme Hetze weiterhin als „Christenpflicht“ verkaufen.
Agenda-2010-Befürworter, Kriegstreiber, Antikommunist: Der ideale Repäsentant der Bonzenrepublik Deutschland (BRD).
>>Das Denkmal für den Unbekannten Verweigerer<<
Danke für den Hinweis, Magda.
Es waren Deserteure, die den 1. Weltkrieg beendet haben.
Danke für den Hinweis auf dieses zeitnahe Denk-mal.
Eines der Wenigen in der deutschen Landschaft das nicht hohl ist. Leider wird der Zuruf an den gaukelnden Hohlkörper resonanzlos bleiben.
Beim Bundespräser, dem Bundesvaterunsern, dem fleischgewordenem TÜV (Theologischer Überlaschungs Verein) kommt mir stets der Tartüv Tartüff in den Sinn:
"Lorenz, das Bußkleid und den Strick schließ ein!
Gott schütze deine Seele vor Bedrängnis!
Wer nach mir fragt – ich gehe zum Gefängnis
Und bring' den Ärmsten ein paar Pfenniglein.
(...)
Das eben ist die Kunst, die wir uns schufen,
Je nach Bedarf zu dehnen das Gewissen
Und, ließ die Handlung Lauterkeit vermissen,
Uns auf den guten Willen zu berufen"
Ich danke erstmal allen Kommentatoren für ihre Anmerkungen.
Die Sache mit den "Deutschen Christen" .
@ Koslowski - "Aber er ist kein "Deutscher Christ".
Nein, ist er nicht. Ich frage ja auch nur polemisch. Aber - gerade mit Gaucks Hintergrund - bin ich ganz besonders aufmerksam geworden. Ich lass es stehen. Mir scheint bei allem, dass Gauck - er ist ja kein Pfarrer mehr - jetzt, wo er eine begrenzte Macht, zumindest die der Rede hat, - mir richtiggehend gefährlich erscheint. Und auch das hat mich zu dieser "Schärfe" veranlasst. Was ist das für einer, wozu ist der fähig? Frage ich mich nicht zum ersten Mal übrigens. Und es gibt auch andere, die sehr befremdet waren über die Diskrepanz bei ihm zwischen rhetorisch gekonnter meist sanfter Rede und einer ziemlichen Härte.
@ Kai Lücke - Das ist auch mir ein wenig sauer aufgestoßen.
Insgesamt ist es ein schöner und interessanter Artikel von Magda, aber der letzte Satz hätte nicht sein müssen.
Danke. Glaube ich mit dem "sauer Aufstoßen". Ich verweise auf meine Antwort an Koslowski. Mich durchfuhr es ordentlich, als ich diese Inszenierung verfolgt habe, von daher dieser - am Ende - scharfe Ton.
https://www.freitag.de/autoren/magda/joachim-gaucks-totalitare-aufklarung
Und mal wieder dieser Link zu einem alten Beitrag von mir. Auch da bin ich ihm nicht immer "gerecht" geworden. Ich will es auch gar nicht.
https://www.freitag.de/autoren/stephan-krueger/menschenrechte-durch-humanitaere-intervention
Hier ist ein guter Beitrag zum ganzen Thema.
>>Trotzdem muß man ihn ja nicht gleich zum Nazi abstempeln!<<
Richtig.
Das Hakenkreuz ist heute bei Palastwächtern der Herrschenden genauso obsolet wie 1933 das Kaiserthum.
Was halten Sie von "Leitkultur des Herzens"?
Von außerhalb betrachtet darf man den Christen ihre eigene "Lehre" vor Augen halten, um sie mit ihren Widersprüchen zu konfrontieren. Das lässt sich auf alle weiteren Ideologien übertragen.
Ach ich vergaß, das Christentum ist keine "Lehre". Man hat nur eine daraus gemacht. Aber das ist ein anderes Thema.
Der Shitstorm, der meinem Ex-Amtsbruder für diese Rede entgegenweht, ist für meinen Geschmack leider viel zu dünn. Eine Petition wie bei Markus Lanz sollte schon da drin sein "Kein heiliger Krieg von meinen Steuern, weg mit dem Gihad-Prediger". Ein viel zu leiser Beitrag, liebe Magda, aber immerhin einer mehr.
Das Problem ist nur, es sind nicht "die bösen Christen", die für alles Schlechte in der Welt (im Wechsel mit den Moslems oder den Juden) und deshalb auch für diese Rede verantwortlich zu machen sind. Da irrt leider die Mehrzahl der geschätzten Diskutanten hier - auch wenn die auffällige Diskrepanz zwischen christlichen Idealen und dem empirisch belegten Handeln real existriender Christen, die organsierten allen voran, nicht geleugnet werden kann.
Das Problem ist, dass hier offenbar eine konzertierte Aktion abläuft, aus dem Hintergrund gesteuert und geplant. Wie sonst konnte das Terzett Steinmeier, von der Leyen, Gauck zeitgleich und gut koordiniert ins selbe Horn stoßen, und dann in dieses, das man noch bis vor kurzem nicht anfassen konnte, ohne sich die Finger zu verbrennen? Hier zeichnet sich die Grokowende ab, in der auf einmal sagbar wird, was mit der FPD so nicht zu machen gewesen wäre.
Mein Verdacht ist, dass niemand Geringeres als die Kanzlerin selbst die neue Linie abgesegnet hat. Ihre Kritik an Schröders apodiktischer Ablehnung jeder deutscher Beteiligung am Irak Krieg ist 11 Jahre her, aber ich habe sie noch im Ohr. Als "mächtigste Frau der Welt" kann sie ihr konkurrierendes Konzept von damals jetzt umsetzen. Es hätte sogar eine gewisse Logik, wenn es denn funktionieren würde: Si vis pacem, para bellum hätte nach ihrer Lesart damals geheißen: Schröder hätte Bush damals vom Krieg besser abhalten können, wenn er sich, unter zu klärenden Voraussetzungen zum Mitmarschieren bereit erklärt hätte - Das hätte etwa so funktionieren können, wie vor kurzem Putin Obama von einem Angriff auf den Syrien in letzter Minute abhalten konnte, indem er erklärte, er würde u.U. mitmachen. Statt dessen wurden dann dort die Chemiewaffen tatsächlich vernichtet. Wenn Putin auf diesen Trick schon beim Irak gekommen wäre, wären vielleicht statt schon auch da die - nicht vorhandenen - Massenvernichtungswaffen vernichtet worden.
Aber Deutschland hätte diese Rolle nicht spielen können, damals nicht und heute nicht. Um auf diesem Parkett das Gewicht eines Putin zu haben, muss man vor allem ein sein: Skrupellos. Den Ruf haben wir zum Glück inzwischen verloren. Und wir werden viele Kommandeure brauchen, die Befehle wie Oberst Klein geben, um wieder in diesen Ruf zu kommen.
Das dürfte der Preis sein, der für die internationale Glaubwürdigkeit in diesem Kalkül zu zahlen sein wird. Selbst wenn man eigentlich Gutes bewirken will, ist die Gefahr groß, dass man es unterwegs aus dem Blick verliert. Denn in jedem Krieg stirbt die Wahrheit zuerst.
Hallo Christian,
Ein viel zu leiser Beitrag, liebe Magda, aber immerhin einer mehr.
Das hätte ich nicht gedacht. Ich entnehme dem, dass auch Du reichlich empört bist über die Gauck-Rede.
Das Problem ist nur, es sind nicht "die bösen Christen", die für alles Schlechte in der Welt (im Wechsel mit den Moslems oder den Juden) und deshalb auch für diese Rede verantwortlich zu machen sind.
Das stimmt - ich wollte aber bei diesem einen Christen, dem Gauck gewissermaßen "einhaken".
Dass dies alles in "konzertierter Aktion" abläuft, haben fast alle inzwischen wahrgenommen.
Du siehst Merkel im Hintergund des Ganzen?
Ich dachte eher, sie wollen Merkel zum Entschluss treiben, weil sie noch immer zögert. Lutz Herden hat das hier im Freitag so gedeutet. Er nennt sie die "Phanton-Kanzlerin".
Und dafür spricht auch, dass alle, die eigentlich Merkels Gegner sind, in München agieren: Gauck - sie wollte ihn nicht, Röttgen - von ihr abserviert, im Hintergrund schon für mehr Verantwortung plädierend, Von der Leyen, bei Gott keine Merkel-Freundin.
Und - Merkel hatte damals, wie heute - kein konkurrierendes Konzept, wie Du meinst. Sie hat damals gegen Schröder lamentiert, weil Wahlkampf war.
Merkel will - sie denkt wohl mehr in Umfragewerten - eher so tun, als könne sie oder "man" noch immer anders entscheiden. Sie will z. B. auch die Mali-Aktion nicht. Mal abwarten, am Ende wird sie mit denen gehen, die ihr den meisten Druck machen.
Ich bin selbst gespannt. Aber, dass sie "hinter allem" hockt, das ist so eine Sicht, die ich noch nicht teilen kann. Ich habe eher gedacht, dass ihr Stern im Sinken ist und andere ihr das Ruder aus der Hand nehmen. Mal sehen. Vielleicht irre ich mich ja auch.
Aber, was den Gauck angeht. Unglaublich, fürchterlich und erschreckend.
Gruß Magda
(Ich hab Dich beim Freitag-Salon vermisst)
Hallo Magda,
vielleicht klappt es ja beim nächsten Salon am 23.02., wenn Claudia Roth kommt? Vovorige Woche wollte ich mit einer Bekannten zusammen hingehen, die dann doch in letzter Minute nicht konnte, da wollte ich dann auch nicht mehr - wie das so ist im Leben.
Die Verschwörungstheorie gegen Merkel mag ich nicht glauben, und zwar aus folgenden Gründen:
Für die Kanzlerin heißt Politik nicht, bestimmte Ziel haben mit egal mit welchen Mehrheiten umzusetzen, sondern sie geht umgekehrt an die Sache ran. Deswegen ist sie immer erfolgreich, egal womit. Dass sie ihre ursprünglichen Ziele unterwegs verliert oder gegen das Gegenteil austauscht, fällt ihr selbst gar nicht auf.
Vergleiche dazu meinen Beitrag aus den Anfangstagen der dFC 2009
http://www.freitag.de/autoren/christianberlin/von-gemalten-und-echten-soldaten-perspektiven-einer-kanzlerin
Deshalb kann man sie auch nicht bekämpfen, indem man neue Ziele durchsetzt.
Gauck selbst ist dafür eines der besten Beispiele. Sie war nur beim ersten Mal gegen ihn, daber nicht aus prinzipiellen Erwägungen, sondern erst einmal um Wulff kalt zu stellen. Selbst wenn die LINKE Gauck gewählt hätte, wäre das erledigt gewesen. Bei seiner zweiten Kandidatur hat sie ihns selbst mit unterstützt.
Natürlich ist das eine wie das andere Spekulation. Aber meins scheint mir - bei allem Respekt vor dF - persönlich wahrscheinlicher zu sein. LG
Klischees und Unwahrheiten (Albrecht Müller)
Ich stimme Tai De zu, auch wenn seine Gründe andere sein mögen als meine. Gauck ist nicht mein Bruder - weder im Glauben noch anderweitig -, und darum messe ich ihn auch nicht mit "christlichen" Maßstäben. Ich messe ihn an den Maßstäben, die ich selbst für wichtig halte. Alles andere wäre m. E. ein wirkungsloser Versuch, einem politischen Gegner auf der Sonntagsschulschiene an den Karren zu fahren. Gauck könnte solche Versuche öffenlichkeitswirksam parieren, wenn das für ihn überhaupt notwendig wäre.
Auf jeden Fall will ich hin zum Salon, wenn nix dazwischen kommt. Vielleicht klappts ja.
Richtig Verschwörungstheorie will ich auch nicht sagen. Kann schon sein, dass ich irgendwie immer das Gefühl habe, die will nicht so richtig ran an die "Mehr-Verantwortungs-Kiste".
Für die Kanzlerin heißt Politik nicht, bestimmte Ziel haben mit egal mit welchen Mehrheiten umzusetzen, sondern sie geht umgekehrt an die Sache ran. Deswegen ist sie immer erfolgreich, egal womit. Dass sie ihre ursprünglichen Ziele unterwegs verliert oder gegen das Gegenteil austauscht, fällt ihr selbst gar nicht auf.
Also das ist nicht ganz logisch. Du kannst nicht oben postulieren, dass sie Politik nicht mit bestimmten Zielen verbindet, und dann weiter unten von ursprünglichen Zielen schreiben. Aber, ich bestreite nicht, dass sie sehr irritiert und dass dieser Gauck-Vorstoß - Pfeifel hat es weiter unten verlinkt - doch eher in Absprache mit der Bundesregierung erfolgt. Mir fiel nur auf, dass sich auf einmal so verspätete Kritik an Westerwelle anfindet z. B. wegen seiner Libyen -Zurückhaltung. Das muss er doch in Absprache mit Merkel so gehandhabt haben.
Na, wie auch immer. Ich fand ihr Agieren immer ganz clever und gut, aber im Moment ist es wirklich alles zu sehr "hintenrum" was sie macht. Vorn tröten die "Entschlossenen" und hinten sitzt sie und verschränkt die Hände.
Gruß
Danke für den Link. Ja, sieht eher so aus, als sei das alles eine ziemlich perfekte Absprache zwischen allen Beteiligten.
Darum geht es nicht. Aber einer wie Gauck, der in der DDR sich für die Friedensbewegung innerhalb der Kirche engagiert hat, der fordert solche Fragen heraus.
Solche Fragen hat man auch kurz nach der Wende einem gewissen Rainer Eppelmann stellen, der ja auch in der kirchlichen Friedensbewegung engagiert war und dann "Verteidigungsminister" wurde, wenn auch nur kurz. Der konnte noch argumentieren, dass es zu seiner Zeit ja darum ging, eine Armee friedlich aufzulösen und in die Bundeswehr zu überführen. Aber Gauck - nee, also das hat schon was sehr merkwürdiges für einen ehemaligen Pfarrer und Christen. Und es gibt viele, die sich da die Augen reiben, nicht nur ich.
Liebe Magda,
da hast Du aber genau den Finger in die Wunde gelegt. Seit Bekanntgabe von Gaucks Worten während der Münchner Sicherheitskonferenz mehren sich kritische Stimmen.
Medien schreiben nun, dass er eine Grundsatzdebatte zur deutschen Außenpolitik angeregt hat.
Hat er nur angeregt oder absichtlich provoziert? Da gehen wohl auch die Meinungen auseinander.
Vielen Dank, dass Du in diesem Zusammenhang auf das Denkmal für den Unbekannten Verweigerer
in Bernau aufmerksam gemacht hast. Ich kannte es nicht.
Ich wünsche Dir eine schöne Woche.
LG
Corina
Jürgen Todenhöfer – Offener Brief an Joachim Gauck http://www.lokalkompass.de/resources/mediadb/2014/02/05/2116260_preview.jpg?1391617683 (Foto: Jürgen Todenhöfer) Ich dokumentiere hier einen offenen Brief des bekannten Publizisten und Friedensaktivisten Jürgen Todenhöfer an den Bundespräsidenten:
LIEBER HERR BUNDESPRÄSIDENT, Sie fordern, dass Deutschland mehr Verantwortung in der Welt übernimmt. Auch militärisch. Wissen Sie wirklich, wovon Sie reden? Ich bezweifle es und habe daher vier Vorschläge:
1.Ein Besuch im syrischen Aleppo oder in Homs. Damit Sie einmal persönlich erleben, was Krieg bedeutet.
2.Vier Wochen Patrouillenfahrt mit unseren Soldaten in afghanischen Kampfgebieten. Sie dürfen auch Ihre Kinder oder Enkel schicken.
3.Ein Besuch eines Krankenhauses in Pakistan, Somalia oder im Yemen – bei unschuldigen Opfern amerikanischer Drohnenangriffe.
4.Ein Besuch des deutschen Soldatenfriedhofes El Alamein in Ägypten. Dort liegen seit 70 Jahren 4.800 deutsche Soldaten begraben. Manche waren erst 17. Kein Bundespräsident hat sie je besucht.
Nach unserem Grundgesetz haben Sie “dem Frieden zu dienen”. Angriffskriege sind nach Artikel 26 verfassungswidrig und strafbar. Krieg ist grundsätzlich nur zur Verteidigung zulässig. Sagen Sie jetzt nicht, unsere Sicherheit werde auch in Afrika verteidigt. So etwas ähnliches hatten wir schon mal. 100.000 Afghanen haben diesen Unsinn mit dem Leben bezahlt.
Wie kommt es, dass ausgerechnet Sie als Bundespräsident nach all den Kriegstragödien unseres Landes schon wieder deutsche Militäreinsätze fordern? Es stimmt, wir müssen mehr Verantwortung in der Welt übernehmen. Aber doch nicht für Kriege, sondern für den Frieden! Als ehrlicher Makler. Das sollte unsere Rolle sein. Und auch Ihre.
Ihr Jürgen Todenhöfer
PS: Mir ist ein Präsident lieber, der sich auf dem Oktoberfest von Freunden einladen läßt, als einer der schon wieder deutsche Soldaten ins Feuer schicken will. Von seinem sicheren Büro aus. Fast bekomme ich Sehnsucht nach Wulff. Der wollte Menschen integrieren, nicht erschlagen.
Quelle: Jürgen Todenhöfer