Heute wäre schon wieder ein guter Tag zum Schwänzen. Ein Freund schlug mir in meiner Ratlosigkeit zur Beantwortung der Frage gerade schon das fiktive Buch Die hundert tollsten Fleischgerichte vor! Aber nicht einmal dies würde ich hassen.
In meinem Regal steht das letzte Buch von Christoph Schlingensief So schön wie hier kanns im HImmel gar nicht sein! Ich las es letztes Jahr im April und es hat mich sehr berührt. Vor vielen Jahren starb ein mir sehr nahestender Mensch, dessen Tod ein großes Loch in mein Leben und das einiger Menschen riss. Ich habe Angst zu sterben und das Schlingensief-Buch war wieder einmal eine Annäherung daran, damit umzugehen.
Im Oktober letztes Jahr saß Christoph Schlingensief dann mit seiner Frau direkt eine Reihe hinter mir im Kino bei einer Filmpremiere. Irgendwann war damals vermutlich jeder der Fotografen mindestens ein Mal da gewesen und hatte ein Bild gemacht. Auch als die Beiden längst darum baten, dies nun zu unterlassen, da genügend fotografiert worden sei. So zum kotzen ist das, wenn man öffentlich stirbt.
Das Buch liegt quer auf dem Teil einer Bücherreihe. Ich habe es nicht geliebt, aber es ging mir sehr nah. Deshalb und wegen des echten Endes kann ich es nicht mehr leiden. Ich mag es nicht einmal fotografieren.
Kommentare 2
Ja, es war schon widerlich, wie sich alle auf den sterbenden Schlingensief gestürzt haben und nicht genug bekommen konnten von seinem Verfall. Und andererseits hat er das auch ganz bewusst mitgemacht. So krasse Vidoes von sich selbst gedreht, gepostet und das eigene Ableben so in Szene gesetzt. Ich habe es bis zum Schluss nicht verstanden, dass er so weit gegangen ist. Auf eine seltsame wie berührende Art hatte seine selbst herbeigeführte Öffentlichkeit etwas masochistisches, was mir wirklich Angst gemacht hat. Bei allem Respekt vor seiner Arbeit.
Das passt momentan genau zu einer Abneigung, die in mir immer wieder hochkommt. Journalismus ist in einigen Teilen so sehr zu etwas Widerwärtigem verkommen, war es vielleicht schon immer. Und ich sage das jetzt nicht als Außenstehender, sondern ich bin als freier Journalist immer wieder - zum Glück bisher fast nur indirekt - in Kontakt. Im Journalismus (und bei weitem nicht nur dort) werden Menschen, so wie Schlingensief im beschriebenen Fall, zur Ware im Kampf um den Leser degradiert. Es geht darum besser oder wenigsten bestandfähig neben den anderen Mitstreitern auf dem Medienmarkt zu sein. Das widert mich an. Wenn etwa Journalisten und Fotografen zu einer Beerdigung gehen, bei der sie von Seiten der Hinterbliebenen ausdrücklich nicht erwünscht sind (Beispiel Thomas Fuchsberger), nur um noch einmal mehr nachdrehen zu können, damit die Masse sich daran aufgeilen kann. Brechreiz.
Wobei ich Schlingensiefs Umgang mit Seinem Tod fast schon wieder die Richtige Reaktion darauf finde. Vielleicht hat er einfach das Beste aus einer Situation gemacht, die er ohnehin nicht hätte ändern können.