Nancy Faeser – Kandidatur mit Rückfahrkarte

Politik, Bundesinnenministerin Bundesinnenministerin Nancy Faeser ist als Spitzenkandidatin für die Hessische Landtagswahl bestätigt und im Fall einer Wahlniederlage beabsichtigt sie, Bundesinnenministerin zu bleiben. Das kann man richtig oder falsch finden.

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An Alle, die jetzt jetzt energisch kritisieren. Dass Frau Faeser mit Rückfahrkarte in die Bundespolitik kandidiert: Das ist nicht das erste mal, das so etwas passiert - schon gar nicht in Hessen ...

Walter Wallmann (CDU)

Der Frankfurter Oberbürgermeister Walter Wallmann wurde im Juni 1986 nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl zum allerersten Bundesumweltminister ernannt. Bereits nach wenigen Monaten kandidierte Wallmann als Ministerpräsident von Hessen. Wie wenig das Thema Umweltschutz der CDU und dem Minister bedeuteten, war damals erkennbar. Böse Zungen behaupteten, dass Wallmann nur zum Bundesminister gemacht wurde, um ihn bundesweit politisch bekannt zu machen und seine Wahl zum Hessischen Ministerpräsidenten zu befördern; das war damals auch meine Meinung. Nach nicht einmal elf Monaten als Bundesumweltminister gewann Wallmann die Hessische Landtagswahl und wurde im April 1987 Hessischer Ministerpräsident – der Erste von der CDU. Bei der Hessischen Bevölkerung war er übrigens nicht besonders beliebt und wurde 1991 nach nur einer Legislaturperiode wieder abgewählt.

Manfred Kanther (CDU)

Schon bei der nächsten Hessischen Landtagswahl kandidierte Manfred Kanther als Spitzenkandidat. Er war in der Regierung Wallmann Hessischer Finanzminister und ab 1993 Bundesinnenminister und kandidierte 1995 mit Rückfahrkarte. Die Hessische Landtagswahl verlor Kanther und blieb Bundesinnenminister.
Später war Kanther in die CDU-Parteispendenaffäre verwickelt und wurde wegen Betruges zum Nachteil der Bundesrepublik Deutschland zu einer Geldstrafe verurteilt.

Manfred Röttgen (CDU)

Der damalige Bundesumweltminister Norbert Röttgen kandidierte 2012 mit Rückfahrkarte als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. Im Wahlkampf agierte Röttgen eher ungeschickt. In einer Fernsehsendung beantworte er eine Frage nach einer möglichen Wahlniederlage:

„Ich meine, ich müsste eigentlich dann Ministerpräsident werden, aber bedauerlicherweise entscheidet nicht allein die CDU darüber, sondern die Wähler entscheiden darüber.“

Äußerungen über Bundeskanzlerin Angela Merkel wurden als Kritik an deren Regierungsstil interpretiert. Die CDU verlor die Landtagswahl mit dem bis dahin schlechtesten Ergebnis. Röttgen wollte dann Bundesumweltminister bleiben, wurde aber von Bundeskanzlerin Merkel entlassen; es war das einzige mal, dass Angela Merkel das tat.

Boris Rhein (CDU)

Der amtierende Hessische Ministerpräsident Boris Rhein war übrigens 2011 Hessischer Innenminister und kandidierte mit Rückfahrkarte als Frankfurter Oberbürgermeister. Er konnte die Wahl nicht gewinnen und blieb zunächst Innenminister. 2014 wurde er von Ministerpräsident Volker Bouffier zum Hessischen Minister für Wissenschaft und Kunst degradiert und durfte zum Beispiel Vorworte für Filmfestivals und Kunstausstellungen schreiben. Ab 2019 war er Landtagspräsident und ist ab 2022 Hessischer Ministerpräsident.

Kandidatur Nancy Faeser (SPD)

Was ist nun so schlimm an der Kandidatur von Bundesinnenministerin Faeser mit Rückfahrkarte, nachdem es drei ehemalige Bundesminister mit CDU-Parteibuch und Rückfahrkarte so taten? Die Kandidatur unter diesen Umständen wird von Medien, CDU/CSU, Teilen der Grünen und vereinzelten Mittelklasse-Komikern kritisiert.

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Könnte es etwa daran liegen, dass Nancy Faeser eine Frau ist?

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Geschrieben von

Martin Betzwieser

Personifizierter Ärger über Meinungsmanipulation, Kino- und Kabarattliebhaber

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