„Wettermeldungen beeinflussen menschliches Verhalten – und das sollen sie ja auch!“ Das meinte kürzlich ein Meteorologe sehr bestimmt.
Die Menschen wüssten dann sicherlich, was zu tun sei. Das würde auch nicht jedes Mal ausführlich von den Meteorologen erklärt.
Zum Beispiel sollte man bei Sturmwarnung die Fenster schließen und bei Glatteisgefahr Fahrten mit dem KFZ möglichst vermeiden. Oder etwa bei drohenden Sturmfluten das Auto etwas höher abstellen und den Kellerbereich vor Wassereinbruch sichern. Wie gesagt, wir wüssten schon.
Zeitweise frage ich mich, ob das mit allen anderen Nachrichtenmeldungen, die wir im Laufe des Tages so empfangen, nicht ähnlich ist. Also beeinflussen diese Meldungen unser zukünftiges Verhalten und unsere Einstellungen unter Umständen ebenso direkt, bzw. sollen sie das eventuell? Oder wünschen wir uns das?
Sollen wir nur über bestimmte Dinge nachdenken und über andere nicht? Sollen tragische europäische Grenzvorfälle in uns etwa ein Gefühl der akuten Bedrängnis oder überbordende Hilfsbereitschaft schüren? Wird über Russland vorwiegend ablehnend berichtet, um in Bälde einen NATO-Einsatz vertreten zu können? Haben die Medien etwa seinerzeit die jahrelange negative Berichterstattung über Muslime bewusst ersonnen, um Menschen zu verunsichern – eventuell gar, damit so etwas wie PEGIDA daraus erwächst? Wurde die Angst vor dem Rentenknick herbei geschrieben, um letztendlich einige Versicherungskonzerne langfristig zu beglücken?
Also, wie frei sind wir in unseren täglichen Entscheidungen, wenn wir Verbrechen immer wieder dramatisch aufbereitet nahegebracht kriegen? Dazu die hässlichen Unfälle und die ausgewählten Unzuverlässigkeiten unserer Eliten.
Die schwelende "Vertrauensverlust"- Debatte bezüglich der Medien, hat in letzter Zeit vermutlich einige Mitmenschen zum Nachdenken bewegt. Stichwort Ukraine, German Wings und "Lügenpresse" und zuletzt "Fakenews".
Tatsache ist, obwohl über 60% der Medienkonsumenten zeitweise das Vertrauen in einige Hauptberichterstatter völlig verloren haben, besteht weiterhin vielfach eine "tiefe Sehnsucht" nach einer glaubwürdigen Berichterstattung.
Zumindest in meinem persönlichen Umfeld habe ich eine große Bereitschaft mitbekommen und auch den Wunsch herausgehört, den Medien doch irgendwann wieder weitgehend Vertrauen zu dürfen. Viele Menschen fühlen sich zeitweise ziemlich verunsichert, ohne die abgesicherte Dosis „Welterklärung oder Weltbestätigung“.
Ich habe einige recht kluge und liebenswerte Bekannte (wie zumindest ich finde :-)), mit denen ich ab und an auch mal über Medien diskutiere. Überwiegend sind sie beruflich in verantwortlicher Stelle eingebunden, haben wenig Zeit zu eigener Recherche und vertrauen somit weiterhin dem DLF und der FAZ, der FR, der ZEIT und der SZ. Ach ja, und nicht zuletzt dem Freitag und der TAZ. Also, alles in allem, nicht die beklagenswerteste Wahl.
Nur, ganz gleich ob es die Entwicklungen um Karl-Theodor zu Guttenberg, Anette Schavan, Silvana Koch-Mehrin, Christian Wulff oder insbesondere auch die Umstände beim Internationalen Abhörskandal (NSA) und der Griechenlandkrise waren – ich war immer wesentlich früher und umfassender informiert und lag mit meinen Einschätzungen zur Lage jeweils sehr viel richtiger als Andere. Anfangs wurde über "mein Internet" geschmunzelt - nun verunsichere ich einige von ihnen mit meinem Wissensvorsprung wohl ernsthaft und meine zudem, mittlerweile so etwas wie eine wachsende Ablehnung zu verspüren - denn, wer wird schon gern verunsichert.
Ich könnte nicht sagen, was meine Diskussionsfreunde tun würden, um mit der bisherigen Gewissheit an ihrem Bild der Welt festhalten zu dürfen. Diesem Bild, welches die Journalisten mehr oder weniger aufwändig, jeden Tag „nach bestem Wissen und Gewissen“, möglichst aufeinander fußend, immer wieder auf ähnliche Art zusammenstellen. Die Ereignisse der Welt gekonnt einsortierend und bewertend.
Auch die Frage, was beharrende Journalisten zukünftig tun werden, um an der von ihnen geschaffenen Sicht auf die Welt festhalten zu dürfen, könnte ich nicht beantworten. Werden sie menschlich reagieren und sich verleiten lassen, irgendwann immer hartnäckiger und absurder argumentieren, wie es wohl ab und an in langjährigen persönlichen Beziehungen geschehen kann? Werden sie sauer werden – oder gar hetzen? Holen sie sich eventuell Hilfe? Werden sie sich, trotz allgemeinem Konkurrenzdenken, letztendlich gegenseitig unterstützen?
Noch eine Frage beschäftigt mich manchmal: Werden sie, also die Journalisten, eigentlich regelmäßig genug an ihre Verantwortung erinnert? Also an die von meinen Freunden gewünschte und als üblich und selbstverständlich vorausgesetzte, "gesellschaftliche Verantwortung"?
Die gespürte Sehnsucht oder der Wunsch nach Verlässlichkeit haben mich jedenfalls veranlasst etwas darüber zu schreiben, denn eine allgemeine Sehnsucht bleibt vermutlich weiter bestehen und sie wird irgendwann den Einen oder Anderen mit sich ziehen - in die "am wenigsten unsichere Informationsecke" des "kleinsten gemeinsamen Übels".
Oder einfach in irgendeine immer wieder aufpoppende "App", wie vielfach beim Wetterbericht.
Kommentare 6
Seit den Tagen, in denen sich praktisch das ganze Land vor der einen, gültigen Märchenstunde versammelt hat, ist unser Verhältnis zu den Nachrichtenmedien anstrengender, aber letztendlich auch ehrlicher geworden: Wir sind uns heute klarer über die Mechanismen und fragen uns gleich nach den Absichten dahinter (die es zweifellos gibt, auch wenn sie vielleicht nicht auf eine große Erklärung zulaufen). Die Mechanismen selber haben aber auch ihre eigenen Zwangsläufigkeiten ... Stefan Niggemeier hat dazu was Aufschlussreiches geschrieben:Die gute Nachricht wäre demnach: Es wird an jeder Ecke versucht, aber das wissen wir ja. Und die, die es versuchen, haben es auch nicht im Griff.
Ich glaube nicht an die Steuerung der Medien im Stile des "Grossen Bruders", aber es ist sicher so, dass verschiedene interessierte Kreise, wie etwa Lobbyorganisationen und Geheimdienste, mit einigem Aufwand und Geschick versuchen, die Berichterstattung zu beeinflussen. Schliesslich gehört das zu ihrem jeweiligen Kerngeschäft.
Zusammen mit dem Zeitdruck im Journalismus, der Komplexität der Vorgänge, die gerade für junge Journalisten schwer zu durchschauen ist, dem Konformitätsdruck bezüglich der redaktionellen Linie eines Mediums und dem nur allzumenschlichen Bedürfnis, eine Arbeit mit dem geringstmöglichen Aufwand zu erledigen, hat das dazu geführt, dass die Berichterstattung der "Mainstream"-Medien in bestimmten Politikfeldern von unabhängig informierten Beobachtern als völlig verzerrt wahrgenommen wird.
Der Begriff "Lügenpresse" ist insofern ein unangemessenes Schimpfwort, als die meisten Journalisten nicht bewusst lügen oder die Wahrheit verzerren. In Einzelfällen trifft er aber zu. Selbst in einer "Qualitätszeitung" wie der FAZ sind in den ersten Monaten der Ukraine-Krise Kommentare von leitenden Redakteuren und Artikeln von erfahrenen Journalisten gedruckt worden, bei denen eine "Unschuldsvermutung" absurd wäre. Dort wurde bewusst manipuliert, sicher mit der besten Absicht die "schwache Ukraine" gegen das "böse starke Russland" zu unterstützen, aber wider jegliches journalistisches Ethos.
Der Eindruck einer gesteuerten Kampagne entsteht dann schnell durch einen Herdentrieb der Journalisten, die gern die gleichen Ansichten weiter verbreiten, die sie schon einmal in einem "Leitmedium" gehört haben (das ist weniger aufwändig, als selbst zu denken und zu recherchieren) und wohl auch dadurch, dass die verantwortlichen Redakteure "in einer Blase" leben, also fast keinen oder gar keinen Kontakt mehr zu Andersdenkenden haben, die ihre Ansichten in Frage stellen könnten.
Die Kommentarfunktionen hatten diese Blase durchstochen, was denen weh tat, die drinnen sassen. Ihre Konsequenz war, die Kommentarfunktion bei all den Artikeln zu unterdrücken, bei denen sie scharfe Kritik erwarten mussten.
Meine Konsequenz ist, jeden Artikel als irrelevant zu betrachten, der nicht kommentiert werden darf. Ich lese solches Zeug gar nicht mehr. Was nicht kritisiert werden darf, hielte in aller Regel einer Kritik sowieso nicht stand.
"Und die, die es versuchen, haben es auch nicht im Griff." Ja, das ist zur Zeit auch mein Eindruck. Mich beunruhigt auch eher dieser sehnsuchtsvolle Bedarf oder dieses beinah unbeirrbare Festklammern einiger Mitmenschen an den Darstellungen klassischen Medien... (manchmal denke ich insgeheim, sie wären vermutlich froh, wenn das ZDF endlich dieses unruhestiftende Internet kaufen würde ;-))
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Ich neige auch vermehrt dazu, die von einigen (ausgewählten) Journalisten zu einem Thema verfassten Artikel einfach nicht mehr zu lesen. Zumindest bei mir geläufigen Themen, lese ich vielfach nur noch die Überschrift und - zack - geht es direkt zu den Kommentaren. Denn zumeist hat einer der ersten Kommentatoren die Knackpunkte oder Widersprüche des Artikels bereits auf den Punkt gebracht. Falls der redaktionelle Teil dann immer noch interessant erscheint oder Unklarheiten bestehen, sehe ich mir eventuell den eigentlichen Artikel noch einmal ausführlicher an. Das geschieht jedoch immer seltener.
Ich überspringe in diesen Fällen also, wie selbstverständlich, die vermutlich zeitraubend und mühevoll vom Journalisten erbrachte und zudem urheberrechtlich geschützte Leistung. Da diese, meine neue Angewohnheit, sich immer häufiger bewährt, stelle ich mir gerade grüblerisch belustigt die Frage: Wenn solche Art „Lesegewohnheit“ um sich greift, wohin könnte diese Entwicklung dann letztendlich führen?
Nun, vielleicht sollte man sich fragen, ob Massenmedien jemals die Aufgabe hatten, die Massen aufzuklären? Falls ja, bringt mal Beispiele, wann zuletzt.....?
Aufklären wäre ja spannend - ausgewogene Nachrichten würden vermutlich genügen, um einiges an Vertrauen zurück zu gewinnen...