Bislang stand nur fest: Der neue Berliner Flughafen sollte längst in Betrieb sein, aber er ist es nicht. Und es war nicht abzusehen, wann er es sein wird. Letztes Jahr hieß es noch 2018. Anfang 2019, sagte der Regierende im Juli dieses Jahres. Aber schon im August zitierte die Presse aus „vertraulichen Dokumenten“, vor Herbst 2019 werde es nichts. Das ist allerdings nur die eine Seite der Wahrheit. Die andere Seite war bisher nur der Geschäftsführung der Flughafengesellschaft bekannt. Seit Montag ist sie öffentlich. Es ist nämlich so: Der BER ist zwar noch nicht in Betrieb, aber er wächst und wächst, die 22 Millionen, die er bei Eröffnung anno Tobak abgefertigt haben wird, reichen nicht. Deshalb ist es eine gute Nachricht, dass im Jahr 2035 exakt 58 Millionen Passagiere abgefertigt werden können. Dazu wird ein neuer Abfertigungsbereich mit einer 10.000 Quadratmeter großen Halle gebaut werden. Diese Halle wird 2021 in Betrieb gehen. Der weitere Ausbau wird in fünf Etappen erfolgen.
„In der zweiten Phase soll dann bis 2025 die erste Stufe des neuen Terminals T2 an der Ostseite des Willy-Brandt-Platzes entstehen – für zunächst zehn bis zwölf Millionen Passagiere. Wie im Hauptgebäude soll es hier auch wieder einen ‚Marktplatz‘ mit Geschäften und Gastronomie geben. (…) Und auch das „Personentransportsystem (PTS) zur Airport-City und den neuen Parkhäusern soll dann fertig sein. Die Kapazität 2025 reicht dann für insgesamt 43 Millionen bis 45 Millionen Passagiere.“
Alles durchgeplant. Allein die Frage, ob das neue automatische Transportsystem eine „Magnetbahn oder eine Kabinenbahn“ sein wird, ist noch offen. Aber, Freunde, daran wird es nicht scheitern! Nun gibt es böse Stimmen, die sagen, dass dieser Masterplan absichtlich jetzt bekannt wird. Denn in vier Wochen stimmt man in Berlin über die Zukunft des Flughafens Tegel ab. Und wer könnte jetzt noch, wo alle Probleme gelöst sind, für dessen Weiterbetrieb sein?
Ach ja, Berlin, höre ich sagen. Aber es geht um mehr! Um den Siegeszug der exakten Fantasie in der Politik. Das neue Narrativ. Auf jede Baustelle anwendbar. Renten: Keine Ahnung, ob sie sicher sind, aber klar ist, dass das Rentenniveau 2038 bei 67,34 Prozent stehen wird. Die Erhöhung erfolgt in fünf Etappen. Integration: Keine Ahnung, wie das genau laufen soll, aber klar ist, dass 96 Prozent der anerkannten Flüchtlinge 2023 eine feste Arbeit haben werden. Die Eingliederung erfolgt in fünf Etappen. Kita, Krankenkassen, Kommunen: dito.
Kommentare 7
>>Keine Ahnung, ob sie sicher sind, aber klar ist, dass das Rentenniveau 2038 bei 67,34 Prozent stehen wird.<<
Keine Ahnung, ob wir dann noch regieren. Aber wenn unsere Partei noch dran ist: Dann sind es jedenfalls andere Leute, die dann von den Wählern beschimpft&wiedergewählt werden...
Man könnte vielleicht mal den Einfluss von Beschaffungsrichtlinien der öffentlichen Hand auf die Preisentwicklung von Großbaustellen untersuchen^^ die Preis-"Optimierung" in segmentierten kleinteiligen Bereichen führt in schöner Regelmäßigkeit zu Preisexplosionen insgesamt, aber trotzdem schreiben die Richtlinien vor, nicht die besten Anbieter zu nehmen, sondern die günstigsten, was von den Kontrollausschüssen in ebenso schöner Regelmäßigkeit mit "die billigsten" übersetzt wird.
Davon abgesehen, Narrative aka Märchen sind Nervennahrung. Wenn man real nichts anzubieten hat, Deutungen und Geschichten gehen immer.
>>Deutungen und Geschichten gehen immer.<<
Das macht ja die Produktreklame seit Jahrzehnten vor.
Und weil bei Wahlen nur eine Prozentverteilung und nicht die Anzahl an Kunden wichtig ist, hat es keinerlei Bedeutung wenn immer mehr Kunden den Laden meiden...
wenn immer mehr Kunden den Laden meiden ...
Das war halt der blinde Fleck der SchöpferInnen des Grundgesetzes. Sie konnten sich einfach nicht vorstellen, dass das Stimmvieh irgendwann mal der Sache überdrüssig würde.
Eine Wahlpflicht würde allerdings nichts ändern:
Ich denke, die Zahl der leer abgegebenen Zettel wäre grösser als die Zahl der heutigen Nichtwähler, einfach aus Protest gegen den Zwang. Die Prozentverteilung der Gewählten wäre ungefähr die Gleiche wie ohne Wahlzwang.
Etwas ändern würden Abstimmungen in Sachfragen. Aber die fürchten die Gewählten und ihre Lobbyisten mehr als der Teufel das Weihwasser...
Die Alternative wäre nicht Wahlpflicht, sondern die Möglichkeit zur "Negativwahl", will sagen, es dürfen Parteien und Einzelpersonen nicht nur gewählt werden, es dürfen auch Stimmen abgegeben werden, die lauten "diese Partei / diese Person darf nicht in den Bundestag", mit Verrechnung der aktiven und passiven Konten jeder Partei und jeder Person. Die Zusammensetzung des Bundestags wäre eine andere.
Noch viel wichtiger wäre allerdings die Verhinderung von Lobbyismus. Ich glaube, Lobbyismus verärgert die Leute mehr als alles andere.
>>Noch viel wichtiger wäre allerdings die Verhinderung von Lobbyismus.<<
Ja.
Deswegen schaue ich mir auch Parteisatzungen an, bevor ich wähle.
Ist nicht alles.
Aber zu wählen, wer lt. Satzung keine Firmenspenden annimmt, ist ein kleines Signal des Nichteinverständnisses mit dem Lobbyblock.
Die Ahnung eines Fünkleins im Pulverfass. Wenigstens das ist sofort möglich. Und kostet noch nix, wichtig in dieser rauhen Zeit.