Gestern hatte ich ein sehr angenehmes und anregendes Abendessen mit einem deutschen Schriftsteller und seinem Lektor.
Natürlich wurde die meiste Zeit über die Branche geklatscht, was haben Sie denn gedacht? Aber eben nicht die ganze Zeit.
Der Havel-Kahn
1. Mit dem Schriftsteller diskutierte ich das Problem des mobilen Arbeitens. Er schreibt gerne in der U-Bahn und in wechselnden Bibliotheken. Ein idealer Arbeitstag sieht für ihn so aus, dass er zu festen Zeiten zwischen den großen Bibliotheken Berlins pendelt und dann vor allem in der U-Bahn schreibt.
Nun ging es darum, ob er nicht den Radius erweitern, auch ferner liegende Bibliotheken ansteuern sollte. Dazu müsste natürlich eine Netzkarte der DB angeschafft werden. Und reichte 2. Klasse, oder wäre nicht vielmehr die 1. Klasse für rund 7000 Euro vonnöten?
Ich glaube allerdings, dass er am besten auf einem ruhig dahingleitenden Kahn schreiben würde. Der Schriftsteller stimmte mir zu und will sich nun nach den Möglichkeiten erkundigen, in Berlin auf einem Kahn ein Plätzchen zu mieten. Ich sehe ihn schon vor mir, wie er einen wunderbaren Text schreibt, während die Weiden am Havelufer leise trauernd vorübergleiten.
Der Vorlektor
2. Der Lektor erzählte mir, wie erstaunlich gut geschrieben doch die Texte des Bestseller-Autors X ihn erreichen. Dieser Autor X ist mir jedoch als Verfasser sehr unzulänglich geschriebener Texte bekannt. Ich hege den Verdacht, dass er privat einen weiteren Lektor beschäftigt, quasi einen Lektor vor dem Lektor. Der Lektor, mit dem ich sprach, konnte diesen Verdacht nicht ausräumen. Nach einigem Nachdenken will er nicht einmal mehr ausschliessen, dass in diesem Land ein riesiges geheimes Vor-Lektorennetz existiert.
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