Zur Lage der Linkspartei, Teil I

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Katja Kipping und Bernd Riexinger, die neuen Vorsitzenden der Linkspartei, haben einen glänzenden Start hingelegt. Ihr am Dienstag veröffentlichtes 120-Tage-Programm lässt nichts zu wünschen übrig: Sie organisieren die innerparteiliche Diskussion und nennen zugleich die Themen des außerparteilichen Engagements, das keineswegs ruhen soll. Am Mittwoch wurde Kipping in der Tagesschau zum Fiskalpakt befragt, während Gysi neben ihr stand. Am Donnerstag brachte die FAZ ein längeres, fair geführtes Interview mit Kipping und Riexinger. Ich will das Papier vom Dienstag zum Anlass nehmen, noch einmal zurückzublicken. Denn trotz aller Harmonieadressen, die jetzt innerparteilich verschickt werden, bestehen die alten Fronten erst einmal weiter. Früher oder später werden sie erneut aufbrechen. Was macht sie aus, worin befördern sie Einseitigkeit? Wer sie auflösen oder zu Teilen eines gemeinsamen Bilds zusammenfügen will, muss das einzuschätzen versuchen. Um solche Einschätzung geht es auch im Folgenden. Die bedeutsamen Reden, die von Gysi und Lafontaine auf dem Göttinger Parteitag gehalten wurden, geben hinreichendes Material oder wenigstens die weiter zu verfolgenden Stichwörter. Um es vorweg zu sagen, ich sehe Einseitigkeit in beiden Reden. Das will ich erörtern. Wenn ich übrigens Parteimitglied wäre, würde ich es in diesem Moment nicht tun, denn es könnte falsch verstanden werden. Es ist aber ein Beitrag von außen, für den andere Maßstäbe gelten.

Wozu eigentlich eine Partei?

Um die Position eines Redners beurteilen zu können, muss man die Frage rekonstruieren, auf die sie scheinbar bloß als Aussage und Behauptung, in Wahrheit aber als Antwort reagiert. Zuhörer fragen sich oft nur, ob sie eine ihnen vorgetragene Behauptung richtig oder falsch finden. Aber schon die Frage, in deren Raum sich eine Debatte bewegt oder in den sie gestellt wird, kann problematisch sein. Tatsächlich bewegen sich Gysi und Lafontaine in ganz verschiedenen Frageräumen, erkennen das aber anscheinend nicht, weder bei sich selbst noch beim jeweils anderen. So behauptete Gysi, in der Linken stünden sich eine Volkspartei Ost und eine Interessenpartei West gegenüber. Von dieser Differenz war seine Rede überall strukturiert. Hatte man die Behauptung akzeptiert, blieben nur noch zwei Möglichkeiten: Entweder würde sich die Differenz zur Spaltung steigern ("Dann wäre es sogar besser, sich fair zu trennen") oder man würde lernen, sie auszuhalten und produktiv zu machen ("Vertragen wir es nun, Volkspartei und Interessenpartei zu sein, oder vertragen wir es nicht?"). Was Gysi damit aber fragt, ist, wie die Linke am besten Interessenpartei sein kann.

Das wird sehr deutlich, wenn er den westlichen Landesverbänden zugesteht, sie müssten sicher "als 5-Prozent-Partei [...] prononciert bestimmte Interessen vertreten", die Ostverbände indes hätten "als eine 25-Prozent-Partei [...] das gesamte Spektrum" abzudecken. Das heißt doch, die Differenz besteht nur darin, ob man wenige Interesse abdeckt oder viele. Die Partei des "gesamten Spektrums" der Interessen ist nun eben auch eine Interessenpartei. Oder besser gesagt, sie jedenfalls ist eine, denn Gysi als ihr führender Vertreter hat sie selbst so beschrieben. Ob sich aber auch die Westverbände mit dem Begriff fassen lassen, d a s ist die Frage. Gysi kann es so sehen, weil er eine Perspektive, die zunächst einmal nur seine eigene ist, auf die andere Seite überträgt, um nicht zu sagen projiziert.

Was wäre denn eine linke Interessenpartei des gesamten Spektrums? Sie käme dem Parteikonzept der SPD sehr nahe, so empört sich Gysi über diese Interpretation auch äußert. Was der SPD in ihren besten Momenten einfällt, ist ja genau, dass sie eine "Kümmererpartei" sei, wie es heute heißt, oder dass sie "der Gesamtbetriebsrat der Gesellschaft" sei, wie in der ersten Hälfte der 90er Jahre zu hören war. Es war zu hören, bevor auf die Parteiführer Engholm und Scharping Lafontaine folgte. Der sah in der SPD etwas anderes, nämlich den organisierten Versuch, die Gesellschaft zu ä n d e r n . Die Gesellschaft zu ändern ist etwas anderes als sich um die Interessen derer zu kümmern, die mit der Änderung oder Nichtänderung der Gesellschaft leben und zurechtkommen müssen. Lafontaine setzte sich in der SPD nicht durch, sie wurde unter Kanzler Schröder wieder zur Partei, die sich "kümmerte", und zwar schlecht kümmerte, bis hin zu Hartz IV, während man die großen strategischen Entscheidungen wieder den Unionsparteien überließ. Deshalb wechselte Lafontaine zur WASG und gründete die Linke mit. Auch sie sollte und soll sich "kümmern", niemand hat das je in Abrede gestellt, darüber hinaus aber sollte sie sein, was die SPD nicht mehr war: P r o g r a m m p a r t e i mit dem Ziel des Gesellschaftsumbaus.

Die Linke als Programmpartei, damit ist die Struktur der Rede von Lafontaine beschrieben. Auch Lafontaines Rede verdient einige Kritik, hier bleibe ich aber noch bei Gysi und stelle fest, dass er und Lafontaine aneinander vorbeiredeten. Gysi wollte es so sehen, als vertrete auch Lafontaine eine Interessenpartei wie er selbst, nur eine andere, eben eine für "bestimmte Interessen" statt für das "gesamte Spektrum". Auf Programmfragen ging Gysi gar nicht ein. Für Lafontaine wiederum stand das Programm so sehr in der Mitte, dass er in allem Streit, den es sonst noch gibt, nur unnötig aufgeblasene "Befindlichkeiten" sah. Seine Analyse der Lage der Partei erschöpfte sich eigentlich in der Feststellung, dass die Partei völlig geeint sein müsste, es aber seltsamerweise nicht sei, da sie sich ja einträchtig ein Programm gegeben habe. Man liest oft, dies Programm sei speziell Lafontaines Programm und er habe es der Linken aufgezwungen. Ob das nun stimmt oder nicht, es ist jedenfalls ein Programm des Gesellschaftsumbaus und kein bloßes Manifest der Interessenvertretung.

Weil Lafontaine in der Linken eine Programmpartei sieht, stellte er die brisanteste Frage des Parteitags, oder deutete sie wenigstens an: worin nun eigentlich, zwischen den Flügeln, die D i f f e r e n z i n d e r S a c h e bestehe. "Ich muss doch davon ausgehen, dass alle diese Stimmen für unser Programm ernst gemeint waren", sagte er. "Ich habe überhaupt kein Recht, anders zu denken." Und noch einmal: "wenn das ernst gemeint ist, dann geht es nur darum, diese nachgeordneten Schwierigkeiten, Eitelkeiten und inneren Streitereien zu überwinden. Etwas ganz anderes ist ein ernsthafter Streit um die Sache. Aber ich habe davon heute nichts, aber auch gar nichts gehört." Und noch krasser: "Ich stelle mir die Frage: Wo sind eigentlich noch die großen Unterschiede? Ich habe versucht, das intellektuell zu begreifen. Ich habe es bis zum heutigen Tage nicht richtig erfasst."

Lafontaine fragte nicht, weil er behaupten wollte, es gebe in der Linkspartei gar keine Probleme. Diese Deutung von großen Teilen der Presse ist lächerlich. Er begreift in Wahrheit natürlich sehr gut. Worin das Programm umstritten ist, ist ja in der ganzen Republik bekannt. Es ist Einigen zu staatslastig. Aber darüber wird nicht face to face gestritten, was doch so wichtig wäre für eine Partei, die deutschland- und europaweite Aufgaben hat. Face to face geht es immer nur darum, wer welche Posten in der Parteiführung erhält. Dies gesammelte Schweigen auf Parteitagen der Linken, wie vormals schon der PDS, ist auch mir immer wieder aufgefallen. Und wer verkörpert es mehr als Dietmar Bartsch, der seit ein paar Monaten als Vollrepräsentant des "Reformer"flügels auftritt? Wenn Bartsch redet, dann davon, dass man sich um die Menschen kümmern müsse. Womit wir weitere blinde Flecken in Gysis Rede berühren.

Gibt es einen Ost-West-Konflikt?

Denn die Situation, dass ein Streit, und zwar genau dieser, nicht ausgetragen wird, war bereits in PDS-Zeiten gängig, und schon damals war Dietmar Bartsch umstritten. Das war aber natürlich kein Streit zwischen "Ost" und "West". Der Streit, den es immer noch gibt und vor dessen Austragung man sich immer noch drückt, ist weder einer zwischen "Volks- und Interessenpartei" noch einer zwischen verschiedenen Landesteilen. Letzteres ist er jedenfalls dann nicht, wenn man mit Lafontaine unterstellt, dass ein "ernsthafter Streit" einer "um die Sache" sein müsste. Man sieht doch gar keine Sache des Ostens, die gegen eine Sache des Westens stünde. Dass der Ost-West-Unterschied dennoch eine wichtige Rolle spielt, zeigt aber der Fusionsprozess, aus dem eben erst, man kann sagen vor einer historischen Sekunde, die neue Partei Die Linke hervorging. Darauf kam Gysi denn auch zurück - und mit wie viel Verkennung!

Wegen der unsozialen Politik der Schröder-Regierung und ihres Angriffskriegs auf Jugoslawien wurde, so Gysi, "bekanntermaßen die WASG gegründet. Und dann war es von außerordentlicher Bedeutung, dass sich Oskar Lafontaine entschied, das Ganze zu unterstützen. Er verlangte aber die Vereinigung von WASG und PDS. Und weder er hätte dies verlangt noch hätte sich die WASG mit der PDS vereinigt, wenn die PDS vorher nicht erfolgreich gewesen wäre." Es scheint, dass Gysi die WASG undankbar findet. Sie, die damals froh sein konnte, von einer so erfolgreichen Partei als Fusionspartner hingenommen zu werden, übt danach ungerechtfertigte Kritik: "Es tut mir leid, aber eine bestimmte Kritik von Mitgliedern aus den alten Bundesländern erinnert mich an die westliche Arroganz bei der Vereinigung unseres Landes. [...] Was ist denn eigentlich so schlimm daran zu akzeptieren, dass wir im Osten eine Volkspartei sind?" Meine Erinnerung an die Fusion geht ein bisschen anders. Die WASG wollte sie ungeachtet der Erfolge der PDS keineswegs. Der erste, der sie forderte, war André Brie.

Über sein Motiv konnte sich damals niemand täuschen: Es bestand die Gefahr, dass die WASG mit ihrem Stimmenanteil in der Bundestagswahl 2005 die PDS unter die Fünfprozenthürde drücken würde. 2002 war die "erfolgreiche Partei" ja sogar ohne Konkurrenz der WASG, die es noch nicht gab, unter der Hürde geblieben. Dass eine auf sich gestellte WASG ziemlich viele Stimmen erhalten und vielleicht gar auf Anhieb die Hürde allein würde überspringen können, zumal wenn Lafontaine zu ihr übertrat, war klar. Ebenso klar war, welchen Preis die WASG würde zahlen müssen, sollte sie sich mit der PDS zusammenschließen, was sie aber, wie gesagt, gar nicht wollte: Der Vorwurf, da sei eine Partei, die in der Tradition der SED stehe und sich von ihr nicht genügend distanziere, würde dann auch sie treffen - und ihre Wahlchancen schmälern -, obwohl sie mit dieser Tradition gar nichts zu tun hatte.

Lafontaine entschloss sich dennoch, Bries Bitte zu erfüllen. Zwei sozialistische Parteien nebeneinander machten keinen Sinn, sagte er. Das war seine einzige Begründung. Wahrscheinlich wirkte auch das Konzept noch nach, das er sich zurechtgelegt hatte, bevor er an den WASG-Beitritt dachte: Die Rolle der Landesverbände der SPD im Osten sei zu marginal; sie sollten der SPD gegenüber so viel Eigenständigkeit erhalten wie die bayerische CSU der CDU gegenüber; die Eigenständigkeit solcher Ostverbände der SPD würde noch mehr gestärkt, wenn die PDS sich bereit fände, ihnen beizutreten. Aber er und die WASG wussten auch, worauf sie sich einließen, nämlich mit einer Partei, deren Profis viel Erfahrung im Einsatz der Machthebel eines Parteiapparats hatten. Deshalb suchten sie sich abzusichern. Es wurden Übergangsregelungen für einen langen Zeitraum ausgehandelt, die noch jetzt in Göttingen dafür sorgten, dass die Westverbände stark überrepräsentiert waren. Die Geschäftsführung der Partei sollte zwischen Ost und West geteilt werden, und so weiter.

Dass diese Vorsicht nicht überflüssig war, erfuhr Lafontaine im Jahr 2010, als dem SPIEGEL Privates zugetragen wurde, offenbar in der Absicht, ihm zu schaden. Erst in der letzten Woche hat der SPIEGEL wieder geschrieben, die Behauptung, Bartsch habe etwas damit zu tun gehabt, sei abwegig. Gysi indes kritisierte Bartsch damals öffentlich, weshalb dieser vom Geschäftsführungsamt zurücktrat. Wem glaube ich nun mehr, Gysi oder dem SPIEGEL? Noch auf dem Göttinger Parteitag hat Gysi, der Bartsch nun unterstützt, gesagt: "Ich habe ihn auch schon deutlich kritisiert. Einige verlangten jetzt von mir, dies zu wiederholen. Da er sich aber seitdem korrekt verhalten hat, kommt für mich eine Wiederholung gar nicht in Frage." Er hat sich s e i t d e m korrekt verhalten, das heißt, er hat es d a m a l s nicht getan. Aber Lafontaine war ihm nicht ausgeliefert gewesen. Er hatte vorgesorgt.

Bartsch

Es liegt mir fern, Bartsch heruntermachen zu wollen. Bartsch ist kein "Intrigant". Aber warum leugnen, dass er der auffälligste Exponent einer Schicht von Kadern ist, die den Parteiapparat einzusetzen weiß? Dass es eine solche Schicht gibt, wird eben daran erkennbar, dass eine ausgedehnte "Reformer"gruppe auf Parteitagen nicht für ihre Sache streitet, sondern nur um Posten kämpft. Hat Bartsch schon jemals für die Sache der "Reformer" gegen andere Standpunkte argumentiert? Nein, er hat abgewartet und sich dann, nach Jahren, zu einem Zeitpunkt, der ihm günstig schien, zum Kandidaten des "Reformer"lagers gemacht oder ist dazu gemacht worden. Auch das aber nicht, indem er gesagt hätte, was ihn s a c h l i c h von Lafontaine trennt und also veranlassen muss, g e g e n L a f o n t a i n e zu kandidieren.

Dabei war diese Gegenkandidatur doch gar nicht so "selbstverständlich in einer demokratischen Partei", wie sie von Gysi und auch von Bisky dann hingestellt wurde. Kann man etwa "selbstverständlich" davon ausgehen, dass auf dem nächsten Parteitag der CDU jemand gegen den Parteivorsitz Angela Merkels, auf dem nächsten der SPD jemand gegen den Parteivorsitz Sigmar Gabriels kandidieren wird? Natürlich nicht! Es gibt niemanden in dieser Republik, der nicht weiß, warum diese Parteien derlei öffentliche Kampfszenarien zu vermeiden bestrebt sind, ohne dass es deshalb gerechtfertigt wäre, in Merkel und Gabriel Stalinisten zu sehen. Warum also, aus welchem sachlichen oder sonstigen Grund, musste Bartsch gegen Lafontaine antreten?

Warum ist er überhaupt zum Repräsentanten der "Reformer" geworden? Es geht mich nichts an, aber ich würde es doch gern wissen. Wenn zum Beispiel Klaus Lederer, der Berliner Landesvorsitzende, Parteivorsitzender hätte werden wollen, darin könnte ich einen Sinn sehen. Er hat sich auf originelle Weise an den inhaltlichen Debatten beteiligt. Er ist glaubwürdig. Von Bartsch sehe ich nur, dass er vor laufender Fernsehkamera "staatsmännisch" auftreten kann. Das ist eine Qualifikation, die seiner Partei einen Nutzen brächte, wenn er Minister würde. Aber nicht so. Die Mainstream-Presse sieht es freilich mit anderen Augen. Sie, die Fischer gegen Trittin und Schröder gegen Lafontaine hochgeschrieben hat, schreibt natürlich auch Bartsch gegen Lafontaine hoch.

Tatsächlich hat Bartsch gegen Bernd Riexinger antreten müssen, und es ist nun bezeichnend für die Verlogenheit jener Presse, dass sie Riexinger deshalb als "Lafontaines Mann" zu verleumden versucht. Aber hatte Riexinger nicht seit 2001 den Verdi-Bezirk Stuttgart geführt? Ist er also nicht das typische ehemalige Parteimitglied der WASG, wenn er auch nicht, wie sein Vorgänger Klaus Ernst, dem noch WASG-typischeren IG Metall-Milieu entstammt? Und sollte der Fusionsprozess nicht so organisiert sein, dass die WASG nicht untergebuttert werden kann? Weil das so ist, stellt sich auch hier die Frage, weshalb Bartsch gegen Riexinger überhaupt kandidieren musste.

Mich erinnert die Berichterstattung nach dem Göttinger Parteitag an diejenige nach dem Parteitag 2002 in Gera, und wie wir gleich sehen werden, spielte Bartsch auch da schon eine etwas undurchsichtige Rolle. Damals hatte sich Gabi Zimmer zum Unwillen der "Reformer", die versuchten, ihr die Schuld an der gerade verlorenen Bundestagswahl in die Schuhe zu schieben, obwohl Bartsch der Wahlkampfleiter gewesen war, zur Wiederwahl als Parteivorsitzende gestellt und war mit überwältigender Mehrheit im Amt bestätigt worden. In der Presse wurde das so formuliert, dass sie einen "vernichtenden Sieg" errungen, die PDS in der Form des Gewähltwerdens quasi vernichtet habe. Sehr wurden die "Reformer" bedauert, die verloren hatten. "Sie schütteln fassungslos den Kopf, weinen oder laufen mit zynischen Sprüchen durch den Saal", schrieb der Kollege von der taz. Ein ganz großes Unrecht war da offenbar geschehen. Wer war denn schließlich Frau Zimmer? Die "Reformer" selbst hatten sie zwar zur Parteichefin gemacht, in der Vorstellung, sie werde in ihrem Sinn Politik machen und dabei integrativ erscheinen, wie es vorher Gysi immer gelungen war. Aber sie hatte ihre Integrationsaufgabe wohl etwas zu ernst genommen. Sie war selbst "Reformerin", musste nun aber zu Protokoll geben, dass es "Differenzen im Reformerlager" gebe. Und wie stets war es ganz unmöglich zu ergründen, worin solche Differenzen denn nur bestehen könnten.

(Fortsetzung in Teil II: hier.)

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Michael Jäger

Redakteur „Politik“ (Freier Mitarbeiter)

Michael Jäger studierte Politikwissenschaft und Germanistik. Er war wissenschaftlicher Tutor im Psychologischen Institut der Freien Universität Berlin, wo er bei Klaus Holzkamp promovierte. In den 1980er Jahren hatte er Lehraufträge u.a. für poststrukturalistische Philosophie an der Universität Innsbruck inne. Freier Mitarbeiter und Redaktionsmitglied beim Freitag ist er seit dessen Gründung 1990. 1992 wurde er erster Redaktionsleiter der Wochenzeitung und von 2001 bis 2004 Betreuer, Mitherausgeber und Lektor der Edition Freitag. Er beschäftigt sich mit Politik, Ökonomie, Ökologie, schreibt aber auch gern über Musik.

Michael Jäger