Im Namen des Vaters

Alltagskino Ein guter Vater, der seinen Sohn bei einer Lüge ertappt, verzeiht ihm. Aber einer liebt uns alle noch mehr: Gott! Wie aus einer 11-Minuten-Familienparabel heilige PR wird

Was habe ich gesehen?
Lump, 2005, Laufzeit: 11 Minuten, Regie: Rob Bell

Warum habe ich ihn gesehen?
Phil, ein amerikanischer Art Director und Freund, hat ihn mir gegeben; ähnlich vielsagend kommentarlos wie er mir letztes Jahr Die Hütte gegeben hatte, das Buch, das mich in meiner 52-Bücher-in-52-Wochen-Kolumne am meisten beschäftigte.

Worum geht es?
Zu kuscheliger Ambientmusik („Over the Pond“) erzählt ein junger Familienvater eine kleine Parabel aus seinem Alltag. Sie handelt von Fehlern, Lügen, Sünden. Und davon, dass sie uns immer wieder einholen im Leben. In seinem Beispiel geht es um den ältesten Sohn, der beim Lügen durchschaut aber nicht bestraft wird. (Es ging um einen kleinen weißen Ball, den er offensichtlich einem Nachbarsjungen gestohlen hatte). Als er einige Tage später ein zweites Mal lügt, konfrontiert ihn seine Mutter – pädagogisch schlau – mit der ersten Lüge. Der Junge fühlt sich ertappt, schämt sich und rennt nach oben, knallt mit der Tür. Dort bleibt er stundenlang unter der Bettdecke seiner Eltern verkrochen – weil es eben manchmal leichter ist, nach oben zu rennen, als der Wahrheit ins Gesicht zu schauen. Die Mutter ist genervt, der Vater geht nach oben, und überlegt sich, wie es weitergehen soll: Okay, der Junge muss seine Schuld zugeben. Er muss sich entschuldigen. Für die erste Lüge, für die zweite, er muss den Ball zurückgeben – eine Tortur. Kein Wunder eigentlich, dass er sich lieber hier oben versteckt, denkt der Vater. Er geht zu ihm, zieht die Decke zurück, dort liegt der Junge zusammengekrümmt, mehr ein Haufen (Lump, engl. „Klümpchen“) als ein Mensch.

Was macht man jetzt als Vater?

Riesenfrage. Die ganze Pädagogik läuft im Prinzip auf diese Frage hinaus. Im Film sagt der Vater zu dem Jungen: „There is nothing you can ever do that would make me love you less“. Groß, oder? (Da wäre ich, ganz im Ernst, nicht drauf gekommen; ich hätte genervt herumgemosert, zu müde, um richtig laut zu werden, zu uninteressiert, um ihm Kants kategorischen Imperativ näherzubringen.) Der Film endet – natürlich – mit dem Verweis, dass Gott uns liebt. Und dass er uns immer lieben wird, egal, was wir machen. („Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Gewalten der Höhe oder Tiefe noch irgendeine andere Kreatur können uns scheiden von der Liebe Gottes.“, Römerbrief, 11).

Was bleibt?
Der Film ist im Prinzip ein Werbespot für Gott. Er ist sehr amerikanisch - also der Film, wobei, vielleicht auch Gott, – aber er ist gut. Denn er beschreibt in einer unwiderstehlichen Klarheit meine Gefühle für meine Kinder: There is nothing that you could do that would make me love you less. Ich sollte es ihnen bei Gelegenheit mal sagen.

Was sehe ich als nächstes?
The Reef

Unser Kolumnist Mikael Krogerus sieht sich jede Woche einen Film an. Vergangene Woche sah er

Until the Light Takes Us

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