Themen der Reformation: Gewissen

Verantwortungsethik Mut, intellektuelle Redlichkeit und Verantwortungsbewusstsein zeichnen Luthers Auftritt vor dem Wormser Reichstag 1521 aus.

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Im Gewissen merkt der Mensch, dass er Verantwortung zu übernehmen hat für sein Tun und Lassen. Jedes Tun hat Folgen. Wenn ich ein „schlechtes Gewissen“ habe, mache ich mir Vorwürfe. Habe ich ein „gutes Gewissen“, bin ich mit mir und der Welt im Reinen.

Nicht nur in Worms 1521, auch davor und danach lag Martin Luther an einer redlichen Gewissensverantwortung.

Dazu allerdings brauchte es Mut. Denn als Luther vor den Wormser Reichstag trat, stand seine Verurteilung schon fest. Noch während Luther anreist, erlässt der Kaiser ein Sequestrationsmandat, das seine Schriften einziehen soll. Sie verbietet. Schon darum gehörte Mut dazu, sich vor Kaiser und Reich zu verantworten.

Doch Luther geht es nicht um sich. Wäre dem so, er wäre sicher nicht nach Worms gegangen. Luther sagt in Worms: Ich rede nicht für mich und meine Person (behaupte auch nicht, dass ich etwas Besonderes wäre). Ich rede für die Sache. Denn beim Forschen und Studieren ist mir etwas aufgefallen, was nicht ganz stimmt.

Mut, innerer Kompass und intellektuelle Redlichkeit

Luther moniert in Worms, dass viele Gewissen elend wie in Fesseln geschlagen seien. Durch formale Argumentation „es ist so und so“, werden Gewissen belastet und geknechtet statt sie durch Unterrichtung einzuweisen und zu überzeugen: „Es ist so, weil...“

Gewissensunterrichtung und Gewissensbildung ist ein Kernanliegen der Reformation. Die Reformation zielt auf das befreite Gewissen. [Und weil Luther nicht nur Wissenschaftler, sondern auch Seelsorger und Theologe ist, weiß er zudem etwas vom Trost des Gewissens zu sagen doch das ist ein weiteres Kapitel.]

Luther sagt in Worms: Man kann mit logisch-philologischen Mitteln die Richtigkeit dessen nachweisen, was ich vertrete. Falls es anders ist, tritt den Gegenbeweis an. Luther fordert inhaltliche Argumentation. Stattdessen wird in Worms ganz formal argumentiert...

Gewissen und Verantwortung

Dazu wiederum kann Luther nach bestem Wissen und Gewissen nicht einfach schweigen. Schon die intellektuelle Redlichkeit erfordert hier Verantwortung zu übernehmen. Luther beruft sich in Worms auf sein Gewissen, um die Gewissen vieler anderer nicht weiter falsch in Bann geschlagen sein zu lassen.

Dabei erklärt er sich bereit, sich jederzeit durch logisch-philologische Mittel eines anderen belehren zu lassen. Hierzu ist der Kaiser nicht gewillt (und auch kaum in der Lage).

Manche sagen sogar, Luther hätte in Worms durch sein Insistieren auf intellektueller Redlichkeit ein Auseinanderdriften der Gesellschaft riskiert. Der historischen Wahrheit allerdings entspricht, dass es Kaiser Karl V. war, der den aufrichtigen Augustinermönch in die Reichsacht tat, nicht umgekehrt.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

m.schuetz

Hobby-Intellektueller, angehender Humorist, (jetzt auch Spaßblogger, Aktivist und Bürgerrechtler), twittert hier nicht

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