Wichtiger Schritt, dem weitere folgen dürften

Netzwelt BGH leitet eine Neuausrichtung im Datenrecht ein.

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Der Bundesgerichtshof hat geurteilt, dass Facebook eine „kartellrechtlich relevante Ausbeutung der Nutzer“ betreibt. Damit hat das Gericht im Grundsatz das Kartellamt bestätigt, das die aktuelle Datensammelpraxis des Konzerns begrenzen will.

Konkret „wird nicht nur das Verhalten der privaten Nutzer auf Facebook-Seiten erfasst, sondern über entsprechende Schnittstellen (Facebook Pixel) auch der Aufruf von Drittseiten“. Zudem führt das Unternehmen entgegen früherer Zusagen plattformübergreifend Daten von Whatsapp, Instagram und weiteren Onlinediensten zusammen. So wandern zum Beispiel auch Whatsapp- Adressdaten von Unbeteiligten ungefragt in die erweiterte Daten„ausbeutung“.

Indem das höchste bundesdeutsche Gericht das Soziale Netzwerk ein Stück weit in die Grenzen weist, macht Facebook eine Erfahrung, die gegenwärtig auch der Onlinekonkurrent Google vor US- amerikanischen Gerichten zu machen scheint: Dass auch die virtuelle Welt kein rechtsfreier Raum ist, oder (im Interesse der Vielen) auf Dauer sein könnte. Google wurde in einer Sammelklage vor einem Bundesgericht auf fünf Milliarden Dollar verklagt, weil es vorsätzlich seinen Nutzern eine Privatsphären-Einstellung vorgaukelt, die es dann nicht hält. (In Frankreich wurde erst heute eine - noch moderate - 50 Millionen-Strafe wg. Datenrechtsvergehen durch Google vom obersten Verwaltungsgericht letztinstanzlich verhängt.)

Das Vorgehen Googles ähnelt dem von Facebook, denn (siehe BGH-Urteil): „Über die analytischen und statistischen Funktionen von 'Facebook Analytics' erhalten Unternehmen aggregierte Daten darüber, wie Facebook-Nutzer über verschiedene Geräte, Plattformen und Internetseiten hinweg mit den von ihnen angebotenen Diensten interagieren.“

Wohlerprobte Gesetze und als richtig erkannte Gesetzmäßigkeiten, dienen ja nicht zuletzt dazu, z.B. Jungunternehmen wozu mit 12 oder 19 Jahren auch noch die Internetunternehmen Google ABC und Facebook Inc. zählen in gewisser Weise „vor sich selbst zu schützen“. Wie wichtig das ist, zeigt aktuell der Fall des digitalen „DAX-Unternehmens Wirecard“, dem von einem Tag auf den anderen in der Bilanz 1,9 Milliarden EUR fehlen. (Sich nach allgemein anerkannten Werten, Normen und Gesetzen zu verhalten, ist demnach sogar dem Börsenkurswert von Unternehmen zuträglich.)

Unglücklich bleibt deshalb, dass für eine Reglementierung der Internet-, Daten-, und Digitalbranche noch der (Um)weg oder Seitenweg über das Kartell- und Wettbewerbsrecht gewählt werden muss (so richtig und wichtig beide Perspektiven sind). Ob die Grundproblematik gelöst werden kann, wenn Facebooknutzer künftig bei der Anmeldung ein Häkchen mehr (nicht) setzen, dürfte ebenfalls noch in den Sternen stehen. Man kann wohl davon ausgehen, dass weitere rechtliche Festlegungen nötig werden.

Das BGH-Urteil zu Facebook ist erst eine Zwischenstation, das Hauptverfahren steht noch aus.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

m.schuetz

Hobby-Intellektueller, angehender Humorist, (jetzt auch Spaßblogger, Aktivist und Bürgerrechtler), twittert hier nicht

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