Ich erreiche die Krankenpflegerin Judith Bayer (Name geändert) in der Quarantäne. Sie schnieft und hustet am Telefon, hat sich bei einem Patienten in der Notaufnahme in Berlin, wo sie arbeitet, mit Corona angesteckt. Der Grund für unser Telefonat: Die sogenannte Covid-Prämie 2022 des Bundesgesundheitsministeriums soll, im Gegensatz zur Prämie 2021, nicht an Pflegekräfte der Notaufnahme ausgezahlt werden. Judith Bayer ist fassungslos.
Die Nachricht kommt zu einem Zeitpunkt, zu dem Notaufnahmen erneut stark überlastet sind und viele Kollegen Bayers, genau wie sie, mit Corona-Erkrankungen ausfallen. Die sowieso schon dünne Personaldecke wird also noch mal dünner, während gleichzeitig wieder mehr Patienten mit Corona-Infektionen ins Krankenhaus kommen.
Bayer berichtet von ihrem Abeitsalltag während Corona: „Ich habe oft geheult, weil ich mit Corona-Patienten allein war, gleichzeitig entscheiden musste, wer am schlimmsten dran ist, keine Kollegen an meiner Seite hatte, weil wir unterbesetzt waren.“
Ich frage beim Gesundheitsministerium nach, ob das wirklich wahr sein kann. Minister Karl Lauterbachs Pressestelle erklärt: „Mittel zur Auszahlung eines Pflegebonus bekommen Krankenhäuser, die im Jahr 2021 besonders viele mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizierte Patientinnen und Patienten zu behandeln hatten, die beatmet werden mussten.“ Und weiter: „Diese geben den Bonus an Pflegefachkräfte in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen und Intensivpflegefachkräfte weiter, die im Jahr 2021 für mindestens 185 Tage in dem Krankenhaus beschäftigt waren.“ Das heißt also: Den Bonus bekommen nur überlastete Intensivstationen und Stationen, die bettlägerige Patienten versorgen. Notaufnahmen und auch andere Stationen, die in den vergangenen Jahren immer wieder Beschäftigte an die Intensivstationen ausgeliehen haben, gehen wohl leer aus.
Es ist nicht das erste Mal, dass es gerade die Notaufnahmen sind, die vor so einer Situation stehen, berichtet Judith Bayer: „Wir führen viele Behandlungen aus, mit denen die Krankenhäuser kein Geld verdienen, die sie nicht über die Fallpauschalen abrechnen können. Also sind wir auch nicht so wichtig beim Aufstocken.“
Der nicht für alle ausgezahlte Corona-Bonus ist aber nur die höchste Spitze des Eisbergs einer komplett unversorgten Pflege, die seit Jahren immer wieder darauf aufmerksam macht, dass sie eigentlich nicht mehr arbeitsfähig ist – nicht erst seit Corona. Bayer erzählt, dass sie im vergangenen Jahr 15 Kollegen verloren hat: „Wer jetzt noch weitermacht, ist eigentlich selber schuld, oder?“, fragt sie mich.
Kommentare 6
Beamte entscheiden wer Geringwertig ist.
Gesundheitssystem - Privatisierung - Gewinne maximieren!
Hier! Nicht irgendwo.
"Und trotzdem ... latsch' ich noch zum DRK und Spende Blut."
Wer braucht in Deutschland schon ein funktionierendes öffentliches Gesundheitssystem?
Fleißige Bürgerinnen und Bürger können sich die Behandlung, Unterbringung und Pflege in einer privaten Klinik leisten. In dringenden Fällen wird man sogar mit dem privaten Heli(kopter) dorthin geflogen.
Warum wird von dem 100 Mia. Sonderverm...äh,den 100 Mia Sonderschulden nix abgezweigt ?
(Hab´ich mich damit als "Putinversteher geouted ?)
>>Warum wird von dem 100 Mia. Sonderverm...äh,den 100 Mia Sonderschulden nix abgezweigt ?<<
Warum "abzeigen"? Es ist eine politische Entscheidung, wofür dieses frisch gedruckte Geld genommen wird.
Aber warum wird so ein Beitrag so wenig diskutiert?
Hat "Denkzone" hier nichts zu sagen?
Ganz einfach: Der "Zonenbewohner" war nicht der erste Kommentäter(das mindert seine Kommentarbereitschaft).
Im Übrigen :alle die,die so fahnenschwingend dieser Entscheidung zujubeln,wissen wahrscheinlich nicht,dass der Militärhaushalt der USA ca. das 20-fache des Russischen beträgt!Das schlägt ja noch Montgomerys 15:1 (Zitat von Hemingway in "Über den Fluss und in .....).Und woher soll denn der "geneigte" ÖRF -Konsument und/oder Bild,FAZ,SZ et.al. Leser das auch wissen? Erinnert mich schon an 1914.
(Es glauben ja auch viele, dass Putin das alles schon 2001 im Bundestag so geplant habe)
Und der überhebliche Westen dachte `89 dass man auf die "Friedensdividende" verzichtet,und dafür lieber den Neoliberalismus auf alle Völker dieser Welt herabregnen lasse.
Und jetzt hör ich auf,mir ist nämlich Übel von der westlichen Heuchelei.