Gemeinsam mit dem Schicksal

Katalonien Die katalonische Regionalwahl könnte die spannendste Wahl werden, die in diesem Jahr noch stattfindet. Linke und Unabhängigkeitsbefürworter sind dabei besonders stark.

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Im diesen Jahr finden im Ausland noch zahlreiche als wichtig geltende Wahlen statt. Griechenland wählt am 20. September bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr das Parlament - ebenso wie die Türkei. Die Wahlen in Spanien und Portugal, wo die sozialdemokratisch-konservativen Parteien jeweils vorne liegen, sind im Verhältnis dazu eher unbedeutend. Aber auch die Katalanen, in deren Region sich seit der von der konservativen Zentralregierung nicht anerkannten Volksbefragung im November vergangenen Jahres politisch fundamentales geändert hat, wählt am 27. September ein neues Regionalparlament und steht damit ganz im Vorfeld der nationalen Parlamentswahlen im Dezember.

Fast 81 Prozent stimmten in ein nicht anerkannten Referendum im November für die katalonische Unabhängigkeit. Selbstverständlich, einige Befürworter haben an der Volksbefragung aufgrund dessen Rechtswidrigkeit nicht teilgenommen. Jedoch ist ebenso deutlich, dass seit Jahren in Umfragen die Befüworter der katalonischen Unabhängigkeit deutlich stärker sind als deren Gegner. Die Regionalregierung, die bisher aus den liberal-konservativen Wahlbündnis CiU gebildet wurde und im Januar Neuwahlen ankündigte, unterstützt weitgehend die Unabhängigkeit. Auch viele Oppositionsparteien lehnen die Dominanz der von den spanischen Ministerpräsidenten Rajoy angeführten Regierung ab und treten für eine Unabhängigkeit oder mehr Autonomie ein.

Mitte 2015 wendete sich jedoch das Blatt, was Katalonien zur spannendsten Wahl macht, die in diesem Jahr noch stattfindet Die liberale, prounabhängige CDC kündigte das regierende Bündnis, dass seit 1978 besteht, mit der konservativen UDC, die traditionell auf die Unabhängigkeit skeptischer eingestellt ist, auf und Athur Mas, Chef der katalonischen Regierung und der Liberalen, bildete mit der linken ERC und weiteren kleinen Parteien das Wahlbündnis Junts pel Sí ("Gemeinsam für Ja"), welches bis auf die Unabhängigkeit aus Parteien mit völlig unterschiedlichen Zielen besteht. Zu einer absoluten Mehrheit bräuchte das Bündnis nur sechs Sitze mehr, gegenwärtig liegen die Sezessionisten bei um die vierzig Prozent.

Aber auch im linken Lager bewegt sich viel. Das von Podemos domierte Linksbündnis Catalunya Sí que es Pot, an den sich auch die Linksgrünen beteiligen, hat gute Chance bei der Schicksalswahl zweitstärkstes Bündnis zu werden. Die katalonischen Ableger der Parteien des spanischen Establishments, die PSC und die PPC, kommen beide gemeinsam nur auf etwa zwanzig. Daneben kann die katalonische, antikapitalistische Linkspartei CUP mit bis zu neun Prozent rechnen.

Trotz eines starken prounabhängigen und linken Lagers ist jedoch immernoch keine Entscheidung getroffen. Die Katalanen haben allerdings eine Schicksalswahl vor sich, die maßgeblich das Ergebnis der Parlamentswahlen im Dezember beeinflussen könnte. Und damit ist es im Zeichen fehlender progressiver Stimmung in Spanien, Portugal, Türkei und Griechenland die wohl spannenste Wahl, die in diesem Jahr noch stattfindet.

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