Heim ins Öster-Reich

ÖVP/FPÖ Die neue Rechtsaußen-Regierung möchte Südtirolern eine österreichische Staatsbürgerschaft anbieten. Das klingt schwer nach einem ethnonationalistischen Rohrkrepierer
Ausgabe 01/2018
Alpenträume von rechts: Die einst Angeschlossenen würden selbst auch gern einmal anschließen
Alpenträume von rechts: Die einst Angeschlossenen würden selbst auch gern einmal anschließen

Foto: Johannes Simon/Getty Images

Die neue österreichische ÖVP/FPÖ-rechts-außen-Regierung war bei ihrem Antritt bemüht, ausgesprochen staatstragend und Europa-affin zu erscheinen. Sehr überzeugend geriet dies nicht, da bald einige Verstrickungen des Regierungspersonals in die rechtsextreme Szene bekannt wurden. Doch hatten Kurz & Co. ein europapolitisches „Schmankerl“ bereits im Koalitionsvertrag platziert: Darin war zu lesen, die Regierung wolle „in Aussicht nehmen“, den Südtirolern deutscher und ladinischer Muttersprache zusätzlich zur italienischen die österreichische Staatsbürgerschaft zu offerieren. In Wien stellte man das als späte Wiedergutmachung des welthistorischen Unfalls dar, durch den Südtirol vor 99 Jahren von einem Kronland der K.-u.-k.-Monarchie zur italienischen Provinz wurde.

In Rom reagierte man mit erwartbarer Empörung und warnte vor dem Zündeln mit ethnonationalistischem Sprengstoff, was allein schon deswegen etwas hohl klang, weil Italien 2006 einen vergleichbaren Vorschlag für die italienische Minderheit in Kroatien bereithielt. Allerdings handelt es sich bei dem Tirol-Coup eher um eine Nebelkerze denn um Dynamit, weil völlig unklar ist, ob der Vorschlag rechtlich umsetzbar wäre. Wie sollte man beispielsweise ermitteln, wer in Frage kommt, ohne auf irgendeine Form des Ahnenpasses zurückzugreifen?

Vizekanzler Strache erklärte, man erfülle vor allem einen Wunsch der deutschsprachigen Parteien Südtirols nach Anbindung an das vormalige Vaterland. Er blendete aus, dass die Tirol-Idee als Patriotismus-Placebo für den Wahlkampf kreiert worden war – als vermeintlich folgenlose Spielerei mit entschärfter Ethno-Munition. Es wäre bittere Ironie, sollte die Umsetzung nun zur erneuten Spaltung Südtirols führen. In jedem Fall bleibt schleierhaft, welchen Sinn die zusätzliche Staatsbürgerschaft für Südtiroler hätte, die doch als EU-Bürger bereits jetzt mit jenen Österreichs gleichgestellt sind. Sollen sie dort vielleicht ihren in Italien bereits abgeschafften Wehrdienst nachleisten? Oder geht es um alpine Rennläufer aus Südtirol, die endlich unter rot-weiß-roter Flagge wedeln dürfen? Einen Zweck hätte die Staatsangehörigkeit allemal: Die davon Betroffenen könnten das Wahlrecht nutzen, um diese österreichische Regierung nach Hause zu schicken.

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Geschrieben von

Pepe Egger

Ressortleiter „Wirtschaft“ und „Grünes Wissen“

Pepe Egger ist Redakteur für Wirtschaft, Grünes Wissen und Politik. Er hat in Wien, Paris, Damaskus und London studiert und sechs Jahre im Herzen des britischen Kapitalismus, der City of London, gearbeitet. Seit 2011 ist er Journalist und Reporter. Seine Reportagen, Lesestücke und Interviews sind in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften erschienen. 2017 und 2019 wurden seine Reportagen für den Henri-Nannen- bzw. Egon-Erwin-Kisch-Preis nominiert. 2017 wurde Pepe Egger mit dem 3. Platz beim Felix-Rexhausen-Preis ausgezeichnet. Seit 2017 arbeitet er als Redakteur beim Freitag.

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