Ob Lisa, Ihsan, Serkan und Özgül - alle müssen raus!

DHKP-C Prozess in Düsseldorf Dieses Verfahren gegen 3 türkische Kommunist*innen bekommt weniger Aufmerksamkeit als das Antifa-Ost-Verfahren in Dresden. Dabei ist die Prozessführung s politisch und auch die Anwälte*innen beschränken sich nicht auf die Jurisprudenz

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Mit einer ungewöhnlichen Pressemitteilung wenden sich 5 Anwält*innen an die Öffentlichkeit, die aktuell 3 türkische Linke verteidigen, gegen die vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgericht Düsseldorf verhandelt wird. Es handelt sich um Ihsan Cibelik, Serkan Küpeli und Özgül Emre. Sie werden von den Anklagebehörden beschuldigt, Mitglieder der verbotenen türkischen Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C) zu sein. Angeklagt sind wegen Mitgliedschaft einer „ausländischen terroristischen Vereinigung“ nach Paragraf 129b (nd berichtete). Für die 6 Anwält*innen sind ihre Mandant*innen Antifaschist*innen, denen durch die Anklagebehörden Rechte vorenthalten werden.

„Es geht nun einmal um nicht weniger und um nicht mehr, als um die Frage, ob die Bundesrepublik Deutschland mit der Verfolgung von Antifaschisten und Sozialisten sich zum Handlanger einer faschistischen Diktatur in der Türkei macht – und dabei selbst tragende Grundpfeiler demokratischen Rechts aufgibt“, heißt es in der von den Rechtsanwält*innen Roland Meister, Anna M. Busl, Yener Sözen, Heinz Schmitt, Frank Jasenski und Rainer Ahues unterzeichneten Erklärung. Dort kritisieren sie, dass die Angeklagten in Glaskäfigen im Gerichtssaal hätten sitzen müssen, was deren angebliche Gefährlichkeit unterstreichen sollte. Als kleinen Erfolg bezeichnen die Jurist*innen, dass Anordnung vom Senat aufgehoben wurde und die Angeklagten neben ihren Anwält*innen im Gerichtssaal sitzen konnten. „Ein notwendiger Schritt – und rechtlich begründet,, so die Anwält*innen

Doch die Maßnahme konnte zurückgenommen werden. So kritisieren die 6 Anwält*innen, dass der Vorsitzende Richter bei der letzten Verhandlung androhte, die Sitzordnung wieder zu ändern, wenn es die Solidaritätsaktionen für die Angeklagten weitergehen. Am fünften Prozesstag hatten der Richter die Verhandlung abgebrochen, nachdem Solidaritätsgruppen im Zuschauer*innenbereich ihre Solidarität mit den Angeklagten ausdrückten.

Besucher*innenraum wurde geräumt

Zuvor ließ der von der Polizei den Saal räumen. Dort hatte die Prozessbeobachterin Eda Deniz Haydaroğlu eine kurze Erklärung verlesen, in der sie das Verfahren als politischen Prozess und den Paragrafen 129b als Deckmantel für Willkür und Angriff auf demokratische Rechte bezeichnete. Die 22jährige Aktivistin nimmt seit über 120 Tagen an einem Hungerstreik teil, mit dem sie gegen das Verfahren protestiert. Die Gefangenensolidaritätsorganisation Rote Hilfe nannte in einer Pressemitteilung die Räumung des Gerichtssaal eine Einschüchterung von Besucher*innen.

Es ist schon erstaunlich, wie viel Angst der Staatsschutzsenat vor einer kurzen politischen Erklärung hat, dass er deshalb den Gerichtssaal räumen lässt.“, erklärt das Mitglied im Bundesvorstand der Roten Hilfe Anja Sommerfeld. Auch die Anwält*innen kritisieren die Räumung des Zuschauer*innenraums und den Abbruch des Prozesses. Die Annahme, dass das Verlesung einer kurzen Erklärung der Prozessbeobachterin eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstelle, die einen Ausschluss der Öffentlichkeit begründen könnte, ist aus Sicht der Verteidigung absurd. Die Anwält*inne verweisen darauf, dass in dem Sondergerichtsgebäude der Zuschauersaal hermetisch abgeriegelt ist. Von einer Unordnung im Gerichtssaal durch die Erklärung könne keine Rede sein. Die Jurist*innen sehen in den Maßnahmen des Staatsschutzsenats die Rechte der Angeklagten als auch der Besucher*innen verletzt.

„Ein solches Vorgehen stellt aus Sicht der Verteidigung eine unnötige Eskalierung dar, die geeignet ist, Prozessbeobachter*innen und kritische Begleiter*innen dieses Verfahrens einzuschüchtern“, heißt es am Schluss ihrer Erklärung, die sich an eine kritische Öffentlichkeit richtet. Anders als das Anti-Ost-Verfahren ist der Prozess gegen die 3 türkischen Linken noch wenig bekannt.

Beobachtungen von Aktionstag gegen Repression auf dem Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg

Vor einigen Wochen organisierten Solidaritätsgruppen mit den angeklagten türkischen Kommunist*innen auf dem Berliner Oranienplatz einen Aktionstag, der mit dem Konzert von Grup Yorum endete. Nur wenige hundert Meter öffnete in einer Galerie eine Ausstellung mit kritischer queerer Kunst. Ich besuchte die Exposition in einer Konzertpause und informierte auch noch andere Besucher*innen des Aktonstages darüber, die sehr erstaunt waren, wie politisch diese queere Kunst ist. Ich konnte hier wieder feststellen, wie getrennt die Welten hier sind zwischen einem Yorum-Konzert und einer queeren kritischen Ausstellung. Diese Distanz sollte überwunden werden im Interesse einer emanzipativen Linken. Der Weg in Berlin wäre nur kurz gewesen.

Peter Nowak

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Geschrieben von

Peter Nowak

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